Wie kleinere Buchläden mit ganz eigenem Profil aus dem Kreis Pinneberg der großen Krise der Branche trotzen.

Bönningstedt/Pinneberg. Es genügt einen Schritt in die kleine Buchhandlung zu setzten, um in die Welt der Geschichten einzutauchen. Der Duft der Bände, die in den roten Regalen stehen, dringt sofort in die Nase und lässt das Herz eines jeden Lesefreundes höher schlagen. Michael Struppek, der große Mann mit lockigem Haar und Bart, ist Buchhändler aus Leib und Seele. Das zeigt er, das lebt er. Seine Kunden schätzen diese Leidenschaft und die heimelige Atmosphäre in dem nur 50 Quadratmeter großen Laden.

Traurig sind viele Bönningstedter Bücherwürmer über die Tatsache, dass ihr Buchhändler sie demnächst verlässt: Den 43 Jahre alten Shakespeare-Fan zieht es mit seiner Frau Nicole nach England, nach Brighton. Aus einem Tagtraum wurde Realität. "Es ist eine private Entscheidung", sagt der Buchhändler. "Ich finde es schmeichelhaft, dass es so viele schade finden, dass wir gehen." An diesem Mittwoch wird die letzte Lesung in der Buchhandlung veranstaltet, zumindest mit Michael Struppek. Mit einem möglichen Nachfolger stehen noch Verhandlungen aus.

Drei Jahre lang wurden die Kunden von ihm beraten und betreut. Individualität, das ist es was die kleine Buchhandlung von anderen Kettenläden unterscheidet. "Die Stammkunden geben sich gegenseitig Buchtipps", sagt der Buchhändler. "Kunden, die sich zehn Jahre lang nicht getroffen haben, sehen sich hier wieder." Diese persönlichen Begegnungen gäbe es woanders nicht. Das sei auch das Geheimrezept, weshalb sich der kleine Laden gegen die großen Geschäfte behaupten könne.

"Wir bieten unseren Kunden möglichst viele unterschiedliche Angebote", sagt Antje Schirmer, eine der beiden Geschäftsführerinnen der Buchhandlung Bücherwurm in Pinneberg. "Es ist wichtig, auf den Kunden zuzugehen - das reicht hin bis zu einer Art sozialer Funktion, die wir hier haben", so die Buchhändlerin. Der Bücherwurm ist Theaterkasse, es gibt regelmäßig Lesungen, immer wieder Aktionen für Kinder. Das alteingesessene Geschäft hat sich zwecks Online-Handel möglichst optimal aufgestellt. Im Vorjahr startete der Bücherwurm eine Kampagne, die die Kunden motivieren sollte, ihren Internet-Buchkauf beim örtlichen Handel zu tätigen. "Das war wichtig und richtig", sagt Antje Schirmer.

Kleinere Buchhandlungen seien vielfach nicht Verkaufs-, sondern Kulturorte, sagt Verleger Stefan Weidle. Er forderte sogar staatliche Hilfe für kleine Buchläden. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hatte im vorigen Jahr vom Umsatz-Minus von 3,7 Prozent gesprochen. Der Internetversand Amazon legt derweil weiter zu. Wie kann der Kampf David gegen Goliath funktionieren?

"Man muss immer etwas machen, was über das Verkaufen hinaus geht", sagt Michael Struppek. Man dürfe nicht alles in Euro und Cent ablesen. "Bei jeder Veranstaltung habe ich immer was draufgelegt. Das mache ich aber gerne." Die Liebe zu den Büchern steht an erster Stelle. Während der vergangenen drei Jahre hat Struppek seinen Lesefreunden einiges geboten. Einen Tag in der Woche opferte der Buchhändler seine Mittagspause, um Kindern vorzulesen. Sogar ein eigenes Hörbuch hat der gebürtige Pinneberger auf die Beine gestellt. Rund 200 Stück wurden von "Der Keller" verkauft. Ein Highlight war "eine gemeinsame Shakespeare-Lesung mit den Kunden zum Welttag des Buches", sagt der 43-Jährige. "Das war fantastisch, da habe ich gemerkt, warum ich Buchhändler bin." Mit solchen Veranstaltungen könnten kleine Läden Kunden gewinnen und binden.

Für Sabine Körner vom gleichnamigen Buch-, Spiele- und Spielzeugladen am Pinneberger Lindenplatz ist das Wichtigste, "dem Menschen, der zu uns kommt, ein Gegenüber zu sein." Der Pinneberger Laden, der sich als wahres Schmuckkästchen präsentiert, wurde auf Bundesebene mehrfach als kreativste Kinder- und Jugendbuchhandlung ausgezeichnet. Sabine Körner und ihr Team bieten seit vielen Jahren vielerlei Aktionen vor allem für Kinder an. Das reicht von der Märchenwoche bis hin zu Koch- und Bastelevents. "Es ist der falsche Weg, gerade für Pinneberg, alles über den Preis zu machen. Der ganze Buchhandel ist total ängstlich. Aber Bangemachen gilt nicht. Wir müssen uns auf unsere Kernkompetenzen besinnen", sagte die Buchhändlerin.

"Wir verschließen uns Trends nicht, sind bei Facebook, haben auch einen Internet-Shop. Aber wir gucken vor allem auch, was das Internet nicht leisten kann: persönliche Ansprache und Atmosphäre im Laden", sagt Sönke Abeldt von der Buchhandlung Theophil in Quickborn. Wie andere kleinere Läden aus der Region, arbeitet man seit langem mit Schulen vor Ort zusammen, veranstaltet einen Leseclub für Schüler. Sönke Abeldt: "Das Wichtigste ist, dass wir die Kunden persönlich kennen."