Stadt will vor Gericht für die Anwohner eine Erdverkabelung der 380.000-Volt-Leitung durchsetzen

Quickborn. Die Stadt Quickborn wird gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Bau der 380.000-Volt-Höchstspannungsleitungen klagen. Bürgermeister Thomas Köppl begründete diesen Schritt am Donnerstag mit den Worten: "Die hohe Belastung eines ganzen Ortsteils mit elektromagnetischer Strahlung ist absolut inakzeptabel." Am südlichen Stadtrand wären seiner Ansicht nach 200 Grundstücksbesitzer sowie etwa 1000 Schüler und Sportler am Schulzentrum-Süd in ihrer Gesundheit gefährdet, wenn diese Freileitungen wie planfestgestellt auf der Bestandstrasse gebaut würden. Die Klage werde fristgemäß bis zum 26. Mai beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eingereicht.

Mit der Klage hat die Stadt die Kanzlei Mohr in Hamburg beauftragt, die gerade für Umweltverbände die Elbvertiefung gestoppt hat. So ist Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck fest davon überzeugt, nicht nur eine Verschwenkung der Trasse oder eine Erdverkabelung vor Gericht zu erstreiten. Der Verwaltungsrechtler geht davon aus, dass die Landesbehörde in Kiel von sich aus den Baubeginn dieser 380-KV-Leitung aussetzen werde, solange über die Klage nicht entschieden ist. Oder das BVG werde dem Eilantrag auf Baustopp zustimmen, den seine Kanzlei mit Einreichung der Klage begründet in Leipzig vorlegen werde. Die Anwalts- und Gerichtskosten trage die Stadt, sagte Köppl. Diese würden zwischen 10.000 und 100.000 Euro liegen, sagt Anwalt Nebelsieck, je nachdem wie hoch das Gericht den Streitwert festlege.

Die Klage wird sich weniger auf die Strahlenbelastung berufen, die zwar von den Anwohnern und vielen Fachleuten als zu hoch eingeschätzt wird, aber innerhalb der Grenzwerte bleibt. Vielmehr will die Stadt den Bau der Höchstspannungstrasse formaljuristisch anfechten. So argumentiert Anwalt Nebelsieck, dass der 234-seitige Planfeststellungsbeschluss der Kieler Behörde nicht verfassungsgemäß sei und gegen geltendes EU-Recht verstoße. Diese Rechtsauffassung hat er bereits der Stadt in einem 43-seitigen Gutachten dargestellt. "Wir gehen nicht unvorbereitet in das Klageverfahren", sagte Köppl.

Knackpunkte sind für Anwalt Nebelsieck die sich widersprechenden Paragrafen des Energieeinleitungsgesetzes (EnLAG), das der Bundestag vor drei Jahren im Eilverfahren entschied. Darin wird einerseits eine Erdverkabelung als gebotene Alternative zu Freileitungen beschrieben, wenn die nächste Wohnbebauung weniger als 400 Meter entfernt liegt. Gleichzeitig wird in demselben Gesetz die Erdverkabelung auf nur vier Pilotprojekte in Niedersachsen beschränkt. Damit würden mögliche Alternativen unnötig eingeengt und nicht ausreichend geprüft, führt Nebelsieck aus. Zudem habe sich der Bund mit dem EnLAG zu weit aus dem Fenster gelehnt, da er hier eine bundeseinheitliche Regelung vorschreibe, die nicht im Interesse der Bundesländer sein könne und damit verfassungswidrig sei. Köppl: "Quickborn ist nicht der Mittelpunkt der Welt. Aber wir können mit unserer Klage die Energiewende verzögern."