Kritiker fürchten, dass großformatige Werbung Autofahrer ablenkt und sprechen von Verschandelung des Ortsbilds

Rellingen. An mobiler Plakatwerbung führt in Wahlkampfzeiten wie in den vergangenen Wochen kein Weg vorbei. Doch während die Stellschilder der Parteien nach der Wahl wieder entfernt werden, ist ein riesiger Werbeträger an der Eichenstraße in Rellingen dauerhaft installiert worden.

Das klotzige Ding am Rande einer der Hauptzufahrtsstraßen nach Pinneberg mutet an wie ein überdimensionaler Computerbildschirm. Der in einem Vorgarten aufgestellte Blickfang bietet im Format 3560 mal 2520 Millimeter eine Werbefläche von knapp neun Quadratmetern. Der auf einem soliden Metallträger verankerte Reklameschirm steht auf einem Privatgrundstück, das mit einem älteren Zweifamilienhaus bebaut ist. Die Kante des Mega-Bildschirms, der beidseitig seine Werbebotschaften zeigen kann, schließt in einigen Metern Höhe unmittelbar mit der Grundstücksgrenze und dem Gehwegrand ab.

Im Rellinger Rathaus, bei der Verkehrsbehörde des Kreises Pinneberg sowie im Kreisbauamt, das Genehmigungsinstanz für Bauanträge ist, stieß die beantragte Installation auf massiven Widerstand. "Wir sind alles andere als begeistert über das Ding", sagt Bauamtschef Tom Rasmussen.

Er ist ebenso wie die Kollegen im Straßenverkehrsamt des Kreises der Auffassung, dass diese Werbung am Rand der viel befahrenen Landesstraße die Autofahrer vom Verkehrsgeschehen ablenkt. Aus diesem Grund versagte auch der Rellinger Bauausschuss mit einem einmütigen Beschluss das sogenannte gemeindliche Einvernehmen, als es um den Antrag auf Installation der Reklamefläche ging.

Bauausschussvorsitzender Eckhard Schlesselmann, CDU, befürchtet, dass es aufgrund der engen Taktzahl an Fahrzeugen im Stop-and-go-Verkehr sowie bei plötzlichen Staus zu Unfällen kommen könnte. Außerdem beklagt der Christdemokrat den Eingriff in die städtebauliche Ansicht. "Das ist eine Verschandelung des Ortsbilds", sagt Schlesselmann. Man müsse schon sehr schmerzfrei sein, um so etwas hinnehmen zu können.

Die Kreisverwaltung Pinneberg lehnte als Genehmigungsbehörde den Bauantrag zur Errichtung der Werbefläche sowie einen Widerspruch des Antragstellers zunächst ab. Beantragt worden war der Superbildschirm im Namen des Grundeigentümers von einer Firma, die bundesweit derartige Straßenranddekorationen aufstellt und zu Reklamezwecken vermietet. Die verglasten Bildschirme können zeitlich befristet gebucht werden. Für zehn Tage kostet eine Werbung unter 200 Euro.

Das in Koblenz ansässige Unternehmen gab nach der Ablehnung des Antrags nicht klein bei, sondern strengte eine Klage gegen den Kreis Pinneberg beim Verwaltungsgericht Schleswig an. Es folgte ein Ortstermin mit einem eigens aus Schleswig angereisten Verwaltungsrichter. Dem trugen die Vertreter der Kreisverwaltung sowie Rellingens Bauamtschef Rasmussen ihre Bedenken wegen der Verkehrssituation, der Beeinträchtigung der städtebaulichen Umgebung mit ihren erhaltenswerten Villen sowie dem schützenswerten Alleecharakter der Eichenstraße vor.

Doch der Richter konnte sich nach Prüfung der Rechtslage den Argumenten der Kreisverwaltung und der Gemeinde nicht anschließen. Er empfahl dem Kreis dringend, die Genehmigung für die Errichtung des Super-Bildschirms zu erteilen. Der Jurist stellte klar, dass die Behörde sonst in einem Gerichtsverfahren zur Erteilung der Baugenehmigung verurteilt werden würde. Das Kreisbauamt lenkte ein, schon deshalb, so Pressesprecher Marc Trampe, um nicht für die Verfahrenskosten eines Prozesses aufkommen zu müssen.

Seit ein paar Wochen prangt nun die in den Abendstunden sogar beleuchtete Reklametafel am Gehwegrand. "Ich bin schon von mehreren Rellingern angesprochen und gefragt worden, was für einen Blödsinn wir denn da genehmigt hätten", sagt Bauausschussvorsitzender Schlesselmann. Doch juristisch sei dem ungeliebten Werbeträger nicht mehr beizukommen. Die Vorgaben hinsichtlich Standort und Abstandsflächen seien offenbar eingehalten worden.

Nach Schlesselmanns Auffassung ist in dieser Angelegenheit der Gesetzgeber gefordert: "Eine derartige städtebauliche Verschandelung darf nicht hingenommen werden." Der Kommunalpolitiker will nun versuchen, über die CDU-Landtagsfraktion und den für Rellingen zuständigen Abgeordneten Peter Lehnert eine Initiative zur Änderung der gesetzlichen Vorschriften zu erreichen.