Die SPD ist der Wahlsieger in Tornesch. Einen Grund dafür sieht sie in der Fusionsdebatte

Tornesch. Die SPD ist der klare Wahlsieger in Tornesch. Im Abendblatt reden Torneschs SPD-Chef Manfred Mörker und Fraktionschefin Verena Fischer-Neumann über ihre neuen Freiheiten und blicken in die Zukunft.

Hamburger Abendblatt:

Die SPD hat bei der Kommunalwahl 52,6 Prozent der Stimmen erzielt. Hatten Sie damit gerechnet?

Verena Fischer-Neumann:

Natürlich hatten wir auf ein besseres Ergebnis als zuletzt und den Status als stärkste Fraktion gehofft, aber solch ein Ergebnis, damit hatte ich nicht gerechnet. Es ist herrlich.

Manfred Mörker:

Ich erinnere mich noch an deinen ersten Kommentar am Wahlabend: Freude, Freude, Freude!

Was wurde im Vorfeld denn als ein realistisches Ergebnis erwartet?

Mörker:

Wir hatten vor der Wahl verschiedene Szenarien ausgemalt. Fest stand lediglich, dass wir die CDU als stärkste Partei ablösen wollten. Dass wir dies in Tornesch nun genau zum 150-Jährigen Bestehen der SPD schafften, das ist toll. Ich gebe zu, wenn ich in der Zeitung lese, Tornesch ist rot, dann freue ich mich.

Wie erklären Sie den Wahlsieg? Liegt es daran, dass die Grünen nicht angetreten sind oder war es doch schon eine Abstimmung zur Städtefusion?

Mörker:

Sowohl als auch. Es ist nicht so einfach, wie der Bürgermeister es glaubt, dass die Wähler eins zu eins von den Grünen zur SPD gewandert sind. Sicher haben wir Stimmen von den Grünen-Wählern bekommen, aber wir wurden sehr wohl als Anti-Fusions-Partei wahrgenommen. Daher war es auch eine Abstimmung mit den Füßen gegen die Fusion bei dieser Kommunalwahl.

Sie haben viel politischen Gestaltungsraum. Wo wird es neue Akzente geben?

Fischer-Neumann:

Da wir mit dem Wahlergebnis nicht gerechnet haben, müssen wir intern besprechen, welche Weichenstellungen wir vornehmen wollen. Dafür brauchen wir die Sommerzeit. Aber von den großen Projekten wurde vieles vorher mit uns und den anderen Fraktionen auf den Weg gebracht. Das wollen wir weiterführen. Vor der Wahl hatten wir uns wegen der bisherigen politischen Konstellation häufig auf Kompromisse ausgerichtet. Nun haben wir eine Mehrheit, und das ist ein neues Lebensgefühl, mit dem wir uns arrangieren müssen.

Die neue Freiheit werden Sie genießen?

Fischer-Neumann:

Ja, auf jeden Fall. Dennoch werden wir den Dialog mit den anderen Fraktionen suchen und die bewährte konstruktive Zusammenarbeit der vergangenen Monate fortsetzen.

Wenn die CDU einen Vorschlag einbringt...

Fischer-Neumann:

...dann werden wir den unterstützen, sofern er gut ist. Gute Ideen können wir für unseren Ort gebrauchen, egal woher sie kommen.

Mörker:

Es muss ein demokratisches Miteinander geben, und das wollen wir auch zukünftig leben. Wir sind bestrebt unser Wahlprogramm umzusetzen. Das ist unser Ziel für die neue Legislaturperiode. Alles andere wäre überraschend. Ich persönlich will mich dafür einsetzen, dass die K 22 nun endlich kommt.

Kommen wir zum Thema Fusion. In Uetersen wird von Seiten der CDU befürchtet, dass Torneschs SPD die Fusion blockieren wird. Worauf muss man sich einstellen?

Fischer-Neumann:

Was heißt hier blockieren? Am 18. Juni haben wir unsere Ratssitzung, wo die Fragestellung für den Bürgerentscheid beschlossen wird. Dazu gibt es eine Empfehlung, bei der wir einen Akzent setzen werden. Die bisherige Empfehlung war positiv formuliert, unsere wird von der Fusion abraten, skeptisch sein. Wir nutzen unseren Einfluss bei jenen, die nicht wissen, wie sie sich entscheiden sollen. Das ist legitim. Ich bin überzeugt, dass sich die Tornescher gegen die Fusion aussprechen werden. Aber was immer die Bürger entscheiden, dem fügen wir uns.

Mörker:

Natürlich ist es unser Interesse, die Fusion zu verhindern. Wir waren vor der Wahl dagegen und werden auch nach der Wahl dies nicht ändern. Sonst wären wir auch nicht glaubwürdig.

Gesetzt den Fall, die Bürger wollen die Fusion, dann könnten Sie doch neue Rahmenbedingungen gestalten, oder nicht?

Fischer-Neumann:

Mit Bedingungen oder Forderungen anzukommen, ist eine schlechte Ausgangslage für eine Ehe. Und die Stadt, die Bürger, niemand ist wirklich hochzeitsreif. Wir können einem Rat, der in drei Jahren erst tagen würde, auch nicht jetzt diktieren, was er später zu machen hat. Da gibt es eine neue demokratische Grundlage. Und ob man sich auf die einlässt, das muss jeder für sich jetzt entscheiden.

Können Sie sich vorstellen, weitere Kooperationen mit Uetersen einzugehen, wenn die Fusion platzt, auch wenn Kompetenzen abgegeben würden?

Mörker:

Mit einer intensiveren Zusammenarbeit mit der Stadt Uetersen auf Verwaltungsebene haben wir keine Probleme. Aber Kompetenzen abgeben, das wollen wir eigentlich nicht.

Wie sieht es eigentlich mit der Zusammenarbeit mit Roland Krügel aus? Wird die SPD dem Bürgermeister die Daumenschrauben anlegen?

Mörker:

Der Bürgermeister hatte ja relativ früh ein Statement abgegeben, dass die Wahl ein schönes Ergebnis für die SPD sei, aber dass er hoffe, dass wir nicht übermütig im Rat werden. Da war ich erst einmal baff und erstaunt. Das bedeutet übersetzt, dass für Krügel alles im Lot ist, wenn CDU und FDP an der Macht sind, aber wenn die SPD regiert, dann tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Ich finde, das sagt viel über sein Demokratieverständnis aus. Natürlich war er am Wahlabend betrübt, da er sich seine letzten Jahre sicher anders vorgestellt hat: auf einem gut gepolsterten und gut dotierten Posten in Tütersen. Wir haben dennoch nicht vor, auf Konfrontationskurs zu gehen. Herr Krügel darf sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit einstellen.

Wünschen Sie sich, dass die Grünen bei der nächsten Wahl wieder antreten?

Fischer-Neumann:

Ja und nein. Die Grünen haben keine schlechte Arbeit in Tornesch gemacht. Sie sind kritisch und fleißig. Vom Grundsatz muss man sich daher wünschen, dass die Grünen wieder zur Wahl antreten. Jetzt im Moment muss ich aber sagen, herrlich, wir können mal ausprobieren, wie absolute Mehrheit geht.

Mörker:

Die Grünen gehören zum politischen Spektrum der Republik dazu. Daher wünsche ich mir, dass sie wieder zur Wahl antreten. Die Zusammenarbeit war nicht immer einfach, aber immer fair. Sie haben uns gefordert, weil sie sehr kritisch nachgefragt haben. Das fand ich gut.

Das klingt so, als würden sie die Grünen vermissen ...

Mörker:

Ein ganz klares Jein. Im Bauausschuss haben sie oft mit ihren Fledermäusen genervt, aber ansonsten war die Arbeit der Partei konstruktiv.