Kritik an Lebenshilfe-Geschäftsführer Behrens wegen Schäferhof-Plänen nimmt zu - auch in den eigenen Reihen

Appen. Der Streit zwischen Michael Behrens, Geschäftsführer des Pinneberger Lebenshilfeverbundes, und den Förderern und Einstellern des Integrativen Reitsportzentrums auf dem Schäferhof in Appen spitzt sich zu. Fast 100 Reiter, Einsteller, Eltern von Kindern mit Behinderungen und Lebenshilfe-Mitarbeiter kamen am Donnerstagabend zu einer offenen Versammlung im Appener Heidekrug. Die Entscheidung von Behrens, 19 Einstellern zu kündigen und die Zukunft der Reittherapie infrage zu stellen und sich jedem Dialog zu entziehen, ruft Fassungslosigkeit hervor. Vor allem die Mitarbeiter des Lebenshilfe-Kindergartens in Appen sind entsetzt: Die Reittherapie ist dort zentrales Angebot.

Seit der Einweihung des Integrativen Reiterhofes im Jahr 2009 bietet Petra Heidorn mit ihren sechs Pferden therapeutisches Reiten an - als Subunternehmerin der Lebenshilfe. 130 bis 150 Kinder mit Handicap werden dort pro Jahr betreut. Dass Heidorn dieses Therapieangebot wegen der wirtschaftlichen Pläne des Lebenshilfe-Geschäftsführers bald nicht mehr anbieten kann, schockiert auch Lebenshilfe-Mitarbeiter. Sie sprechen von einem inakzeptablen Verhalten. Behrens zerstöre das wirtschaftliche und moralische Fundament der Lebenshilfe, säge an dem Ast, auf dem er sitze.

36 Menschen mit Behinderung arbeiten auf dem Betrieb, auf dem 120 Pferde stehen. Schwarze Zahlen hat der Hof nie geschrieben. Daher hat Behrens im April die Reißleine gezogen und eine Neuausrichtung des Lebenshilfeprojektes angekündigt. Die Ausgaben sollen reduziert werden, die Einnahmen gesteigert, indem etwa die Pferdeboxen drastisch teurer vermietet werden. Der Ankündigung ließ er Taten folgen: 19 Mieter der ersten Stunde erhielten ihre Kündigung. Petra Heidorn und auch Mitarbeiter des Appener Lebenshilfe-Kindergartens sehen nun ihre wirtschaftliche Existenz in Gefahr.

Die Betroffenen wollen seit Tagen mit Behrens die Lage diskutieren, eine allgemeinverträgliche Lösung suchen. Die soll verhindern, dass sowohl die Schäferhof-Mitarbeiter mit Handicap als auch Kinder mit Behinderung am Ende als Verlierer dastehen. Gegenüber dem Abendblatt ließ Behrens mitteilen, dass er nichts mehr zu der Sache sagen werde. Wie die Zukunft des Lebenshilfe-Kindergartens aussehen wird, ist somit ebenso ungewiss wie die Zukunft der auf dem Schäferhof Beschäftigten.

Christian Hillbrandt von der Gruppe der Förderer gab bei der Versammlung bekannt, dass unter anderem Landrat Oliver Stolz als Aufsichtsratsmitglied und auch die Gesellschafterversammlung eingeschaltet worden seien. Der Landkreis habe bisher aber keinen Handlungsbedarf erkannt. Eine Reaktion der Gesellschafterversammlung stehe noch aus. "Wir hoffen, dass Herr Behrens nun genau beobachtet wird. Wir werden alle wichtigen Fakten sammeln und an die sozialen Träger weitergeben", kündigte er an.

Hillbrandt kritisiert zugleich, dass Behrens nicht offen und ehrlich mit den Menschen rede. "Herr Behrens verheimlicht Geschäftszahlen, damit seine Argumentation der wirtschaftlichen Notlage nicht angegriffen werden kann. Das ist nicht in Ordnung. Wir wollen mehr Transparenz", sagt Hillbrandt. Dass die Erhöhung der Boxen-Mietpreise den Reiterhof finanziell retten würde, sei anhand der recherchierten Geschäftszahlen nicht nachvollziehbar. "Wenn wirtschaftliche Probleme bei der Lebenshilfe bestehen, dann woanders als auf dem Reiterhof", sagt Hillbrandt.

Kritisch wird auch die Personalie Swantje Maaß gesehen. Die Einstellerin, die 19 Boxen für Pferde in einem der Ställe erhalten soll, hatte sich den übrigen Mietern nicht als Mieterin sondern als neue "Koordinatorin Reitsport und Service" vorgestellt. Zudem, so Hillbrandt, sei Maaß als Öffentlichkeitsarbeiterin fest eingestellt worden, um das Image des Reithofes zu verbessern und so zahlungskräftige Kunden zu gewinnen. "Sie arbeitet somit nicht ehrenamtlich, wie Herr Behrens es uns glauben machen will", sagt Hillbrandt.

Bei den Förderern des Reiterhofes entstehe zunehmend der Eindruck, dass Behrens nur in Geldkategorien denke und dass ihm die Schicksale der Menschen mit Handicap relativ gleichgültig seien. An das Leitbild der Lebenshilfe halte er sich nach Ansicht der Betroffenen in großen Teilen nicht. Es stelle sich somit, so die Gruppe, "zunehmend die Frage nach der Qualifikation von Herrn Behrens". Sein Handeln wirke "wenig professionell".