Neue Straßennamensschilder in der Wedeler Bahnhofstraße helfen bei der Orientierung. Wedeler Tüftler, von dem zahlreiche Hilfestellungen für Menschen mit Behinderung stammen, kam vor knapp einem Jahr die Idee.

Wedel. Wo geht's lang? Ein schneller Blick auf das nächste Straßenschild und man weiß wieder, wo man ist. Was für die meisten selbstverständlich ist, stellt Menschen mit einer Sehbehinderung vor große Probleme. Wer schlecht sieht, ist auf die Hilfe anderer angewiesen. Außer er befindet sich in der Wedeler Bahnhofstraße. Dort weisen seit kurzem zehn Straßennamensschilder Sehbehinderten den Weg. Es ist ein Pilotprojekt. Bewähren sich die kleinen Schriftzüge auf blauem Grund, die auf 1,30 Meter Höhe am Mast angebracht sind, sollen weitere folgen - in Wedel und anderswo.

Entwickelt hat die Schilder für Sehbehinderte Volker König. Der Wedeler Tüftler, von dem zahlreiche Hilfestellungen für Menschen mit Behinderung stammen wie die Blindenleitstreifen auf deutschen Bahnhöfen, kam vor knapp einem Jahr die Idee. Ein sehbehinderter Freund von ihm erzählte, dass er immer die Schildermasten hochklettere, damit er die für ihn verschwommen Buchstaben in bis zu 2,50 Meter Höhe überhaupt erkennen kann. "Es kann nicht sein, dass man wie ein Affe den Mast hochklettern muss, um sich in einer fremden Stadt zu orientieren", sagt König.

Der gelernte Ingenieur, der im Alter von 24 Jahren auf Grund einer Diabeteserkrankung erblindete, ließ Taten folgen. Er setzte sich an seinen Arbeitstisch, fertigte eine Skizze an. Dann suchte er sich jemanden, der eine genaue Zeichnung anfertigte, nach der ließ er den Prototypen bauen. Anschließend fand er Sponsoren und Förderer. Die Claere-Jung-Stiftung übernahm die Fertigungskosten in Höhe von 2000 Euro für die ersten zehn Schilder, Wedels Politiker und Bürgermeister ließen sich ebenfalls von dem Projekt begeistern. "Barrierefreiheit im öffentlichen Raum gewinnt vor dem demografischen Hintergrund immer mehr an Bedeutung. Als Stadt kann es nur in unserem Interesse liegen, den Tourismus zu stärken, es Fremden leichter zu machen, sich hier zu orientieren", erklärt Wedels Bürgermeister Niels Schmidt. Der Bauhof brachte die Schilder vor kurzem in der Bahnhofstraße an, die die bundesweite Teststrecke sein wird.

Denn König erhofft sich Rückmeldungen der Betroffenen, ob sich sein Konstrukt auch in der Praxis bewährt. Reicht der Kontrast aus, sind die Buchstaben zu klein? Erste Anmerkungen haben ihn bereits erreicht. Eine Betroffene erklärte, dass es gut wäre, wenn die Schilder auf der rechten Seite des Fußweges stünden, da sie sich an der Hauswand orientiere und extra den viel frequentierten Radweg überqueren muss, um zu den Sehhilfen zu gelangen. Für sie eine große Schwierigkeit. "Das sind alles Erfahrungen, die wir berücksichtigen werden", verspricht König. Wenn die Straßenschilder sich bewähren, kommen weitere hinzu. König sammelt bereits Geld für zwölf Schilder, die dann den Sehbehinderten den Weg von der Spitzerdorfstraße bis zur Elbe weiter zum Planetenlehrpfad an der Deichstraße zeigen sollen.

Zehn mal zehn Zentimeter groß sind die hellblauen Blöcke, die Wedels Masten jetzt zieren. Auf ihnen steht der jeweilige Straßenname der Kreuzung auf einer Breite von etwa drei Zentimetern in weißer Schrift. "Menschen mit einer geringeren Sehschärfe oder einer Geschichtsfeldeinschränkung müssen dicht, gewissermaßen mit der Nasenspitze, an ein Schild herantreten. Dadurch reicht auch eine kleine Schriftgröße", erläutert König, der bis vor kurzem auch Vorsitzender der Behindertenarbeitsgemeinschaft in Wedel war. In der Mitte des Schildes befindet sich das Loch für den Mast. Denn der blaue Block wird etwa auf Brusthöhe um die Stangen der Straßenwegweiser geschlungen. Laut König profitieren so auch Rollstuhlfahrer.

Allerdings haben es Blinde schwer. Die Namenszüge sind nicht zusätzlich in Brailleschrift aufgeführt. Das Problem ist laut König zum einen, dass nur etwa zehn Prozent der erblindeten Menschen diese Schrift überhaupt beherrschen. Zum anderen bräuchten die Schilder dafür ein zusätzliches akustisches Signal. Der Geräuschpegel wäre nicht zumutbar gewesen. "Wir müssen uns überlegen, was sinnvoll und machbar ist", so König.

Wer dabei helfen möchte, die Straßenschilder für Sehbehinderte weiter zu entwickeln, kann Rückmeldungen an 04103/843 11 richten. Die Ergebnisse der Wedeler Teststrecke werden an zuständige Gremien weitergeleitet, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, verspricht König.