Corina S. aus Seestermühe bricht am dritten Prozesstag ihr Schweigen. Baby hätte in Klinik überlebt

Seestermühe/Itzehoe. Das tote Baby von Seestermühe - es sollte Luca heißen. Das hat Corina S. vor dem Landgericht Itzehoe ausgesagt. Die 22 Jahre alte Frau aus Seestermühe muss sich dort wegen versuchten Totschlags verantworten. Am Ende des dritten Prozesstages am Donnerstag verlas Verteidiger Henning Plate eine Erklärung im Namen seiner Mandantin.

Sie ist im wesentlichen an den Prozessverlauf angepasst. Corina S. räumt ein, was das Gericht aufgrund ihrer polizeilichen Aussage, den Zeugenvernehmungen und den Gutachten ohnehin beweisen konnte. Nämlich, dass sie den kleinen Jungen Ende März, Anfang April 2012 heimlich zur Welt brachte - und dass sie später das verstorbene Neugeborene im Schafstall gegenüber ablegte.

Laut ihren Angaben will Corina S. von der Geburt völlig überrascht gewesen sein. Sie habe in der Nacht starke Bauchschmerzen verspürt, die trotz Medikamenten nicht nachließen. "Ich dachte, was Falsches gegessen zu haben." Sie habe dann ständig auf Toilette gemusst. Als sie nach eigenen Angaben "leicht drückte, kam sofort das Baby". Es sei in die Toilettenschüssel gefallen. Sie habe es sofort herausgeholt, auf das Sofa gelegt und mit einem scharfen Gegenstand die Nabelschnur durchtrennt. "Ich konnte sehen, dass es ein kleiner Junge war." Sie sei wie in einem Vakuum gewesen und habe nicht mehr gewusst, was sie tun sollte.

Nachdem sie das Baby mit einem Handtuch halb abdeckte, habe es zunächst noch geschrien und gezappelt. "Kurz danach hörte es auf." Sie habe das Kind auf den Arm genommen und sei sicher gewesen, dass es tot war. "Ich war absolut in Panik." Da habe sie das Kind in den Stall gebracht, obwohl sie wusste, dass es dort irgendwann gefunden wird. "Ich hätte das Kind gerne behalten und leide bis heute unter seinem Tod."

Zur Todesursache sagte Prof. Klaus Püschel, Leiter der Hamburger Rechtsmedizin, aus. Demnach sei es bei der Geburt zu Komplikationen gekommen, so dass ein Sauerstoffmangel eintrat. "Wäre die Geburt in einem Krankenhaus erfolgt, hätte der Säugling eine normale Überlebenschance gehabt." Es sei möglich, dass Corina S. die Atemwegsprobleme nicht wahrgenommen habe. "Gleich bei seiner Geburt hatte dieses Kind eine Hypothek. Es wäre besonders wichtig gewesen, es sofort ärztlich zu versorgen", so Püschel weiter.

Benjamin T., 30, der Ex-Freund von Corina S. und Vater ihres ersten Kindes, bezeichnete die 22-Jährige als liebevolle Mutter. Allerdings sei bereits die Geburt dieses Kindes völlig überraschend gekommen, so der Zeuge. "Corina hat immer abgestritten, dass sie schwanger war." Nach der Geburt habe sie das Kind jedoch angenommen und auch nach der Trennung bei sich behalten. Heute lebt der Dreijährige beim Vater.

Auch der psychiatrische Sachverständige Professor Dr. Arno Deister trug am Donnerstag sein Gutachten vor. Weil die Angeklagte jedoch die Zusammenarbeit mit ihm verweigerte, konnte er hinsichtlich ihrer Schuldfähigkeit keine Aussage treffen. Die Plädoyers und die Urteilsverkündung wurden auf den 9. September verschoben.