Schülerin will beim ersten Norddeutschen Piano-Slam in ihrer Heimatstadt siegen

Wedel. Ihr Herz wird wie beim Casting vor Lampenfieber wieder bis zum Hals klopfen, die Finger werden eiskalt auf den Tasten liegen. Dann wird Julija Köhnke ein paar Mal tief durchatmen - und einfach loslegen beim Ersten Norddeutschen Piano-Slam am Pfingstsonnabend, 18. Mai, von 14 Uhr an in der Bootshalle Schuppen 1 am Wedeler Strandbaddamm. Als einzige Lokalmatadorin unter drei weiteren Mädchen und acht Jungen zwischen sieben und 15 Jahren aus ganz Norddeutschland kämpft die 15 Jahre alte Gymnasiastin aus Wedel im Finale um den Sieg.

Am heimischen Flügel wirkt Julija gelassen: "Meistens löst sich die Spannung vor einem Auftritt schnell, wenn man erst einmal angefangen hat." Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ihr ohnehin nicht. Genau sechs Bühnenminuten und zwei selbstgewählte Stücke wird Julija haben, um das Publikum in der Bootshalle zu überzeugen und zu gewinnen. Sie spielt und singt die Ballade "Someone Like You" der britischen Pop-Diva Adele sowie ihre eigene Komposition "River of Love". Beide kürzte sie für den Wettbewerb auf jeweils drei Minuten.

"Mir wäre es ja lieber gewesen, wenn sie Chopin gespielt hätte", sagt Stiefvater Peter. Der polnisch-französische Romantiker ist zwar auch Julijas Lieblingskomponist, aber: "Das passte einfach nicht so gut in diesen Wettbewerb wie ein eigenes Stück", sagt sie. Beim Piano-Slam geht es nach Angaben der Veranstalter um den Pianisten Mathias Christian Kosel anders als bei klassischen Wettbewerben nicht zuletzt um einen originellen Auftritt. Gerade diese spielerische Note habe sie am Piano-Slam besonders gereizt, sagt Julija.

Abgesehen von einem Bechstein-Wettbewerb vor einigen Jahren hat die Schülerin des Gymnasiums Rissen einen weiten Bogen um solche Tasten-Turniere gemacht, zeigte ihr Können nur bei schulischen Veranstaltungen. Umso überraschter war sie, als der Brief mit der freudigen Nachricht ihrer Finalteilnahme im Elternhaus eintrudelte. "Ich hatte damit gar nicht gerechnet und habe mich total gefreut."

Die Musik liegt Julija im Blut. Der Cousin ihrer litauischen Großmutter studierte in Italien Musik, sang an der Mailänder Scala und leitete bis vor wenigen Jahren das Opernhaus der litauischen Hauptstadt Vilnius. Die Piano-Prinzessin begann erst als Zehnjährige mit dem Klavierspiel. Dabei war sie dem Charme der schwarzen und weißen Tasten schon mit vier verfallen, als sie in einer Lübecker Kindergruppe erste musikalische Erfahrungen sammelte. "Sie konnte die Augen nicht vom Klavier lassen, war völlig fasziniert davon", sagt Mutter Romi.

Entsprechend stiefmütterlich behandelte die Kleine das Glockenspiel, das Vater Peter ihr damals in bester Absicht schenkte. "Auch das Instrumentenkarussell an der Musikschule hätten wir uns schenken können", sagt er heute mit einem Augenzwinkern. "Es sollte immer nur das Klavier sein." Auf einem Spielzeug-Keyboard, das sie als kleines Mädchen zu Weihnachten bekam, brachte Julija sich noch am selben Abend das Lied "Bruder Jakob" bei. "Sie packte es aus, strahlte, verschwand zwei Stunden von der Bildfläche - und spielte uns dann stolz das Lied vor", sagt die Mutter. Als die Eltern Julija dann doch ein Klavier kauften, waren nicht alle Nachbarn der damals noch in Rissen lebenden Familie begeistert. Den ersten Klavierunterricht nahm Julija in der Wedeler Musikschule, heute lernt sie im Musikzentrum Schulauer Hof. Julija spielt auch Geige und Gitarre. "Aber das Klavier liegt mir am meisten", sagt sie. "Man kann die Musik damit am besten variieren, und ich kann mich beim Singen selbst begleiten."

Der Piano-Slam beginnt um 14 Uhr. Karten gibt es zu jeweils zehn Euro im Vorverkauf unter Telefon 04103/70 77 07 und im Wedeler Restaurant elbe1, Strandbaddamm 18.