Serie: Begeisterte Slalomfahrer und Rallye-Piloten treffen sich beim Barmstedter Automobil-Club. Es gibt sogar einen Clubwagen - seitdem steigt die Mitgliederzahl

Barmstedt. "Hütchenschubser sind das, Schönwetterfahrer. Wenn irgendwas das Auto leicht berührt, steigen die aus und gucken sich das besorgt an", sagt Ralf Wendrich. "Und ihr seid Schrottfahrer. Kaputtmacher seid ihr auch", tönt es mehrstimmig aus der anderen Ecke des Raums. Alle lachen. Beim wöchentlichen Clubabend des Barmstedter Automobil-Clubs (BAC) "gehören die Frotzeleien zwischen Rallye- und Slalomfahrern einfach dazu", sagt der Sportliche Leiter Wendrich. Natürlich hätten beide Sparten ihre Berechtigung im Club.

Der Verein ist ein Phänomen. Die Mitglieder besitzen keine Trainingsmöglichkeit, sind aber trotzdem extrem eifrig bei der Sache. "Wir nehmen an vielen Wettbewerben teil. Unsere Fahrer wollen sich immer verbessern", sagt der Vorsitzende Christian Steuer. Zu diesem Zweck steht den Mitgliedern zusätzlich zu den eigenen Autos ein BMW 318i s mit 136 PS und 1,8 Litern Hubraum zur Verfügung. Ein Mitglied stiftete den Wagen 2011.

In gemeinschaftlicher Arbeit wurde das Auto zum Clubwagen umgerüstet. Finanziert wird es über Sponsoren und eine kleine Startgebühr für jeden, der bei Slalom-Wettbewerben damit fahren will. Eingesetzt wird es vor allem für die Nachwuchsförderung. "Wir haben 20 Mitglieder dazugewonnen. Es ist schön, wenn man bei Veranstaltungen damit werben kann, einen eigenen Wagen zu besitzen, in dem jedes Mitglied sitzen darf", sagt der stellvertretende Vorsitzende Klaus Voß.

Doch nicht nur bei prestigeträchtigen Rennen wie der Wikinger-Rallye durch Schleswig-Holstein oder der Atlantis-Rallye in Kaltenkirchen kann der Club Werbung in eigener Sache betreiben. Im Tornescher Gewerbegebiet an der Merianstraße veranstalten die Barmstedter jährlich einen eigenen Club-Slalom. 2012 nahmen 130 Fahrer teil. Orange-weiße Hütchen, sogenannte Pylonen, müssen auf dem 800-Meter-Kurs auf verschiedene Weise geschickt umfahren werden. Für jedes umgeworfene Hütchen gibt es Strafpunkte, die zur Gesamtzeit addiert werden. "Die Veranstaltung ist sehr beliebt", sagt Christian Steuer.

Wer eine Pylone umwirft, kann schon fast nicht mehr gewinnen. "Da ist höchste Präzision gefragt." Diese legen die Barmstedter Fahrer nicht nur bei diesem Wettbewerb an den Tag. Im vergangenen Jahr wurde die ADAC-Nachwuchsmeisterschaft von Schleswig-Holstein - ausgeschrieben als Wettbewerb für Fahrer jeden Alters, die noch nicht zwei Jahre dabei sind - zu Festspielen des BAC. Patrick Schmechel wurde Erster, Christian Heise Zweiter, Marcel Rösner Dritter und Christian Steuer Vierter.

Seinen besten Rallyefahrer gewann der Verein 2008 übrigens über den eigenen Club-Slalom für sich. "Ich fuhr an der Anlage vorbei, sah die Plakate. Da habe ich mal nachgefragt", sagt Helge Tamm. Nach der Vorstellung im Verein ging alles ganz schnell. Tamm entschied sich, Rallyefahrer zu werden.

500 Stunden steckten er und seine Kollegen in den Umbau seines BMW M 3. "Ob Sicherheitszelle, Sportsitze, Fahrwerk, Reifen, Bremsanlage, Getriebe, Hinterachse - immer, wenn was fertig war, wurde die Vorfreude größer", sagt Tamm. Als der Wagen startklar war, legte er pfeilschnell los. 2011 gewann er den Rallye-Sprint-Cup, die norddeutsche Meisterschaft mit 17 Rennen über 30 bis 40 Kilometer. 2012 wurde er wieder norddeutscher Meister, beim Rallye-Cup, mehreren Läufen über 80 bis 120 Kilometer. "Die körperliche Belastung ist sehr hoch, die geistige noch höher", sagt Tamm. Er muss genau auf seinen Beifahrer hören, der bei Geschwindigkeiten von bis zu 200 Kilometer pro Stunde den Streckenverlauf der Piste per Karte ansagt. "Eine Rallye zu fahren hat viel mit Streckenkenntnis und Fahrgefühl zu tun, aber nichts mit blinder Raserei, wie viele immer glauben", sagt Voß. Und auch nichts mit einer wilden Ellenbogengesellschaft. Bei einer Rallye in Groß Dölln lieh Tamm seinem ärgsten Konkurrenten Fabian Pirrone in einer Fahrpause sogar Ersatzreifen, damit dieser zu Ende fahren konnte.

"Zum Dank hat er uns allen den Hintern versohlt und gewonnen", sagt Tamm und grinst. "Das machen wir so. Ich habe mal mit anderen Fahrern die leckgeschlagene Ölwanne eines anderen Fahrers repariert", ergänzt Wendrich. Mit solchen Autoschäden müssten sich die Hütchenschubser natürlich nicht herumschlagen. "Kaputtmacher", ruft einer. Alle lachen.