Broschüre für Reiche, bitte!

19. Juli: "Hartz-IV-Empfänger sollen Möbel verkaufen", 20. Juli: "Pinneberger Comic löst Proteststurm aus" und 21. Juni: "Linke im Kreis Pinneberg fordern: Info-Heft muss weg"

Der Job-Center-Broschüre für "Arme" sollte doch auch eine für "Reiche" folgen: Zahlen Sie doch bitte zunächst einmal Ihre Steuern nach Maßgabe all Ihrer Einkünfte, einschließlich versteckter Guthaben. Erklären Sie doch bitte Ihre Neuwagen-Anschaffung im Werte über 50.000 Euro, die Sie bar bezahlten und im Hinblick auf Ihre "armgerechnete" Steuererklärung eigentlich nicht hätten tätigen können. Geben Sie uns die Vollmacht, dies in Abstimmung zwischen Autozulassungsstelle und Ihrem zuständigen Finanzamt abzuklären. Spenden Sie doch mal für "Arme", ohne diese gute Tat von der Steuer abzusetzen. . . Die so generierten Mittel könnten dann als Ausgleich für die Zumutungen der Broschüre zielgerecht den Ärmsten der Armen zugutekommen. . .

Heinz-H. Hendrich

Sparen ist selbstverständlich

Seit sieben Jahren bin ich aus Eigeninitiative dank lebenslanger Vorsorge im selbstfinanzierten Vorruhestand und finanziell relativ unabhängig. Ich habe mir selbst ein kleines Geschäft aufgebaut, um aktiv zu bleiben. Die von der Arbeitsagentur publizierten Spar-Weisheiten des Lebens sind für mich schon immer eine Selbstverständlichkeit gewesen und werden es auch immer bleiben, nicht lediglich aus Sparsamkeitsgründen, sondern in erster Linie aus Achtung vor den Ressourcen und der Gesundheitserhaltung. Ich finde es absolut erschreckend, dass heutzutage auf diese Selbstverständlichkeiten überhaupt hingewiesen werden muss!

Horst Kock

Kritiker tun mir leid

Wo liegt denn das Problem, Ratschläge zum Geldsparen an Familien auszugeben, die knapp bei Kasse sind? Was läuft in unserer Gesellschaft falsch, dass es als menschenunwürdig angesehen wird, seine Kleidung im Schlussverkauf zu besorgen oder mal eine Woche lang kein Fleisch zu essen? Wer sollte es als diskriminierend empfinden, sauberes deutsches Leitungswasser zu trinken oder nicht gebrauchten Besitz im Internet zu versteigern? Diese heuchlerische Empörung über eine Ideensammlung, die nicht so begünstigten Menschen helfen soll, sich über Wasser zu halten, lässt mir die Haare zu Berge stehen - in was für einer Welt leben wir hier eigentlich? Es scheint, Sparsamkeit sei von einer Tugend zu etwas Peinlichem, Schäbigen geworden. Es ist sehr wohl nötig, den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, wie sie mit weniger Geld durchkommen, da uns - wie man an diesem Beispiel sieht - ständig eingeredet wird, man müsse reichlich Geld ausgeben, um seine Selbstachtung zu erhalten. Sparen sei demnach etwas für Verlierer, für Ausgestoßene der Gesellschaft. Diese zutiefst materialistische Sichtweise ist der eigentliche Grund, warum Armut als peinlich gilt. Für mich ist der Wirbel um diese Broschüre ein schockierendes Beispiel für eine oberflächliche, verwöhnte und konsumgierige Gemeinschaft. Und dann wird diese Meinung auch noch von Leuten vertreten, die sich auf die Fahnen schreiben, Armen zur Seite zu stehen. Eigentlich sollten diese Kritiker einem leidtun, mehr noch als jene, die mit dem Wenigen, das sie haben, haushalten.

Milena Goldmann

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