Die Reservisten-Kameradschaft Flugdienst mit Sitz in der Appener Kaserne pflegt und fliegt vier Oldtimer der Lüfte. Der Verein hat mehr als hundert Mitglieder

Wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen, kann ein lautstarker Auftritt durchaus hilfreich sein: In diesem Sinne ist die Dornier DO 28 Skyservant der ideale Werbeträger. Denn beim Start und im Steigflug ist das sonore Dröhnen der beiden Lycoming-Motoren des fliegenden Oldtimers kaum zu überhören. Zwei Skyservants der längst ausgemusterten Reihe des Transport- und Verbindungsflugzeugs der Bundeswehr verrichten - jetzt gewissermaßen in Ehren ergraut - ihren Dienst in der Reservisten-Kameradschaft RK Flugdienst. Sie sind die letzten fliegenden Exemplare ihrer Art mit einer deutschen Luftfahrzeugzulassung.

Schon der Name Flugdienst weist darauf hin, dass es sich bei diesen Reservisten um eine höchst aktive Truppe handelt. Heimatbasis ist die Appener Marseille-Kaserne. Im Standort der Unteroffizierschule der Luftwaffe hat die RK Flugdienst einen Hangar des früheren Luftwaffenmuseums gemietet. Zu den Aktiven gehören auch Piloten wie Bernd Scholz und Hagen Hamm, die jetzt gerade dabei sind, die Skyservant nach etwas längerer Standzeit wieder auf Touren zu bringen.

Nach umfangreichen Überprüfungen der Technik und diverser Anzeigegeräte gemäß Checklisten testen die Männer im Cockpit noch am Boden bei laufenden Triebwerken weitere Funktionen von Motoren, Propellern, Rudern sowie Mess- und Navigationsinstrumenten. Erst danach geht es auf der Graspiste des unmittelbar angrenzenden Flugplatzes Uetersen-Heist an den Start zum Überprüfungsflug.

Passagiere dürfen erst nach dem Checkflug an Bord - schon aus Sicherheitsgründen. Doch auch vom Boden aus lässt sich verfolgen, wie die DO 28 nach wenigen Hundert Metern abhebt, fast so steil wie ein Drachen im Wind steigt und damit ihrem legendären Ruf als Fluggerät mit extremen Kurzstart- und Landeeigenschaften gerecht wird. Zehn Minuten später ist die Maschine nach ein paar Steilkurven, einem Durchstartmanöver und einer Landung im Zeitlupentempo vom Testflug wieder zurück. "Alles bestens", sagt Hagen Hamm grinsend, "die Piloten und das Flugzeug sind glücklich!"

Als geglückt kann auch der "Test" bezeichnet werden, eine fliegende Einheit von Bundeswehr-Reservisten ins Leben zu rufen. Hamm, Oberstabsfeldwebel der Reserve, kam nach seinem aktiven Dienst als Zeitsoldat beim Heer auf die grandiose Idee, unterstützt von einem knappen Dutzend flugbegeisterter Kameraden, die RK Flugdienst zu gründen. Dabei stand das bis jetzt in Deutschland einzigartige Konzept im Vordergrund, mit der Reservisten-Einheit historische Maschinen aus der Flotte der Bundeswehr als fliegendes Museum zu betreiben. Gleichzeitig sollte mit Präsentationen der Oldtimer bei militärischen und zivilen Veranstaltungen wie Flugplatzfesten für den fliegerischen Dienst in der Bundeswehr geworben werden.

Zunächst waren diverse Schwierigkeiten und Bedenken zu überwinden, bis die maßgeblichen Vorgesetzten und Beamten im Verteidigungsministerium überzeugt werden konnten. Ausdrücklich als Versuch ging im März 1993 die RK Flugdienst an den Start. Im nunmehr 21. Jahr des Bestehens gilt der Versuchsstatus offiziell immer noch. "Doch ich finde, wir haben seitdem eine Menge geleistet und können damit sehr zufrieden sein", sagt Hamm, seit Beginn Vorsitzender der RK Flugdienst.

Immerhin hat der Verein mittlerweile mehr als hundert Mitglieder, darunter auch Luftfahrtfans, die nicht in der Bundeswehr waren. Etwa 40 Mitglieder sind aktiv dabei. Sie leisten als Techniker, Triebwerksspezialisten, Handwerker verschiedener Fachrichtungen und erfahrene Piloten mit Hunderten ehrenamtlichen Arbeitsstunden ihren Einsatz, um den Flugdienst buchstäblich in der Luft zu halten.

Hagen Hamm war zunächst Hobby-Pilot, bevor er die erforderlichen Qualifikationen erwarb und die vorgeschriebenen Einweisungsflüge absolvierte, um die Luftfahrt-Veteranen steuern zu dürfen. Doch auch Verkehrspiloten wie Bernd Scholz, der außerhalb des Engagements für die Reservisten-Kameradschaft einen Airbus der Chartergesellschaft Hamburg Airways fliegt, gehören zum Team.

Aktuell besteht die Flotte der RK Flugdienst aus vier Maschinen sowie einem Zugfahrzeug und einem Tankwagen. Zunächst wurden im zeitlichen Abstand die zwei DO 28 Skyservant, beide Baujahr 1973, übernommen. Die Version Skyservant (Himmelsdiener) ist mit ihrem kantigen, geräumigen Rumpf gewissermaßen das Jumbo-Format der DO 28. Eine Maschine war bei den Marinefliegern in Kiel im Einsatz, die andere gehörte der Luftwaffe als Hörsaalflugzeug zur Navigationsschulung an.

Die beiden topgepflegten Typen sind trotz ihrer 40 Jahre bestens in Schuss und mit bequemer Passagierbestuhlung ausgestattet. Ein Flug mit den Skyservants ist wie auch mit den weiteren Maschinen Nostalgie pur. Während moderne Flugzeuge meist über sogenannte Glascockpits mit Bildschirmen verfügen, freuen sich die RK-Piloten in den Oldtimern über den "Uhrenladen" mit analogen Instrumenten. Diese altertümlichen Anzeigegeräte, kombiniert mit Stellhebeln zur Steuerung des Flugzeugs und der Technik machen jeden Flug zum Ausflug in längst vergangenen Zeiten. Verstärkt wird dieser Eindruck von den auf zusätzlichen Tragflächenstummeln montierten Propeller-Motoren, die auch an Bord den Insassen kräftig in den Ohren dröhnen.

Dritte Dornier im Dienst der Reservisten ist eine DO 27. Das einmotorige Propellerflugzeug ist schon 53 Jahre alt. Noch älter ist die Piaggio P 149, Baujahr 1959, die einst als Schulflugzeug zur Pilotenausbildung diente.

Um ihre Flotte flott zu halten, sind die Flugdienst-Angehörigen auf Mitgliedsbeiträge Spenden und Sponsoring angewiesen. Denn seitens der Bundeswehr, die früher noch den Sprit zur Verfügung stellte, gibt es wegen der knappen finanziellen Ausstattung nur noch moralische und ideelle Unterstützung. "Doch das ist auch ein unverzichtbarer Beitrag", sagt Hagen Hamm. Der RK-Chef ist voll des Lobes über die gute Nachbarschaft zu den Soldaten in der Marseille-Kaserne und dankbar für die optimale Kombination des Standorts mit dem benachbarten Flugplatz Uetersen-Heist. Auch beim Tag der offenen Tür in der Marseille-Kaserne am Freitag, 9. August, Beginn: 13 Uhr, stehen die Reservisten mit ihrer Flotte für Rundflüge zu familienfreundlichen Preisen bereit.

Dass die Kooperation mit der Unteroffizierschule klappt, verdeutlicht ein besonderes Ritual: Die Lehrgangsbesten werden regelmäßig zu einem Rundflug mit den alt gedienten Maschinen eingeladen. Das schafft auch persönliche Bindungen. Ein ehemaliger Absolvent der Unteroffizierschule kommt noch jetzt regelmäßig aus dem bayerischen Erding zurück zum alten Standort, weil er soviel Freude an den fliegenden Oldtimern hat. Hamm und seine Mitstreiter haben nichts dagegen, die Flotte zu erweitern. "Ziel ist es, möglichst viele Typen, die bei der Bundeswehr im Einsatz waren, in unser fliegendes Museum aufzunehmen."