Schenefelder Kulturschaffende verwandeln Wahlplakate. Stadtplan soll durch Ausstellung mit 90 Objekten leiten. Bis zum 16. Juni prägen die Kunstwerke das Stadtbild.

Schenefeld. Während die Kommunalpolitiker im Kreis Pinneberg noch die Wahl verdauen, ein bisschen feiern oder trauern, sich vom Wahlkampf langsam erholen, beginnt für die Mitglieder des Schenefelder Kunstkreises erst jetzt richtig die Arbeit. Denn in der Stadt an der Grenze zu Hamburg ist nach der Wahl vor dem Kunstprojekt. In den kommenden sechs Tagen verwandeln Kulturschaffende die Düpenaustadt in einen Ausstellungsraum - und zwar mit Hilfe der zahlreichen Wahlplakate. Dort, wo vorher für grüne Werte geworben wurde und sozialdemokratische Slogans standen, wird vom 2. Juni an Kunst zu sehen sein. "So wie Politiker für sich und die Partei werben, wirbt die Kunst dann eben für sich", erklärt Ingrid Ullrich, stellvertretende Vorsitzende des Kunstkreises die ungewöhnliche Aktion.

Auf 90 Plakatständern werden Werke von 70 Teilnehmern gezeigt. Es sind Profis und Freizeitschaffende, Vereinsmitglieder und Nichtmitglieder darunter. Bis zum 16. Juni prägen die abfotografierten Kunstwerke wie Skulpturen, Installationen und Gemälde das Stadtbild. Ein Motto war absichtlich nicht vorgegeben. Jeder konnte sich eines seiner Kunstwerke aussuchen. Denn es soll die Vielschichtigkeit der Kunst präsentiert werden.

Anlass für die Schenefelder Straßenkunst ist das 40-jährige Bestehen des aktiven Vereins, der regelmäßig vier Ausstellungen pro Jahr im Schenefelder Ratssaal veranstaltet. Nur ausgerechnet im runden Geburtstagsjahr kann der Kunstkreis eben nicht wie gewohnt so zahlreich in den Ratssaal. Die Stadt hat Eigenbedarf angemeldet, benötigt den Saal mehr für politische Ausschusssitzungen. Die Politik verdrängte also die Kulturschaffenden in den Außenraum, bereitet jetzt aber auch die Bühne für eine Ausstellung der ungewöhnlichen Art.

"Ursprünglich wollten wir Laternenkunst machen. Dann wurde uns klar, dass Kommunalwahlkampf ist, die Laternen somit besetzt sind", berichtet Ullrich. Die Kulturschaffenden machten aus der Not eine Tugend. In einer Runde aus Vorstandsmitgliedern kam die Idee auf: Warum nutzt man nicht die Plakatträger der Parteien? Liegt irgendwie nahe. "Hat es so aber noch nicht gegeben", sagt Ullrich, die sich unter Künstlern umgehört und im Internet auf Recherche begeben hat.

Die Einzigartigkeit stellt die Vereinsmitglieder allerdings auch vor zusätzliche Herausforderungen, hätten sie sonst doch aus den Fehlern anderer lernen können. Wahlwerbung weg, Kunst drüber - voilà, eine ungewöhnliche Ausstellung mit Hinguckerwert. Klingt einfach. Aber bereits der Plan, die Plakatträger vor Ort mit Hilfe von Tapeziertischen einfach zu überkleben, entpuppte sich als in der Praxis untauglich. "Wir wissen gar nicht, wo die Plakate stehen und die Parteien müssen ja dafür Sorge tragen, dass auch alle nach der Wahl abgebaut werden", erklärt Vereinschefin Ursula Wientapper. Somit läuft es jetzt anders. Die Parteien bauen die Plakate alle ab. Ein Teil der Plakatständer, etwa 90 Stück, werden zu einer Sammelstelle gebracht.

Die Garage von Vorstandsmitglied Michael Behrens ist in den kommenden Tagen die Hauptzentrale des Kunstkreises. Dort werden die vorbereitenden Plakate aufgeklebt und anschließen im Stadtgebiet wieder verteilt. Damit die Werke auch in einem guten Licht erscheinen, gab es ein offenes Fotoshooting in der Werkstatt von Ingrid Ullrich, an dem jeder der Mitwirkenden teilnehmen konnte. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Plakatkunst: Unter den gezeigten Werken sind Installationen der Pinneberger Künstlerin Gisela Meyer-Hahn, Radierungen der Hamburgerin Uschi Dechow, Skulpturen von Kirsten Berg sowie Werke der Südamerikanerin Martha Armijos-Koopmann.

Mit Hilfe eines Stadtplans, auf dem die Standorte verzeichnet sind, sollen sich Besucher orientieren können. Allerdings muss auch der noch erstellt werden. "Das wird zeitlich ganz schön eng", sagt Wientapper. "Aber wir kriegen immer irgendwie alles hin", so Ullrich. Die Kunstkreismitglieder sind sicher, dass die Aktion ein Aushängeschild für die Kultur in Schenefeld wird. "Wir hoffen", sagt Wientapper, "dass wir damit sehr viel mehr Aufmerksamkeit erregen können als die Parteien."

Der Kunstkreis Schenefeld lädt für Sonntag, 2. Juni, zur Eröffnung der "Plakataktion im Stadtgebiet" ein. Beginn auf dem Schenefelder Rathausvorplatz ist um 11 Uhr. Zu sehen sind die künstlerischen Werbeträger bis Sonntag, 16. Juni.