Das Uetersener Museum Langes Tannen zeigt vom 1. Juni bis zum 14. August die kreativen “Boote“ vom Hamburger Künstler Knud Plambeck.

Uetersen. Auf den ersten Blick in die Ausstellungsscheune des Uetersener Museums Langes Tannen scheint die Sache einfach zu sein. Boote, wohin der Betrachter schaut. Meterlange, klitzekleine, rostige, silberne. Kompakt gedrungene Formen wechseln sich ab mit elegant geschwungenen Varianten. Und genau so einfach - "Boote" - heißt auch die Ausstellung des Hamburger Künstlers Knud Plambeck, 37, die das Museum an der Heidgrabener Straße vom 1. Juni bis zum 14. August zeigt.

Doch ganz so eindeutig liegen die Dinge hier nicht. Im Gegenteil: Die 26 großen und mehr als ein Dutzend kleinen metallenen Objekte aus den Jahren 2008 bis heute, mit denen Plambeck eine ganz eigene künstlerische Handschrift entwickelt hat, faszinieren durch ihre Doppeldeutigkeit, durch das Wechselspiel zwischen erdenschwerer Präsenz und abstrakter, luftiger Idee dahinter. Jedes der Objekte hat eine eigene, ganz konkrete Geschichte. Gleichzeitig legt keins den Betrachter auf eine bestimmte Sichtweise fest. "Meine Boote öffnen mir Fenster, um die Dinge anders zu sehen. Vielleicht können sie auch dem Betrachter solche Fenster öffnen", sagt Plambeck. Bei diesem Prozess helfe ihm die Abstraktion. "Einfache Formen lassen tiefere Gedanken zu." Der Bildhauer will Anstöße liefern, neue Perspektiven aufzeigen, aber keine weltanschaulichen Botschaften vermitteln. In diesem Sinne halbierte er ein Rettungsboot entlang der Wasserlinie, setzte das Unterteil dann auf das ehemalige Dach des Schiffs. "Jetzt kann man sowohl aus der Fisch- wie auch aus der Vogelperspektive ins Boot gucken", sagt Plambeck. Die vier Meter lange Skulptur ist derzeit im Altonaer Museum zu sehen.

Um dieses Konzept zu begreifen, lohnt sich die Beschäftigung mit "Heiner". Plambeck hat die Skulptur nach ihrem Ex-Besitzer Heiner, einem Schlosser im Hamburger Hafen benannt. Dem Handwerker diente das massive, Rost überzogene Stahlblech als Werkauflage. Mit Schweißgerät und Winkelschleifer formte Plambeck daraus ein Objekt, das entfernt an ein Faltboot erinnert. "Mit dieser Skulptur ist es ein bisschen wie mit der Wasseroberfläche. Im Zweidimensionalen steckt eine faszinierende dritte Dimension", sagt Plambeck. Auch der bullig-gerundeten "Schwalbe" sieht man ihre Herkunft erst auf den dritten Blick an. Aus rotem Kotflügel, Blinker und Auspuffrohr des gleichnamigen Mopeds schweißte der gelernte Tischler und studierte Industriedesigner eine Art Hafenschlepper.

Die meisten seiner Skulpturen dienten zuvor als Ölfässer. "Die schönsten findet man in Spanien", sagt der Künstler. "Ausgeblichen, verbeult, über dem Rost blättert der Lack - die haben eine richtige Patina." Nicht jede Idee gelingt. "Manche Boote sind sehr störrisch, die brauchen viel Zuneigung und kosten Nerven", sagt Plambeck. Trotzdem liebt er Boote, betrachtet seine Umgebung wie durch eine maritime Brille. Und entdeckt so überall Anregungen für neue Schiffs-Kunst.

Für Wasser, Boote und Norddeutschland schlug Plambecks Herz schon als kleiner Junge. Zwar wuchs er in Ulm auf, aber seine Eltern, selbst Nordlichter, machten oft mit ihm Urlaub an der Ostsee. Seine Affinität zum Werkstoff Metall entdeckte er eher zufällig während des Studiums. Ein Freund lieh ihm einen Schweißbrenner. "Plötzlich entdeckte ich eine neue Welt", sagt der Künstler, der in Hamburg-Ottensen die Galerie Wasserspiegel betreibt. Anders als Holz, mit dem der gelernte Tischler sich ebenfalls auskennt, sei gerade sein Lieblingsmaterial Stahl ein ehrliches Material. "Es ist kontrollierbar, es hat lange Bestand. Holz arbeitet, das muss man ganz anders fügen."

Es passt ins Bild, dass der Wasser-Fan Plambeck auf einem Hausboot im Hamburger Hafen lebt und arbeitet. "Das Wasser, der Rhythmus von Ebbe und Flut, gibt dem Leben dort eine andere Geschwindigkeit. Alles ist ruhiger." Das ist Plambeck wichtig. "Viele Ideen entstehen aus Muße und der Beobachtung von Fehlern." Das meint er absolut positiv. "Fehler haben die Evolution vorangetrieben und machen Sachen attraktiv. Was zu symmetrisch ist, wirkt schnell langweilig."

Museumschefin Ute Harms eröffnet die Ausstellung "Boote" am Sonnabend, 1. Juni, um 16 Uhr im Museum Langes Tannen, Heidgrabener Straße. Die Schau ist bis einschließlich 14. August mittwochs, sonnabends und sonntags, jeweils von 14 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet zwei Euro pro Person.