Rettungsdienst-Mitarbeiter weisen auf Mängel in der Leitstelle hin, die Menschenleben gefährden. Die Politik fordert Abhilfe.

Kreis Pinneberg. Der Brandbrief von Landrat Oliver Stolz dürfte heute im Kieler Innenministerium eingehen. In dem Schreiben fordert der Landrat Innenminister Andreas Breitner, SPD, auf, die massiven technischen Probleme in der Kooperativen Regionalleitstelle Elmshorn endlich zu beseitigen. Seit Inbetriebnahme der Einrichtung im Juni 2010 erschweren nicht nur massive bauliche Mängel die tägliche Arbeit der Mitarbeiter, auch die Technik macht immer wieder Probleme. Inzwischen mehren sich Stimmen aus der Politik, die einen Neubau der Leitstelle inklusive neuer Technik fordern.

In Elmshorn werden Wand an Wand zwei Leitstellen betrieben, die für die Kreise Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen zuständig sind: Eine für Feuerwehr und Rettungsdienst (Notrufnummer 112), eine für die Polizei (Notruf 110). Die technische Ausstattung ist identisch, sie stammt von einer Firma aus Österreich. Bis 2010 befand sich in Elmshorn nur die Rettungsleitstelle. Mit dem Anbau für die Polizei wurde auch die Technik ausgetauscht. Damals begannen die Probleme. Der Neubau weist massive Baumängel auf, unter anderem was die Klimaanlage und die Belüftung angeht. Dass auch die Technik immer wieder streikt, war bislang nur wenigen bekannt.

Dass dies jetzt einer breiten Öffentlichkeit bewusst wurde, ist einem Offenen Brief von Mitarbeitern des Rettungsdienstes zu verdanken. Sie weisen auf die Auswirkungen hin, die durch den Ausfall der Technik entstehen. Notrufe werden nicht oder nur verzögert angenommen. Das Funknetz, mit dessen Hilfe Polizei- und Rettungskräfte kommunizieren, bricht zusammen, so dass die Einsatzkräfte sich per Handy verständigen müssen. Das GPS-Ortungssystem, mit dem der Disponent in der Leitstelle die Standorte und die Verfügbarkeit der Fahrzeuge abrufen kann, liefert keine oder falsche Daten. Das alles führt dazu, dass die Hilfe später am Einsatzort eintrifft. Möglicherweise, so heißt es in dem Brief, haben diese Probleme zum Tod von Menschen geführt.

Das will Stephan Bandlow-Hoyer, der den Feuerwehr und Rettungsdienst-Teil der Leitstelle verantwortet, so nicht stehen lassen. "Wir überprüfen alle Fälle und haben keine Anhaltspunkte dafür, dass es deswegen zu Todesfällen gekommen ist." Was Fragen zu den technischen Problemen angeht, verweist er an den Kreis, der Träger des Rettungsdienstes ist. Landrat Oliver Stolz räumt regelmäßige Störungen in der Technik ein. Sie könnten in der Regel jedoch schnell behoben werden. "Die Erreichbarkeit der Leitstelle und die unverzügliche Alarmierung der Einsatzkräfte hat höchste Priorität", so Stolz. Ursache der Probleme sei die vom Land beschaffte Leitstellentechnik.

Das zuständige Landespolizeiamt räumt auf Anfrage ein, dass die Elmshorner Leitstelle störanfälliger als die übrigen Einrichtungen im Land ist. Das System sei bisher noch nirgends in Deutschland im Einsatz und das Störungsbild derart vielfältig, sodass es nicht eine entscheidende Ursache beziehungsweise Lösung gebe. Das Landespolizeiamt will in allen Leitstellen des Landes die Hard- und Software konsolidieren und stabilisieren. Dabei soll ein neues Testlabor helfen, in dem Systemveränderungen durch das Einspielen neuer Softwareprodukte und durch den Austausch von Hardwarekomponenten geprüft werden können.

Die in Elmshorn eingesetzte Technik befinde sich im Regelbetrieb auch in den drei anderen Regionalleitstellen sowie im Lage- und Führungszentrum des Innenministeriums. Die Gesamtabnahme des Systems sei noch nicht erfolgt. Die Beseitigung der Probleme obliege in erster Linie der Herstellerfirma. Sie habe bereits vom Land Folgeaufträge erhalten, um keine sachfremden Firmen mit der Betreuung und Weiterentwicklung der sehr komplexen Technik betrauen zu müssen.

Unterdessen ist die Politik alarmiert. Vertreter von CDU und SPD wollen ihre Mandatsträger im Landesparlament einschalten, um Druck auf Kiel auszuüben. "Wir müssen dem Innenministerium auf die Füße treten, damit schnell etwas passiert", fordert etwa CDU-Fraktionschefin Heike Beukelmann. Thomas Giese (Grüne) hält eine Rückkehr zur früheren Lösung, als Polizei und Rettungsdienst über getrennte Leitstellen verfügten, für denkbar. Burghard Schallhorn (Kreiswählergemeinschaft) beklagt viele Fehler in der Vergangenheit, was Gebäude und Technik angeht, und fordert eine zügige Problembehebung. Und Klaus G. Bremer (FDP) bringt einen Neubau an anderer Stelle, etwa im Verbund mit der neuen Kreisfeuerwehrzentrale in Tornesch, ins Spiel. Dann könnte auch eine neue Technik integriert werden. "Das müssten aber alle drei beteiligten Kreise und das Land finanziell mittragen."