Man kann Mozarts Sonate “Alla Turca“ so zackig-volkstümlich ins Klavier hämmern, dass das Publikum sich schon sehr zusammenreißen muss, um nicht ins Mitsummen zu verfallen. Schließlich ist diese Melodie wie Bizets Torero-Marsch längst ein Gassenhauer für Badewannen-Tenöre.

Pinneberg.

Oder aber man behandelt dieses Stück musikalischen Weltkulturerbes wie Matthias Kirschnereit. Neugierig, lustvoll - und bei allem Respekt vor der Kunstfertigkeit des Salzburger Meisters mit einem sympathischen Schuss Kaltschnäuzigkeit. Vor 140 Zuhörern in der ausverkauften Pinneberger Drostei befreite der preisgekrönte Hamburger Pianist Mozarts Hit vom schweren Pflaster ausgetretener Interpretationspfade und ließ die zeitlose Schönheit dieser Musik leuchten. Von hauchzarter Wehmut bis zu donnernder Dramatik. Denn laut wurde es unter den Stuckdecken. Manchmal vielleicht zu laut für die relativ harte Akustik der barocken Säle.

Trotzdem war der Abend ein Gewinn. Mit Intelligenz und Inbrunst statt abgedroschener Beliebigkeit verwandelte Kirschnereit auch bekannte Werke von Debussy, Schubert und Mendelssohn in sinnliche Erlebnisse. Schon mit dem Appetithäppchen zum Auftakt, Schuberts "Ungarischer Melodie", war ihm die gespannte Aufmerksamkeit im Saal sicher. Und spätestens nach den virtuos gespielten "Variations sérieuses" von Mendelssohn brauchte er niemandem mehr etwas zu beweisen.

Schuberts a-Moll-Sonate op. 42 krönte einen ungewöhnlichen Abend. Obwohl die spezielle Akustik die dramatischen Passagen gelegentlich allzu eckig formte, lohnte das Zuhören. Denn Kirschnereit öffnete dem Publikum einen faszinierenden Panoramablick in Schuberts zauberhaft-zerrissenes Seelenuniversum.