Oboistin Ritsuko Kanoh verbreitet in Moorrege einen Hauch von Schleswig-Holstein Musik Festival

Moorrege. Wenn heute Abend ein feiner Hauch der großen Klassikwelt die Moorreger Kirche St. Michael streift, dann hat das viel mit einem Kiosk am Hamburger Dammtorbahnhof zu tun. Und mit der zufälligen Begegnung zweier Menschen, die vor einem halben Leben als Musikstudenten Freunde waren - am anderen Ende der Welt. Nach dem Studium in Tokio verschlug es den einen, den diplomierten Querflötisten und Pianisten Mitsuhiro Ikenoya, 42, als Kirchenmusiker ins beschauliche Moorrege.

Die andere, Oboistin Ritsuko Kanoh, 41, tourt mit dem japanischen Orchestra Ensemble Kanazawa um den Globus und war mehrfach beim Schleswig-Holstein Musik Festival zu Gast. Am Sonnabend, 10. August, begleitet sie mit den Orchesterkollegen den Cellostar Mischa Maisky beim Konzert "Notturno" in der seit Wochen ausverkauften Reithalle Elmshorn.

Einen Abend zuvor aber, am Freitag, 9. August, haben Klassikfans die Chance, die Festival-Oboistin in einer deutlich privateren Atmosphäre spielen zu hören als in der geräumigen Reithalle. Denn von 19 Uhr an präsentiert Kanoh, begleitet von ihrem Ex-Kommilitonen Ikenoya an Cembalo und Orgel, im Gotteshaus an der Kirchenstraße 52 eine ungewöhnliche Mischung aus viel Barock - Bach, Couperin, Krebs - und einem Schuss Tango. Ikenoya hat ein ursprünglich für Querflöte und Gitarre komponiertes Werk aus der Feder des Tango-Erneuerers Astor Piazolla für Oboe und Cembalo arrangiert. Karten kosten zehn Euro pro Person.

Seit sechs Jahren schmieden die beiden Pläne für diesen gemeinsamen Auftritt. Seit jener Zufallsbegegnung an einem Sommerabend mitten in Hamburg. Kanohs Orchester logierte im nahen Radisson-Hotel. "Ich wollte nur schnell am Bahnhofskiosk eine Telefonkarte kaufen, da rief auf einmal jemand meinen Namen", sagt die Oboistin. "Ich hatte dich sofort erkannt, konnte aber nicht glauben, dass du mir einfach so in Hamburg über den Weg läufst", ergänzt Ikenoya. Die beiden hielten Kontakt, trafen sich regelmäßig, wenn das Ensemble Kanazawa Station in Hamburg machte.

Moorreges übersichtliches Gotteshaus mit seinen maximal 250 Plätzen gefällt der zierlichen Frau Kanoh, die bei der Probe nach dem langen Flug aus Japan tapfer gegen den Jetlag kämpft, auf Anhieb. "Ich mag die familiäre Atmosphäre, das passt sehr gut zu unserem Programm." Denn auch wenn sie Beethovens Wucht liebt - dessen zweite Sinfonie steht in Elmshorn auf der Agenda -, so schlägt ihr Musikerinnenherz eher für die innigen Harmonien von Couperin, den Bach-Fan Ikenoya ihr zuliebe ins Programm nahm.

Moorreges Kantor kam 2001 mit einem Tokioter Flötendiplom in der Tasche nach Hamburg, vertiefte an der Musikhochschule seine akademische Ausbildung. Um Geld zu verdienen, machte er nebenbei das C-Diplom als Kirchenmusiker, heuerte als Vertretung für Jörg Dehmel in Moorrege an und wurde 2010 dessen fest angestellter Nachfolger. Er unterrichtet zudem Querflöte an Musik- und Volkshochschulen in Kiel und Tornesch.