Arbeitssaison der DLRG am Elbstrand hat begonnen. Ehrenamtliche Helfer kämpfen um gesetzliche Gleichstellung

Wedel. Jochen Möller hat die klassische Laufbahn hinter sich. Als Jugendlicher schleppte ihn seine Mutter zum Schwimmen, weil er irgendetwas machen sollte. Nach drei Jahren beim DLRG-Schwimmen packte ihn der Virus, der ihn nicht mehr losließ. Heute, 27 Jahre später, ist der 42-Jährige Chef des Wedeler Ortsvereins. Seinen dreiwöchigen Sommerurlaub verbringt er seit mehr als 25 Jahren an der Ostsee. Selbstverständlich im Dienst der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Mit anderen ehrenamtlichen Helfern bestückt er eine der zahlreichen Stationen, wacht über die badenden Urlauber. Auch am Pfingstwochenende schlief er nicht zu Hause, sondern mit weiteren Rettern in einem der Hochbetten in der Wache am Elbstrand.

Die Arbeitssaison ist gerade gestartet. Von Mai bis September ist die Wache direkt neben dem Beachclub Wedel besetzt. Jedes Wochenende bestücken die ehrenamtlichen DLRG-Retter vier Schichten, haben den Abschnitt von der Landesgrenze zu Hamburg bis zum Dwarsloch bei Haseldorf auf dem Bildschirm. Dabei beschäftigen gekenterte Boote auf der Elbe die Helfer genauso wie Brandverletzungen durch nicht gelöschte Kohle am Elbstrand. Pro Jahr zählt der 470 Mitglieder starke Ortsverein, davon sind laut Möller etwa 40 Aktive, rund 120 Einsätze.

"Die Elbe ist eine Bundeswasserstraße und kein Spielplatz. Sie wird oft unterschätzt", sagt Möller. Gerade Freizeitskipper würden sich von einer ruhig wirkenden Elbe täuschen lassen. So wie es jüngst fünf Dänen erwischte. Sie wollten mit ihrem Minimotorboot den Hafengeburtstag vom Wasser aus genießen. In Haseldorf fuhren sie los, bis zum Wedeler Kraftwerk kamen sie. "Das Boot war völlig überladen und das Wasser schwappte hinein", so Möller.

Aber auch Schwimmer unterschätzen die Strömungen, kommen gerade bei Niedrigwasser der Fahrrinne sehr nah. "Seit der Elbvertiefung haben sich die Strömungsgeschwindigkeiten verändert. Es ist lebensgefährlich, auf die andere Seite zu schwimmen, wie mancher versucht", so Möller.

An schönen Sommertagen säumen bis zu 1500 Menschen den Wedeler Elbstrand. Dann haben die DLRGler eine Menge zu tun, um viele im Blick zu behalten. Kameras, wie die am Funkmast der Wache installierte Webcam, helfen ihnen dabei. Zudem können sie am Bildschirm sehen, wo sich die Schiffe auf der Elbe befinden. Im Notfall liegen im Tonnenhafen die Rettungsboote.

"Nach der Arbeit rette ich Leben", so warb Möller vor vier Jahren für eine vom Wedeler Verband eigens initiierte Werbekampagne für den DLRG. Dafür schlüpfte der gelernte Bankkaufmann in ein Supermann-Kostüm. Kollege Bastian Röckendorf zog sogar blank, zumindest obenherum. In Erinnerung an die US-Serie Baywatch hechtete er mit einer Rettungsboje über den Strand. "Ich renne für dein Leben gern" steht auf dem Flyer. Motto der Kampagne: "Wir helfen gratis, aber nie umsonst."

Auch in Zukunft wollen die Wedeler Rettungsschwimmer gratis helfen. Allerdings sollen sich die Bedingungen ändern. Dafür setzt sich Möller jetzt auch auf Landesebene ein. Vor kurzem wurde er zum Vizevorsitzenden der DLRG in Schleswig-Holstein gewählt und lenkt damit die Geschicke des etwa 30.000 Mitglieder starken Verbandes maßgeblich mit. An seiner Seite steht ein zweiter Wedeler: Vorstandskollege Markus Sander ist im Landesvorstand für die Verbandskommunikation verantwortlich. Möller will sich dafür stark machen, dass der Wasserrettungsdienst und Katastrophenschutz als Begriff fest im Gesetz verankert werden. Denn Schleswig-Holstein ist eines der wenigen Bundesländer, wo dies eben nicht der Fall ist. Mit erheblichen Folgen für die DLRG-Retter. Im Unterschied zu anderen Verbänden haben die Helfer somit keinen Anspruch auf Freistellung. Sprich: Im Katastrophenfall muss jeder einzeln seinen Arbeitgeber bitten, ihm freizugeben. Das kostet im Ernstfall kostbare Zeit. Es gibt zudem keinen finanziellen Ausgleich für die Unternehmen, dadurch muss mancher je nach Vorgabe des Chefs die verlorene Zeit anschließend nacharbeiten. Und auch bei der Anschaffung von nötigen Fahrzeugen gibt es bislang keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. "Das ist eine Gesetzeslücke, die es zu schließen gilt", sagt Möller.

Das Skurrile ist, wenn die Helfer zu einem medizinischen Einsatz im angrenzenden Yachthafen ausrücken, trägt der Verband die Kosten dafür selbst. Würde allerdings ein anderer Rettungsdienst kommen und der Betroffene beispielsweise am Steg behandelt, greift das Gesetz. "Wir wollen kein Geld für unsere Arbeit haben. Wir machen das weiterhin ehrenamtlich", betont Möller. "Aber es ist wichtig, dass alle Helferverbände gleichgestellt sind."