Eine Glosse von Rainer Burmeister

Es tschilpt und trällert, piept und tiriliert. Was die heimische Vogelwelt in diesen Wochen mitten im Rellinger Zentrum an akustischen Überraschungen zum Besten gibt, lässt manche Kandidaten für Casting-Shows ganz schön alt aussehen. Neben der Lautstärke ist vor allem die Ausdauer unserer gefiederten Freunde bemerkenswert. Mein Amselmann von nebenan (ja, Mann, denn in der Vogelwelt halten die Frauen, mit Verlaub, den Schnabel) ist manchmal schon gegen 3.15 Uhr aus den Federn, um mir aufs Dach zu steigen und sich einen zu zwitschern.

Was mir den Schlaf raubt, hält oft bis in den späten Vormittag an. Nach kurzer Pause zwecks Futtersuche, legt der Flattermann dann erneut los. Am liebsten sendet Herr Amsel, ohne den Ton zu drosseln, bis in die Dämmerung hinein vom First oder aus der Regenrinne seine aktuelle Hitparade.

Neulich hockte der Marathonsänger - es ist immer derselbe, zu erkennen an einer eleganten weißen Feder im schwarzen Gefieder - auf der Dachkante direkt über mir und meiner Terrasse. Erst fiel ihm beim Trällern eine Made aus dem Schnabel, dann landete treffsicher ein Klecks auf meiner Schulter. Ich fühlte mich, im Gegensatz zur Made, echt beschissen und verfluchte die gesamte Vogelwelt.

Meine Laune wurde erst beim Abendessen besser. Es gab Brathähnchen, frisch aus dem Grill. Manchmal kann Rache auch schmackhaft sein...