Die Bürgersolaranlagen im Kreis Pinneberg rechnen sich für den Klimaschutz, die Stromerzeugung und den Ertrag. Kreisweit gibt es inzwischen gut ein Dutzend. Anleger sind begeistert.

Kreis Pinneberg. Es ist praktizierter Klimaschutz vor der Haustür und bürgerschaftliches Engagement für die Energiewende. Kreisweit gibt es inzwischen gut ein Dutzend Bürgersolaranlagen, die meist auf den Dächern von Schulen und Sporthallen Strom aus Sonnenenergie erzeugen. Ob in Barmstedt, Pinneberg, Elmshorn, Wedel, Schenefeld, Tornesch, Halstenbek oder Holm - überall haben sich Menschen zusammengefunden, die gemeinsam eine Fotovoltaikanlage betreiben, Strom aus dieser regenerativen Energiequelle erzeugen, ins Stromnetz einspeisen und damit einen konkreten Beitrag dazu leisten, den Ausstoß des Ozonkillers Kohlendioxid zu senken.

Marina Quoirin-Nebel suchte vor vier Jahren Mitstreiter für ein Bürgersolarprojekt in Barmstedt. In kurzer Zeit fanden sich 28 Anleger, die die 86.000 Euro Investitionssumme zusammenbrachten, um eine Solaranlage auf dem Dach der Albert-Schweitzer-Schule zu installieren. Seit Herbst 2009 ist sie in Betrieb und produziert jedes Jahr mehr Strom aus Sonnenenergie als kalkuliert, sagt die frühere Mitarbeiterin des Elmshorner Umweltamtes. 2012 waren es genau 21.218 Kilowattstunden (kwh). Die zweite, etwas größere Anlage auf dem Dach der Grund- und Gemeinschaftsschule in Barmstedt, die zwölf Anleger betreiben und ein Jahr später ans Netz ging, bringt noch 5000 kwh mehr Strom. Aufs Jahr gesehen werde durch diese beiden Sonnendächer, bestehend aus 225 Solarmodulen, etwa 30 Tonnen CO2 eingespart, rechnet Quoirin-Nebel vor.

Das zahlt sich auch für die Anleger aus. So erhalte jeder Kommanditist, der zwischen 200 und 10.000 Euro eingesetzt habe, fünf Prozent seiner Investitionssumme pro Jahr als Abschreibungskosten zurück. Hinzu komme eine Rendite von vier bis 4,5 Prozent pro Jahr, die jeder selbst versteuern müsse. Als reine Geldanlage fürs Alter sähen es die wenigsten ihrer 40 Mitstreiter. "Ich wollte etwas für den Umwelt- und Klimaschutz machen", sagt Mitgesellschafter Dietmar Nissen. "Eine Bürgersolaranlage ist genau das Richtige."

Das sagt auch Olav Vollstedt. Der promovierte Historiker aus Altenholz bei Kiel ist "Überzeugungstäter der ersten Stunde" und zu einer Art Bürgersolar-Pate in Schleswig-Holstein geworden. Landesweit hat Vollstedt inzwischen 20 solcher Anlagen aus der Taufe gehoben, die acht Gesellschaften betreiben. Allein im Kreis Pinneberg sind es neun Anlagen in Elmshorn, Tornesch, Schenefeld, Halstenbek und Holm. 2012 erzeugten alle zusammen 400.000 kwh Strom, so viel wie etwa 100 Familien pro Jahr verbrauchen.

Vollstedt fing 2003 in seiner Nachbarschaft an, plante und baute für die Kita seiner Kinder die erste Bürgersolaranlage in Altenholz, "Sunny-Kids" nannte sich das Projekt. Heute ist er so sehr mit Planung, Betrieb, Wartung und Vermarktung von Bürgersolaranlagen beschäftigt, dass er diese Aufgabe jetzt hauptberuflich macht. Immerhin gilt es, ein Gesamtinvestment von 1,45 Millionen Euro zu verwalten und die 250 beteiligten Bürger, die zwischen 1000 und 10.000 Euro gegeben haben, über die Entwicklung ihrer Sonnendächer ständig zu informieren. Alle 20 Anlagen erbringen einen Jahresumsatz von rund 550.000 Euro im Jahr. Allein der Erlös aus dem Stromverkauf bringe 155.000 Euro pro Jahr ein, rechnet Vollstedt vor, der betont, alle gesetzlichen Auflagen strikt einzuhalten. Sogar das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen habe die Organisationsstruktur durchleuchtet. Fachanwälte mussten eingeschaltet werden. Für den Bürgersolarstrom-Pionier ist Klimaschutz und Kapitalanlage kein Widerspruch. "Eine Fotovoltaikanlage darf auch Geld einbringen. Es ist grüner Strom, saubere Energie." Die großen Energiekonzerne machten mit ihren Anlagen, die meist aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Gas und Öl gespeist werden, ja sogar kräftige Gewinne. Warum sollte dies für die saubere Energie nicht gelten?

Für Vollstedt ist die Solarenergie die Energiequelle der Zukunft. "Sie wird immer noch unterschätzt. Dabei hat sie das größte Energiepotenzial überhaupt." Könnte man die Energie, die die Sonnenstrahlen in 20 Minuten erzeugen, speichern, wäre der Energiebedarf auf der Erde für ein Jahr gedeckt.

In Barmstedt möchten sie am liebsten bald die dritte Bürgersolaranlage installieren. "Das Interesse ist da. Ich habe schon Investoren auf der Warteliste", sagt Marina Quoirin-Nebel. Auch der Standort steht schon fest. So wäre das Dach der neuen Sporthalle in der Schulstraße statisch hervorragend geeignet. Nur die Unsicherheiten des Erneuerbaren Energiegesetzes machten diesen Ideen einen Strich durch die Rechnung. Die stark gekürzten Einspeisevergütungen der Bundesregierung ließen sie abwarten, sagt sie. Vielleicht werde es nach der Bundestagswahl einen neuen Schub für diese Art der Energiewende geben.