Das private “Museum Luftschutzwarnamt I“ in Quickborn zeigt, was einst in geheimen Bunkern geschah

Quickborn. Lichter blinken, ein Alarm schrillt. Dann ertönt eine Stimme aus dem Lautsprecher: "Achtung, hier eine Durchsage zum Mitschreiben. Hammer an Zange, Gummibaum ab sofort. Flieder an Linde." Kryptische Botschaften in "Geheimsprache". Es ist Alexander Lipski, der aus dem Hintergrund spricht. Spätestens, als die blecherne Stimme vor Luftverbänden warnt, die aus dem Raum Schwerin nach Schleswig-Holstein einfliegen, treibt es dem, der die Zeiten des Kalten Krieges miterlebt hat, Schauer über den Rücken.

Der gebürtige Quickborner Lipski, Jahrgang 1968, betreibt in seiner Heimatstadt ein kleines, aber im Norden einzigartiges Museum. Das "Museum Luftschutzwarnamt I" erinnert eindrucksvoll an jene Zeiten, als sich West und Ost drohend gegenüber standen; als man sich auch hierzulande in unterirdischen Bunkern auf den "V-Fall" vorbereitete.

"Wenn die Luftschutzsirene ertönt, werden ältere Menschen sofort an den Krieg erinnert. Jüngere Menschen, die das Museum besuchen, finden es spannend, aber nicht bedrohlich", sagt der Apotheker. Seine private Schau in seinem Elternhaus am Stadtrand, Im Sand, ist ein lebendiges Museum. Die Geräte, die an James-Bond-Filme aus den 60er-Jahren erinnern, funktionieren allesamt noch. Die antiquiert wirkende Fernmeldetechnik wurde im Kalten Krieg bewusst weiter verwendet. Der Museumschef sagt, die alte Relaistechnik , die teils aus den 50er-Jahren stammte, sei der Computertechnik vorgezogen worden.

"Nach 40 Jahren Kalter Krieg sollte das alles auf den Schrott. Wir haben gerettet, was wir retten konnten", sagt Lipski. Er selbst war von 1987 bis zur Schließung 1998 während seines Ersatzdienstes zweimal im Monat im Luftschutzwarnamt I, untergebracht in einem Bunker in Hohenwestedt, im Einsatz gewesen. Zehn dieser Einrichtungen gab es im Westen Deutschlands. Das Amt I war zuständig für den Raum Schleswig-Holstein/Hamburg.

Die Warnämter waren so etwas wie die Nervenzentren der Zivilverteidigung, von denen im Ernstfall aus zahlreiche Maßnahmen ausgelöst worden wären. "Wir hatten zum Beispiel eine direkte Leitung zum NDR, hätten direkt das Programm für Durchsagen unterbrechen können", berichtet Lipski und zeigt die fragliche Konsole. Bestimmte Durchsagen lagen als Konserve bereit, "weil man Angst hatte, dass uns die Stimme versagt", so der 44-Jährige.

Aufgabe der Warnämter war es vor allem, die Zivilbevölkerung im Falle eines Angriffs mit Sirenen und Rundfunkdurchsagen zu warnen. Es ging aber auch um die "Erfassung von Gefahren und die Auswertung von Gefahreninformationen". Alexanders Lipskis Spezialgebiet war es, Wettermeldungen auszuwerten - um den möglichen nuklearen Fallout zu berechnen, der bei einem Angriff mit Atomwaffen niedergeht. Tödliche Rechenaufgaben mit vielen Unbekannten. "Wir hatten Tabellen. Aber vieles davon beruhte auf theoretischen Annahmen", so Lipski. "Was ein Großangriff mit ABC-Waffen wirklich bewirkt hätte, konnte niemand ganz genau sagen." Der Warnamt-Bunker tief unter der Erde war hermetisch abzuriegeln. Für die Warndienstler gab es Wasser und Notrationen für drei Wochen . . .

In den Warnämtern liefen auch Informationen des Militärs zu feindlichen Flugbewegungen auf. Für den Fall eines Angriffs mit Raketen galt für Schleswig-Holstein eine Reaktionszeit von wenigen Minuten, so der Quickborner Fachmann. Die Szenarien des Schreckens, die bei Übungen immer wieder durchgespielt wurden, waren vielfältig. "Bei einem begrenzten Einsatz von ABC-Waffen hätte es hier Überlebende geben können. Wir hatten aber ein Szenario, dass 65 Ziele im Warngebiet getroffen werden einschließlich Helgoland. Dann hätte es kein Überleben gegeben", so der ehemalige Warndienstler. "Beide Seiten wussten: Wenn sie auf den roten Knopf drücken, ist alles vorbei."

Lipski sicherte, als das Warnamt nach Wiedervereinigung und im Zuge der Abrüstung geschlossen und verkauft wurde, unter anderem auch alle Übungsunterlagen. Und vielerlei kuriose Kleinigkeiten. Zum Beispiel Ersatzgeld-Scheine. Es gab seinerzeit die Annahme, die Sowjetunion könne über deutschem Gebiet massenweise Falschgeld abwerfen, um die Wirtschaft zusammenbrechen zu lassen. Dann sollte das Ersatzgeld ausgegeben werden.

Wäre es zur kriegerischen Auseinandersetzung gekommen, wären Telefonverbindungen für die zivile Nutzung ebenso gesperrt worden wie Hauptverkehrsstraßen. "Die Bevölkerung wusste von der generellen Bedrohung, viele Details kannten die Menschen nicht", so Lipski. Obwohl noch gar nicht so viele Jahre vergangen seien, "wird diese Zeit von vielen verdrängt". Das "Museum Luftschutzwarnamt I" kann von kleineren Gruppen besucht werden, auch von Lehrern mit Schülern. Eine Anmeldung unter Telefon 04106/820 57 ist unbedingt erforderlich.

Ob die Welt heute sicherer sei? Alexander Lipski antwortet auf diese Frage: "Es gab laut den Unterlagen einen einzigen Moment, als wir während der Kuba-Krise am Rande einer Katastrophe standen. Die Zeiten des Kalten Krieges sind lange vorbei. Die heutigen Zeiten sind unübersichtlicher - wir wussten wenigstens genau, wo der Feind herkam."