Kiel bescheinigt Klärwerk in Hetlingen ein hohes technisches Niveau. Azv-Chef sieht eine Herausforderungen für die Wasserwirtschaft.

Hetlingen . Die kommunale Abwasserbeseitigung in Schleswig-Holstein erfolgt durchweg auf hohem technischen Niveau. So lautet das Fazit des jüngst vom Kieler Umweltministerium veröffentlichten Lageberichts 2012 zur Qualität der Abwasserbeseitigung im Land. Der Abwasserzweckverband Südholstein (Azv) sieht sich in seiner Arbeit bestätigt: "Wir freuen uns, dass das Ministerium die guten Leistungen in der kommunalen Abwasserbeseitigung und die bisherigen Erfolge im Gewässerschutz aufgreift. Als größter Klärwerksbetreiber im Land sehen wir unsere Verantwortung als wichtiger Partner in diesem Bereich", so Lutz Altenwerth, Vorstand des Azv.

In Schleswig-Holstein hat sich schon sehr früh ein Bewusstsein für die Bedeutung der Abwasserreinigung als wichtiger Umweltaufgabe entwickelt. Das hing mit den vor allem an den Küsten sichtbaren Folgen der Gewässerbelastung zusammen. So beschloss die Landesregierung aufgrund des Robbensterbens in Nord- und Ostsee schon Ende der 80er-Jahre ein Phosphor-Sofortprogramm, an dem sich auch der AZV Pinneberg beteiligte. Die erste Anlage zur Phosphatfällung ging im Klärwerk Hetlingen schon 1988 in Betrieb, weit vor der Festlegung verbindlicher Grenzwerte auf EU-Ebene. Mit der späteren Inbetriebnahme der Anlagen der weitergehenden Abwasserreinigung zur Beseitigung von Stickstoff und Phosphor im Jahr 2002 hat das Klärwerk Hetlingen die gesetzlichen Forderungen schließlich weit vor der gesetzlich festgeschriebenen Frist erfüllt.

Die in Schleswig-Holstein heute geltenden Grenzwerte für die Einleitung von Nährstoffen in Fließgewässer sind meist strenger als die von der EU festgelegten. Im Klärwerk Hetlingen wurde 2012 der Stickstoffgehalt des Abwassers um 91,4 Prozent reduziert, der Phosphatanteil sogar um 97,6 Prozent. "Das ist ein exzellentes Ergebnis und Voraussetzung für die Bewahrung natürlicher Gewässer", so Altenwerth. Die Gewässer im Einzugsgebiet des Werks seien weitgehend in gutem Zustand.

Die Wasserwirtschaft stehe aber vor neuen Herausforderungen, so Altenwerth. Angesichts der endlichen Verfügbarkeit fossiler Energieträger und steigender Rohstoffpreise setze sich auch jenseits von Fachkreisen die Erkenntnis immer mehr durch, dass Abwasser und Klärschlamm alles andere als Abfallprodukte seien, so Altenwerth: "In Zukunft werden wir die Frage beantworten müssen, wie sich die im Abwasser enthaltenen Rohstoffe wieder nutzbar machen lassen".

Das gelte vor allem für das Phosphat. Noch gebe es zwar kein wirtschaftliches Verfahren zur Phosphat-Rückgewinnung, aber das könne sich bald ändern. Besonders geeignet erscheine aus heutiger Sicht die Rückgewinnung im Rahmen einer gesonderten Klärschlammverbrennung. "Es gibt schon Überlegungen, mit anderen großen Klärwerksbetreibern gemeinsam eine zentrale Klärschlamm-Verwertungsanlage in Schleswig-Holstein zu etablieren", so Altenwerth.

Noch seien die Pläne aber nicht so weit, außerdem fehle dafür noch die nötige Unterstützung der Politik. Im Klärwerk Hetlingen wird der Klärschlamm zurzeit abtransportiert und beispielsweise in Zementwerken mitverbrannt. "Der Phosphor geht dabei verloren, das ist auf Dauer keine zukunftsfähige Lösung", so Altenwerth. Stolz ist er hingegen auf die Umsetzung des ersten Pilotprojekts zur Abwasserwärmenutzung in Schleswig-Holstein: Seit September letzten Jahres wird das Gemeindezentrum in Heidgraben mit Wärme aus dem vorbeifließenden Abwasserkanal beheizt.

Auch sonst ist der Azv nicht untätig in Sachen Energie: Das Kommunalunternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, die energiebedingten CO2-Emissionen bis 2050 auf null zu reduzieren.

Mit rund 32 Millionen Kubikmeter gereinigten Abwassers im Jahr und einem Versorgungsbereich für das Klärwerk, der etwa 780.000 Einwohner umfasst, gilt der Azv als wichtiger Akteur der kommunalen Wasserwirtschaft im Norden.