Die Tornescher Keramikerin Renate Langhein hat die Uetersener Keramiktage ins Leben gerufen und maßgeblich geprägt. Nun steigt die zehnte Auflage. Ihr Credo heißt Qualität.

Uetersen. Keramik, wohin das Auge blickt. Dutzende von kunstvoll gestalteten Objekten, zauberhaftes Kindergeschirr, fantasievolle Gartenskulpturen, federleichte Teetassen und individueller Schmuck verwandeln das Gelände des Uetersener Museums Langes Tannen am kommenden Wochenende, 27. und 28. Juli, in ein Mekka für Liebhaber der Töpferei in all ihren gedrehten, gegossenen, gestauchten, gebauten und glasierten Facetten. Zum zehnten Mal präsentieren annähernd 20 Profis aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen das Beste aus Werkstatt und Brennofen bei den Uetersener Keramiktagen im klassizistischen Ambiente des Anwesens an der Heidgrabener Straße.

Treibende Kraft der Reihe, die es so kreisweit kein zweites Mal gibt und die Publikum aus der gesamten Metropolregion Hamburg anlockt, ist außer Organisatorin und Eventmanagerin Gabriele Schramm die Tornescher Keramikerin Renate Langhein, 61. Sie war es, die diese Kombination aus Ausstellung und Markt 2004 initiierte. "Ich finde, es sieht so schön aus hier rund ums Herrenhaus auf dem Museumsgelände - das wäre die perfekte Kulisse für hochwertige Keramik", sagt sie. Vor allem dieses idyllische Areal ist es auch, das die Uetersener Keramiktage von ähnlichen Veranstaltungen zwischen Flensburg und Passau abhebt.

Gemeinsam mit Gabriele Schramm legte Renate Langhein los. Erfahrungen hatte sie reichlich. "Ich habe in meinem Berufsleben unter anderem in Oldenburg, Bremen, Kellinghusen, Frechen bei Köln und in der Hamburger Innenstadt auf Keramiktagen ausgestellt." Nach mehr als vier Jahrzehnten an der Töpferscheibe kannte die leidenschaftliche Ton-Expertin, die 2003 zur Vorsitzenden des Förderkreises Keramik Hamburg gewählt wurde, die Szene. Sie aktivierte über ihr Netzwerk aus dem Stand fast 30 Kollegen als Aussteller für die Premiere an der Heidgrabener Straße.

Ausstellen darf dort beileibe nicht jeder, im Gegenteil. Zwei Kriterien seien ihr von Anfang an bei der Auswahl wichtig gewesen, sagt Langhein: "Qualität und Vielseitigkeit." Deshalb stellen in Uetersen ausnahmslos Berufskeramiker wie sie selbst aus. Bis heute siebt eine Fachjury die Bewerbungen.

Die Stadt Uetersen übernahm die Trägerschaft als Veranstalter, auch das Museumsteam ließ sich von der Begeisterung anstecken. Trotzdem floppte der erste Versuch am Mühlencafé. "Wir Keramiker waren damals mehr Beiwerk für eine Folklore-Veranstaltung und gingen ein bisschen unter." Schramm und Langhein ließen sich davon nicht abschrecken.

Denn wenn Renate Langhein an etwas glaubt, dann entwickelt sie einen sehr langen Atem. Vielleicht das Nebenprodukt der leidenschaftlichen Begeisterung für einen Beruf, der weder einfach noch einträglich ist.

Vom unfreiwilligen Bad als 17-jähriger Lehrling in einer Badewanne voll Schlicker - so heißen die mit Wasser zu einer dickflüssigen Pampe verrührten Tonreste - über die mühsamen Glasurexperimente auf dem Wohnzimmertisch als junge Mutter zweier neugieriger Kleinkinder bis zum täglichen Kampf gegen Billiggartenzwerge aus Industrieproduktion.

"Mit den Produkten bei den Keramiktagen wollen wir den Menschen auch die Augen öffnen für die Schönheit handgefertigter Unikate, dass sie den Unterschied zwischen Qualität und Massenware erkennen können." Und begreifen, warum ein getöpferter Becher nach 17 Arbeitsschritten eben deutlich mehr als Industrieware aus dem Kaufhaus kostet.

Zur mäßigen Begeisterung ihrer Eltern hatte die Töpferei es Langhein schon als Kind angetan. Jeden Tag sah sie die Keramiker ihres Heimatdorfs zu Mittag durch die Straßen ziehen. "Die waren immer so schön eingekleckst, nicht so steif angezogen wie die Büroleute."

Langhein lernte ihr Handwerk von der Pike auf im Töpferdorf Kandern/Schwarzwald - und zwar bei einer Koryphäe des Fachs. Ihr Lehrer war Meisterschüler von Richard Bampi (1896-1965) gewesen, der als Vater der modernen deutschen Keramik gilt. Sie verliebte sich in ihren Mit-Lehrling Jochim Langhein und heiratete ihn. Gemeinsam erkundeten die beiden Gesellen Werkstätten in England, Frankreich, Italien. Bevor sie sich 1981 selbstständig machte, war Renate Langhein bei der renommierten Tornescher Kollegin Barbara Stehr angestellt.

Um ein Haar hätten die jungen Langheins damals in der angesagtesten Werkstatt Europas angeheuert, im britischen Cornwall bei David Leach. Jener ist der Sohn des Langheinschen Hausgotts Bernhard Leach (1887-1979). Und der brachte die Keramiktraditionen Ostasiens, beispielsweise die Raku-Technik, nach Europa und gilt als Erneuerer der Branche in Europa. "Wären wir eine Woche früher dort gewesen, hätte es geklappt", sagt Renate Langhein. In ihren Arbeiten orientiert sie sich bis heute an den klaren, klassischen Strukturen, die Leach predigte.

Die Keramiktage öffnen ihre Pforten am Sonnabend, 27. Juli, von 14 bis 18 Uhr und am Sonntag, 28. Juli, von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Wer mag, kann sich unter Anleitung von Jochim Langhein auch selbst an die Töpferscheibe setzen.