Nachhaltica-Initiator Björn Hansen erwartet mehr als 15.000 Gäste beim vierten Elmshorner Umweltfestival im Steindammpark.

Elmshorn. Björn Hansens Lieblingswort feiert in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag: Nachhaltigkeit. Davon ist inzwischen weit öfter die Rede als zu der Zeit, als Carl von Carlowitz es für die Forstwissenschaft prägte. Er wollte ausdrücken, dass nicht mehr Bäume gerodet werden dürften, als neue nachwachsen. Mittlerweile scheint es fast zum Allgemeinplatz zu verkommen. "Stimmt schon, das Wort wird inflationär gebraucht", gibt Hansen zu. "Alles muss nachhaltig sein heutzutage. Da ist viel Greenwashing dabei."

Der 34-jährige Medienbetriebswirt muss aber nicht befürchten, dass jemand unterstellt, Nachhaltica hätte er sich aus PR-strategischen Gründen ausgedacht - als Namen für das Umweltfestival im Steindammpark, das er initiiert hat und bei dem sich an diesem Wochenende voraussichtlich wieder mehr als 15.000 Menschen über Ressourcen schonenden Lebensstil informieren werden. Dazu wirkt der Geschäftsführer der Veranstalter-Firma Morgenwelt selbst zu natürlich, wie er in St.Pauli-Trainingsjacke im Büro sitzt, vor einem Kalendermotiv mit stilisiertem Gemüse und der Parole "Eat local, buy local, grow local". Hansens Motiv bei der Namenswahl liegt jenseits von sprachlichen Modeerscheinungen und Öko-Trends. "Wenn man betrachtet, wie wenig bislang zum Beispiel in Sachen Energiesparen erreicht ist, zeigt sich, dass Maßnahmen für den Klimaschutz bislang zahnlose Tiger waren. Solange das so ist, müssen wir das Thema Nachhaltigkeit weiter verfolgen."

Dem gebürtigen Elmshorner war es schon früh ernst mit der Idee einer lebenswerten Zukunft. Deshalb überzeugte er schon als Zivildienstleistender vor knapp 15 Jahren die Stadt und Initiativen wie Robin Wood und BUND davon, dass Umweltschutz den Bürgern auch Spaß machen kann. Vorausgesetzt, das mitunter moralinsaure Thema werde ihnen in lockerer Partyatmosphäre schmackhaft gemacht. Damals entstand aus Hansens Idee das Streuobstwiesenfest.

Vor vier Jahren wurde daraus die Nachhaltica, bei der am Sonnabend, 25. Mai, von 15 bis 23 Uhr sowie am Wahlsonntag, 26. Mai, von 10 bis 18 Uhr 45 Aussteller unter dem Motto "Umwelt.Genuss.Innovation" ihre nachhaltig erwirtschafteten, regionalen Waren und innovative Ideen vorstellen. Darunter viele Parteien und Initiativen wie etwa die Anti-Atom-Bewegung, Robin Wood, Greenpeace und der ADFC. Dazu gibt es ein Kinderprogramm und Live-Auftritte auf der Bühne.

Damit die Künstler überhaupt auftreten können, bedarf es der Festival-Gäste. Sie können auf speziellen Bikes radeln, um Strom für die Bühnenshows zu generieren. "Wer am längsten durchhält, dem gebe ich einen aus", verspricht Hansen. Falls doch jemand schlapp macht, ist das aber nicht tragisch: "Dank der strategischen Partnerschaft mit den Stadtwerken Elmshorn, die zusammen mit der Sparkasse Südholstein die Nachhaltica sponsern, wird immer genug Strom da sein." Es gehe bei der Aktion mehr um den Aha-Effekt, wie krass das Missverhältnis von Aufwand und Nutzen bei der Energiegewinnung sei.

Hansen selbst hat dieses Projekt unter dem Titel "Morgenwelt rocks - die Fahrraddisko" jedenfalls Sparsamkeit gelehrt. Der Zukunftsvisionär hat sich nach eigenen Angaben schon Hunderte Male selbst abgestrampelt, um Strom für Bühnenauftritte per Muskelkraft zu erzeugen, etwa beim Hurricane Festival. Ihn hat die Aufwand-Nutzen-Bilanz dabei sehr erschreckt. "Auf der Klimawoche in Bielefeld haben wir damit zehn Tage lang Strom erzeugt. Das Ergebnis hatte einen Gegenwert von 60 Cent", seufzt er. "Für mich hat Energieeffizienz seitdem höchste Priorität." Auch privat: Kein elektrisches Gerät lässt er im Stand-By-Modus Energie verbraten, sein Auto hat er sich danach ausgesucht, welches Modell am wenigsten Sprit verbraucht. "Das ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern spart auch Geld", hat er festgestellt. Ein Argument, von dem er hofft, dass es auch die Nachhaltica-Besucher überzeugt. "Meine Mission ist nicht, aus jedem einen Öko zu machen." Ihm gehe es darum zu zeigen, wie jeder vom Energiesparen profitiert. Ohne erhobenen Zeigefinger. "Wir geben Anregungen. Die Erkenntnisse daraus müssen die Leute selbst gewinnen", sagt Hansen.

Dann startet er auf seinem Laptop einen Film aus dem vergangenen Jahr: Jemand flicht eine Kette aus Löwenzahnblüten. Eine Frau spinnt Wolle. Fleisch brutzelt über dem offenen Feuer. Der Morgenwelt-Chef lächelt versonnen. Es wird eine zukunftsweisende Party, das scheint sicher.