Die Sozialdemokratin und Awo-Vorsitzende wurde zur Stadtpräsidentin gewählt. Die 56-Jährige will die viele Arbeit, die nun auf sie zukommt, auf sich zukommen lassen.

Wedel. Auf Wedels frisch gewählte neue Stadtpräsidentin Renate Palm kommt eine Menge Arbeit zu. Was sie jetzt erwartet, welche Akzente sie setzen will und ob sie all ihre Ämter weiterhin ausfüllen kann, darüber hat sie sich allerdings noch keine Gedanken gemacht. "Ich habe in meinem Leben gelernt, dass man nicht alles planen kann", sagt Palm. "Ich lasse das auf mich zukommen und muss dann gegebenenfalls wohl auch Dinge aufgeben." Die 56 Jahre alte Hausfrau ist zwar beruflich nicht eingebunden, hat aber einige ehrenamtliche Posten inne.

Sie ist aktives SPD-Mitglied und sitzt als solches in der kommenden Legislaturperiode wieder im Haupt- und Finanzausschuss. Zudem wurde Palm 2002 zur Vorsitzenden der Wedeler Arbeiterwohlfahrt bestimmt. Für sie ist die Awo-Begegnungsstätte seitdem zu einem zweiten Zuhause geworden. Im Arbeitszimmer in der Awo-Stätte an der Rudolf-Breitscheid-Straße ist sie häufig anzutreffen. Dort kümmert sich Palm, die auch privat die Finanzen im Griff hat, um Statistiken und Buchhaltung. Dort hält sie einmal pro Woche ihre kostenlose Sprechstunde zum Thema Vorsorgeberatung ab. Auch ihr Mann ist mit der Arbeiterwohlfahrt verbunden. Er ist Geschäftsführer.

Ihr eigentliches Zuhause bewohnen die Palms zusammen mit ihrer 27 Jahre alten Tochter und dem siebenjährigen Enkelkind in Wedel. "Ein Dreigenerationenhaus - das funktioniert nur, wenn jeder seinen eigenen Bereich hat", sagt Palm, die nicht weiß, wie sich da das Rathaus integrieren wird. "Mal sehen, ob es mein neues zweites Zuhause wird oder an die dritte Stelle rückt." Bislang hat sie ihr neues Büro im Verwaltungstrakt am Rathausplatz nicht gesehen. Aber den Schlüssel hat sie bereits. In der kommenden Woche hat sie einen Termin mit Bürgermeister Niels Schmidt vereinbart. Dann wollen sie die anstehenden Termine abstimmen. Erst dann wird Palm richtig realisieren, auf was sie sich zumindest im organisatorischen Sinne eingelassen hat.

Angst macht ihr das neue Amt als Stadtpräsidentin, das sie aus den erfahrenen Händen von Sabine Lüchau (CDU) übernimmt, aber nicht. "Vor fünf Jahren hätte ich diesen Mut nicht gehabt", gibt Palm zu. Aber der Tod ihres einzigen Sohnes war für die dreifache Mutter ein Einschnitt, der ihre Einstellung zu vielen Dingen veränderte. "Aus Schicksalsschlägen geht man stärker hervor."

1998 zog sie nach Wedel. Zuvor lebte sie in Bremen. Dort arbeitete ihre Mutter als Schneiderin am heutigen Theater am Goetheplatz. Dank ihrer Freikarten ging die Familie, bei der das Geld eher knapp war, auch häufig ins Theater. Ihr Vater arbeitete als Techniker für den Straßenbahnbetrieb der Stadt. Es war ein sozialdemokratisch geprägter Haushalt, in dem Lesen als Zeitverschwendung galt. Ihr Vater war politisch aktiv. So kam Palm zur SPD.

Bevor die Familie nach Bremen zog, lebte sie in Ahlhorn bei Oldenburg, wo ihre Eltern eine Tankstelle betrieben. "Ich habe meine Kindheit zwischen Öldosen verbracht, zum Leidwesen meiner Mutter", erinnert sich Palm.

Vielleicht kam sie deshalb auch später auf die Idee, Maschinenbau zu studieren. Doch schnell erkannte sie, dass das nichts für sie ist. "Ich wollte immer Lehrerin werden, aber in den 70ern gab es die Lehrerschwemme und kaum Jobs. Ich habe mich als junger Mensch dann verlaufen." Palm wechselte zwar noch im Studium von Maschinenbau auf Lehramt, aber dann brachte sie 1981 ihr erstes Kind zur Welt. Ihr Mann arbeitete damals noch auf einem Bohrturm im Schichtdienst. Palm entschied sich, zu Hause zu bleiben. Schon damals begann ihr Engagement. Sie übernahm ehrenamtlich auch Führungsaufgaben. So wurde sie Elternvertreterin aller katholischen Schulen in Bremen.

Als die Familie nach Wedel zog, nahm sich Palm noch vor, kürzer zu treten. Doch dann wurde ein SPD-Vorstandsmitglied gesucht, und ein Jahr später war ein Platz im Finanzausschuss vakant. Trotz ihrer zahlreichen ehrenamtlichen Ämter betont Palm aber: "Zuletzt brauche ich keines von ihnen. Ich tue nur gern etwas."

Verantwortung übernehmen, präsentieren und in erster Reihe stehen ist Wedels neue Stadtpräsidentin also gewöhnt. Ihren Stil, den sie in den kommenden Jahren pflegen will, umschreibt sie mit: "Ich liebe das Kurze und Knappe, Blumiges fällt mir schwer." Sie verspricht, Kontakt zu den Bürgern zu suchen, die monatliche Sprechstunde ihrer Vorgängerin fortzuführen.