2012 gab es kreisweit 244 Aufnahmen ins Kinderschutzhaus und die Bereitschaftspflege

Kreis Pinneberg. Die Zahl der Kinder, die vorübergehend aus ihrer Familie genommen werden, ist im Kreis Pinneberg unverändert hoch. Im vorigen Jahr fanden im Elmshorner Kinderschutzhaus sowie in den Bereitschaftspflegefamilien 244 Kinder Zuflucht. 2011 lag die Zahl der Aufnahmen allerdings bei 272. "Das war ein Ausreißer, der höchste Wert seit Beginn unserer Arbeit im Jahr 2006", sagt Markus Hunke, Leiter des Kinderschutzhauses. Die Zahl von 2012 entspreche dem üblichen Durchschnitt.

Die Perspektive kümmert sich im Auftrag des Kreises um Kinder, die zu ihrem eigenen Schutz in Obhut genommen werden. "Im Kreis Pinneberg wird ungefähr alle 36 Stunden ein Kind aufgrund einer Kindeswohlgefährdung im Kinderschutzhaus oder in einer unserer Bereitschaftspflegefamilien aufgenommen", sagt Hunke. Eine Kindeswohlgefährdung liegt etwa bei einer Vernachlässigung, bei gewaltsamen Übergriffen, bei Alkohol- und Drogenproblemen oder psychischen Erkrankungen der Eltern vor. Zum Teil sind auch die Kinder selbst das Problem: "Wir haben auch Fälle, bei denen die Eltern mit ihrem Nachwuchs nicht zurechtkommen, etwa wenn die Kinder alkohol- oder drogensüchtig sind", so Hunke weiter.

Die Arbeit der Perspektive gliedert sich in zwei Bereiche. Die Bereitschaftspflegefamilien kümmern sich in der Regel um Kinder im Alter bis 13 Jahre. 70 Aufnahmen in diesen Familien gab es 2012. Dort sollen die Kinder in einem schützenden Rahmen, analog zur eigenen Familie, zur Ruhe kommen. Die durchschnittliche Verweildauer ist um zwölf Tage zurückgegangen, sie betrug 2012 durchschnittlich 67 Tage. Gerade bei den langfristigen Unterbringungen handelt es sich größtenteils um Kinder vom Säuglingsalter bis zu einem Alter von drei Jahren.

"Es werden immer wieder Familien gesucht, die bereit sind, Kinder und Jugendliche in Krisensituationen aufzunehmen und sie individuell in dieser schweren Zeit zu begleiten", sagt Perspektive-Mitarbeiterin Inka Risch. Gerade in den Großräumen Barmstedt und Wedel bestehe Bedarf, dort gibt es teilweise gar keine Unterbringungsmöglichkeiten. Aktuell stehen zwölf Familien auf der Liste, die 16 Plätze anbieten. Weil mehrere Geschwisterkinder mit untergebracht werden müssen, haben die Familien zurzeit 18 Kinder in der Betreuung. Weitere Familien können unter Telefon 04121/262 85 96 mit der Perspektive Kontakt aufnehmen.

Zweiter Bereich ist das Kinderschutzhaus. Dorthin kommen Kinder, die älter als 13 Jahre sind. 174 Jugendliche fanden 2012 in einem der acht Doppelzimmer des Kinderschutzhauses ein vorläufiges Zuhause. Die durchschnittliche Verweildauer beträgt 20 Tage. Mit dem Tag der Aufnahme beginnt die Arbeit der Krisenbewältigung, es folgen Gespräche mit den Eltern, Geschwistern und Verwandten sowie mit den offiziellen Stellen des Kreises.

"Alleine können wir die Not nicht bewältigen", sagt Perspektive-Mitarbeiterin Anja Martin. Das gehe nur durch eine vernetzte Arbeit mit Jugendamt, Fachdiensten des Kreises, beteiligten Trägern der Jugendhilfe sowie Hilfsorganisationen und Beratungsstellen. "Eine Inobhutnahme kann nicht die Defizite, die Kinder und Jugendliche erlebt haben, heilen. Doch es gelingt unseren Mitarbeitern immer wieder, korrigierend auf die Entwicklung der jungen Menschen einzuwirken", so Markus Hunke.

Erschreckend sei, dass immer mehr alleinerziehende Eltern überfordert und daher nicht mehr in der Lage seien, adäquat für ihren Nachwuchs da zu sein. Alleinerziehende Eltern haben in der Regel seltener den familiären Rückhalt, der eine Versorgung, Betreuung und Unterstützung der Kinder im verwandtschaftlichen Rahmen ermöglicht. Inzwischen kommen mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen, die im Jugendschutzhaus Aufnahme finden, aus derartigen Familienstrukturen. In den Bereitschaftspflegefamilien waren es sogar 84 Prozent der aufgenommenen Kinder. Für die Mitarbeiter der Perspektive macht dies ihre Arbeit noch schwieriger, weil Kinder aus derartigen Verhältnissen in ihrem jungen Leben bereits diverse negative Erfahrungen gemacht haben. Trennung der Eltern, neue Partner, Wohnungs- und Schulwechsel, Besuchsregelungen und vieles mehr prägen den Alltag der Kinder.

Damit sie auf andere Gedanken kommen können, bietet das Kinderschutzhaus auch einen Freizeitbereich an. Er soll 2013 erweitert werden. Öffentliche Zuschüsse erhält die Perspektive für dieses Projekt nicht. Daher freut sie sich über die Unterstützung der Pinneberger Rotarier, die 17.000 Euro spendeten. Der Freizeitraum wird unter anderem zum Essen, Tischfußballspielen und Fernsehen, aber auch für Schularbeiten genutzt. Künftig soll von dem Raum ein Teil abgetrennt werden können, wenn Kinder Ruhe brauchen. Das kostet 34.000 Euro, 20.000 Euro sind bereits gespendet worden.

www.perspektive-jugendhilfe.de