Volkszählung zeigt: Viele Orte haben mit zu hohen Einwohnerzahlen geplant. Groß Nordende um 75 Prozent gewachsen

Kreis Pinneberg . Die Ergebnisse des Zensus 2011 belegen, was der Süden des Nordens schon seit langem propagiert: Hier spielt in Schleswig-Holstein in Sachen Wachstum die Musik. Im Kreis Pinneberg (+ 14,2 Prozent) stieg die Einwohnerzahl im Vergleich zur Volkszählung im Jahr 1987 überproportional an. Gleiches gilt für die anderen Landkreise in der Metropolregion Hamburg. Während landesweit von 1987 bis 2011 die Einwohnerzahl um 9,6 Prozent auf 2.800.119 gestiegen ist, legten vor allem auch die Kreise Segeberg (+ 22,9), Herzogtum Lauenburg(+ 21,9 Prozent), und Stormarn (+ 19,7) überdurchschnittlich zu.

In die Vorstellung des gewaltigen Zahlenwerkes zum Zensus, das am Freitag für Schleswig-Holstein und Hamburg im Pinneberger Ratshaus präsentiert wurde, mischen sich jedoch auch Misstöne. Die tatsächlichen Einwohnerzahlen differieren teils erheblich zu denen der sogenannten Bevölkerungsfortschreibung, auf deren Basis Kreise und Kommunen in den vergangenen Jahren geplant hatten. Vielerorts wurde im Norden in punkto Größe über die Verhältnisse gelebt. Im Landesdurchschnitt beträgt die Differenz zwischen Zensus und Fortschreibung 1,2 Prozent. Der Kreis Pinneberg sticht wiederum heraus. Hier beträgt die Abweichung 2,5 Prozent. Statt wie bislang angenommen 303.890 lebten im Mai 2011 zwischen Westerhorn und Wedel nur 296.341 Menschen. Nichtsdestotrotz ist und bleibt Pinneberg der bevölkerungsreichste Landkreis.

"1500 Einwohner weniger als angenommen, das ist eine Hausnummer", sagte Bürgermeisterin Urte Steinberg zu den Zahlen für die Stadt Pinneberg. Laut Zensus 2011 hat die Kreisstadt 41.137 Einwohner. Das sind zwar 5003 mehr Personen als vor 26 Jahren, jedoch 1512 (-3,5 Prozent) weniger als bis dato in der Bevölkerungsfortschreibung verbucht. "Wir haben mit anderen Zahlen geplant, zum Beispiel bei den Kindergärten", so die parteilose Bürgermeisterin. Laut Urte Steinberg werden sich demnächst die Bürgermeister der Kommunen treffen, die von starken Abweichungen betroffen sind. "Ich kann mir diese deutliche Differenz schlecht vorstellen."

Helmut Eppmann, Vorstand des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein, sagte dazu am Freitag in Pinneberg, die Bevölkerungsfortschreibung habe auf Zahlen der Meldebehörden basiert. Ein Problem sei, dass Menschen, die (zurück) ins Ausland gingen, sich teils nicht abmeldeten. Es gebe zudem immer mehr Personen mit mehreren Wohnsitzen. Generell sei, so Eppmann, "das Meldeverhalten gerade unter jungen Leuten nicht so ausgeprägt." Wie die Statistiker bei der Zensus-Vorstellung sagten, gibt es mehr als 90 Rechtsvorschriften, die sich auf Einwohnerzahlen beziehen. Besonders eklatant könnte sein, dass Kommunen die real weniger Einwohner haben als angenommen, ab kommendem Jahr weniger Geld aus dem kommunalen Finanzausgleich bekommen.

Was die Städte im Kreis Pinneberg angeht, so muss außer Pinneberg vor allem Quickborn runter rechnen: Laut Zensus hatte die Stadt vor zwei Jahren 19.727 Bewohner, 9,5 Prozent mehr als bei der Volkszählung 1987, aber 4,0 Prozent weniger als bisher laut Fortschreibung veranschlagt. Spitzenreiter bei den Abweichungen ist Appen. War man in Pinnebergs Nachbarkommune davon ausgegangen, 5884 Einwohner zu haben, so waren es real nur 4899. Das entspricht einer Differenz von 16,7 Prozent. Ist in der Garnisonsgemeinde Appen passiert, was das Ergebnis in der Stadt Plön beeinflusst hat? Laut Statistikamt waren in der Kreisstadt über Jahre hinweg die Lehrgangsteilnehmer aus einer Bundeswehr-Schule als Einwohner gemeldet, aber nach ihrem Weggang nicht wieder abgemeldet worden. In Plön offenbarte der Zensus eine Abweichung von 32,3 Prozent zur Bevölkerungsfortschreibung.

Was das reale Wachstum im vergangenen Vierteljahrhundert angeht, so haben bei den hiesigen Städten vor allem Barmstedt, Schenefeld und Tornesch kräftig zugelegt. Für Barmstedt nennt der Zensus 9792 Einwohner. Das sind fast 1600 mehr als 1987 (+19,3 Prozent). Schenefeld mit nunmehr 18.197 Einwohnern hat 21,4 Prozent, Tornesch (12.626) sogar 30,4 Prozent Einwohner mehr als eine Generation vorher.

Diese Wachstumsraten aber werden von mehreren kleineren Kommunen noch getoppt. Seeth-Ekholt mit inzwischen 838 Bewohnern ist um 44,7 Prozent gewachsen, Brande-Hörnerkirchen (1617) um 61,1 und Groß Nordende (694) um stolze 75,7 Prozent.

Und was hat sich auf Helgoland getan? Der Zensus hat für die zum Kreis Pinneberg gehörende Nordseeinsel ermittelt, dass auf dem roten Felsen 1407 Menschen leben. Das sind 22,1 Prozent mehr Insulaner als in der Bevölkerungsfortschreibung veranschlagt. Im Vergleich zu 1987 jedoch hat Helgoland 22 Prozent seiner Einwohner verloren.