Ellerhooper irrt wegen widersprüchlicher Notdienst-Ausweisung durchs Kreisgebiet. Neues Notdienstsystem kommt erst 2015.

Ellerhoop. Für Wolfgang Meckel ist der 24. April in unguter Erinnerung. Gute Freunde von ihm bekamen nachmittags Fieber, abends war es angestiegen auf 40 Grad. Der kassenärztliche Bereitschaftsdienst riet am Telefon zur Einnahme von Paracetamol, eine Apotheke musste her. Nicht einfach für zwei erkrankte Menschen ohne Auto in einem Dorf wie Ellerhoop, nachts um 23.30 Uhr. Meckel bot ihnen an, den Apothekengang zu übernehmen.

Zunächst fuhr der Ellerhooper mit seiner Frau zur Adler-Apotheke in den Nachbarort Tornesch - wo jedoch die Rathaus-Apotheke in Uetersen als Notdienst-Apotheke genannt wurde. Also auf nach Uetersen. Dort angekommen stand das Paar allerdings vor verschlossenen Türen. Ein Leuchtdisplay im Fenster verwies auf die Sandberg-Apotheke in Elmshorn. Darüber entdeckte Meckels Frau noch einen Aushang. Betreff: Schließung der Sandberg-Apotheke, eine Umverteilung der Notdienste sei nötig. Für den 24. April wurde die Sonnen-Apotheke als Ersatz genannt. Zunehmend nervös fuhren Meckels zur Sonnen-Apotheke in der Schanzenstraße in Uetersen. Fehlanzeige: Dort angekommen, fanden die Meckels erneut verschlossene Türen vor. Stattdessen ein Schild mit dem Verweis auf eine Apotheke in Elmshorn.

"Mittlerweile waren wir mit unseren Nerven am Ende und trieben letztendlich das Paracetamol bei Freunden auf", sagt Meckel. Ein derartiger Versorgungsnotstand könne allerdings auch Leben in Gefahr bringen, sagt Meckel. Er beschwerte sich beim Apothekerverband. Viel nützen dürfte das nicht. Denn ob wirklich falsche Aushänge an der Odyssee schuld waren, lässt sich kaum mehr klären. Nur die Sache mit der geschlossenen Sonnen-Apotheke in Uetersen ließ sich gesichert aufdecken. Es gibt nämlich eine Apotheke gleichen Namens in Elmshorn, die Meckels waren zur falschen gefahren . . .

Dennoch - ähnliche nächtliche Irrläufe durch die Apothekenlandschaft dürften öfter vorkommen. "Seitdem die Apotheken in Uetersen, Tornesch und Elmshorn zu einem Notdienstkreis zusammengeschlossen sind, sind die Kunden oft verwirrt, weil sie nicht wissen, wohin sie sollen", sagt beispielsweise Apothekerin Susann Erdmann von der Rathaus-Apotheke Uetersen. "Und die Teildienst-Regelung verstehen auch die wenigsten." Teildienst heißt, dass die Apotheke in der Woche bis 20 Uhr geöffnet haben muss und am Wochenende jeweils von 9 bis 18 Uhr. Eingeführt wurde das System zur selben Zeit wie die Notdienstkreise, eigentlich zur Unterstützung für Patienten. Seither haben die Notdienstkalender und Aushänge an den Apotheken jeweils zwei Spalten. Eine für den Teildienst, eine für den 24-Stunden-Notdienst. In der nächtlichen Aufregung leider für Betroffene eine Gelegenheit mehr, den Notdienstplan falsch zu lesen.

Richtig Sinn machen die Teildienste aus Sicht der regionalen Apotheker ohnehin nicht. "Für Patienten sind das vor allem wochentags und am Sonnabend eher erweiterte Öffnungszeiten, das sehen manche sicherlich als angenehme Bereicherung. Für uns als kleine Apotheke ist das aber belastend, dann steht man hier noch ein oder zwei Stunden länger", sagt Dietmar Hennings von der Adler-Apotheke in Tornesch. Aber auch während der 24-Stunden-Notdienste kämen kaum wirkliche Notfälle, so der Apotheker. "Geklingelt wird nachts eher mal für Lindenblütentee, Schwangerschaftstest oder Babynahrung", sagt Hennings.

Ab 2015 sollen die Notdienste landesweit koordiniert werden

Das Medikament für seine Freunde hätte Wolfgang Meckel am 24. April am besten aus der Brunnen-Apotheke in Rellingen besorgt. Die wäre zwar von Ellerhoop etwas weiter entfernt, mit der günstigen Verbindung über die A 23 jedoch schneller erreichbar. Rellingen gehört aber zu einem anderen Notdienstkreis, in dem die Orte Pinneberg, Wedel, Halstenbek, Rellingen, Holm und Appen zusammengefasst sind. Verzahnt oder gegenseitig ausgehängt sind die zwei Notdienstkreise nicht. "Es kann auch passieren, dass sowohl in Prisdorf als auch im nur fünf Kilometer entfernten Tornesch eine Apotheke Notdienst hat. Das ist wenig sinnvoll", sagt Apotheker Hennings.

Dass eine zentralere Regelung Sinn machen würde, weiß auch die Apothekerkammer. Sie plant eine Reform der Notdienste. "Ab 2015 wollen wir diese landesweit organisieren, sozusagen aus der Vogelperspektive", sagt Dr. Karl-Stefan Zerres von der Apothekerkammer Schleswig-Holstein. Dann soll auch der Teildienst abgeschafft werden. Für den werde es keinen Bedarf mehr geben, so Zerres.

Das befreundete Ehepaar der Meckels in Ellerhoop ist übrigens wieder wohlauf - dank des Paracetamols aus der Nachbarschaft.