Durch die Sperrung der Pinneberger Straße rollt eine Autokarawane durchs Dorf. Anwohner planen eine Unterschriftenaktion.

Holm . Die Rosen blühen. Der Garten des Ehepaars Ernst ist in ein sattes Grün getunkt. Das Haus in zweiter Reihe liegt nur einen Katzensprung vom Naturschutzgebiet Holmer Sandberge entfernt. Es wäre ein kleines Idyll, wenn da nicht dieser Lärm wäre. Seit einigen Wochen erschüttert eine Autokarawane das Gartenparadies des Paares. Seit die dringend notwendige Fahrbahnsanierung der Pinneberger Straße, der Landesstraße 105, und damit die Sperrung begann, reißt der Verkehrsstrom durchs Dorf nicht mehr ab. Zur Rushhour staut sich der Verkehr an der Kreuzung Lehmweg/Hauptstraße bis zum Kreisverkehr und legt dort den Kreisel lahm. Auch in Wedel spürt man die Auswirkungen der gesperrten Pinneberger Straße. Hier staut es sich jetzt von der Kreuzung am Marktplatz die Rolandstraße hinauf. Die Anwohner in der Altstadt, die bereits seit Jahrzehnten gegen den Verkehr und für eine Umfahrungsstrecke kämpfen, brauchen besonders starke Nerven.

"Es ist deutlich mehr geworden, was hier durchfährt, dabei ist noch Ferienzeit", sagt Günter Ernst. Sein Zuhause liegt am Lehmweg, der als Umleitungsstrecke für die Bauzeit von etwa eineinhalb Jahren fungiert. Doch das ist noch nicht das Schlimmste für das Lehrerehepaar. An ihrem Garten führt auch noch die Straße Im Sande vorbei. Durch die verkehrsberuhigte 30er-Zone rauschen die Autos und scheppern Lkw wie noch nie zuvor. Der Grund: Viele umgeleitete Autofahrer nutzten die Straße auch dank Navigationsgerät als Abkürzung von Pinneberg aus kommend nach Wedel und umgekehrt. Seit Ende Juni wird die Landesstraße zwischen Pinneberg und Wedel runderneuert. 4,4 Millionen Euro verschlingt die Sanierung. Mit dem Geld soll die 4,46 Kilometer lange Strecke bis Herbst 2014 auf durchschnittliche 6,50 Meter Breite gebracht, die Asphaltdecke komplett erneuert sowie der Fuß- und Radweg voll ausgebaut werden. Während des Aus- und Umbaus ist die Landesstraße für den Durchgangsverkehr komplett gesperrt. Die Umleitung der bis zu 8000 Fahrzeuge pro Tag führt während der gesamten Bauzeit über die kleine Gemeinde Holm.

Das Ehepaar Ernst zog 1989 nach Holm. Dass der Lehmweg eine verkehrsreiche Straße ist, wussten sie. "Der Lärm störte uns nicht. Friedhofsruhe hat man später noch genug", sagt Susanne Ernst. Doch der jetzige Zustand sei eine Zumutung. Sie verstehe nicht, warum die Anwohner in Holm die ganze Last des Baustellenverkehrs tragen müssen - und das völlig unvorbereitet. "Zu Silvester informiert die Gemeinde, was man wo an Raketen abbrennen darf. Auch bei einer Strauch- und Laubaktion bekommen alle ein Rundschreiben", berichtet Ernst. Aber von solch einer belastenden Baumaßnahme erfahre man nur aus der Presse und durch die Straßenschilder.

Zudem hätte die Gemeinde aus Sicht des betroffenen Anwohnerpaares mehr Vorkehrungen treffen müssen. Unter anderem hätte man die Einmündung in die Straße Im Sande sowie die Ortseinfahrt nach Holm durch bauliche Maßnahmen im Vorwege sicherer und verkehrsberuhigter gestalten können. "So ist über Nacht der Lehmweg zu einer Hauptverkehrsader geworden", kritisiert Günter Ernst.

Damit steht er nicht allein da. Auch sein Nachbar Ewald Prahl ist sauer. 1998 zog er in das Einfamilienhaus am Lehmweg. Seitdem nehme der Verkehr in Holm stetig zu, jetzt durch die Baustellenumleitung habe er sich mindestens verdoppelt. "Sie können hier nicht bei offenen Fenster schlafen", sagt der Wedeler Unternehmer. "Hier muss sich was tun." Er will sich mit einer Unterschriftenaktion gegen den Verkehrsstrom wehren. In den kommenden Wochen will er in seiner Nachbarschaft von Tür zu Tür gehen. Am Ende bekommt Bürgermeister Walter Rißler die Liste mit den Namen derer, die sich gegen die Umleitung des Straßenverkehrs durch Holm wehren wollen. Das Ehepaar Ernst will unterschreiben.

Es sieht nicht ein, dass der Verkehrsstrom allein zu Lasten der Holmer geht. Ihr Wunsch: Die Pinneberger Straße könnte doch halbseitig gesperrt werden. Dadurch würde zumindest ein Teil der Autos aus Holm wieder verschwinden. "Auf Autobahnen oder bei der Mühlenstraße in Pinneberg ging das doch auch", gibt Susanne Erst zu bedenken.

Uwe Schacht vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in Itzehoe kann die Sorgen der Anwohner nachvollziehen. Allerdings kann der Niederlassungsleiter den Anwohnern keine Hoffnung auf Besserung machen. Eine halbseitige Sperrung käme im Fall der Pinneberger Straße nicht infrage. "Wir haben uns das alles überlegt. Wenn es gehen würde, hätten wir es so gemacht", sagt Schacht. Das Problem sei die Breite der sanierungsbedürftigen Landesstraße. Sie beträgt nur zwischen 5,80 und 6 Metern. Da bleibe nicht genug Spielraum für Arbeitsgeräte und Sicherheitsabstand. Schacht: "Es geht einfach nicht."

Die Gemeinde Holm hat zumindest in Sachen Verkehrszählung jetzt nachgerüstet. Das defekte Gerät wurde gegen ein neues ausgetaucht, das bereits am Lehmweg angebracht wurde und auch vorbeikommenden Autofahrern ihre Geschwindigkeit anzeigt. Die Zählergebnisse sollen als Grundlage für mögliche Forderungen wie eine Bedarfsampel auf Höhe der Straße Im Sande dienen.