Unternehmen hat sich illegal in Rellingen angesiedelt. Gemeinde will den Zustand beenden, der Kreis duldet die Firma. Inzwischen haben sich einige Anwohner bei der Gemeinde beschwert.

Rellingen. Die Laster der Spedition, deren Lärm den Rellinger Werner Köhler frühmorgens aus dem Schlaf reißen, dürfte es eigentlich gar nicht geben. Zumindest nicht an dieser Stelle. Denn das Unternehmen, das seit einiger Zeit von der kleinen Winzeldorfer Straße aus operiert, ist dort illegal. Und trotzdem wird es von der Genehmigungsbehörde dort geduldet. Werner Köhler kann das nicht verstehen. Und er ist nicht allein. Inzwischen haben sich diverse seiner Nachbarn bei der Gemeinde beschwert.

Werner Köhler wohnt am Ellerbeker Weg, er spricht von etwa 40 ebenfalls betroffenen Nachbarn. Von seinem Garten aus schaut er direkt auf die Fläche, auf der die Laster stehen. "Die kommen teilweise spätabends an und fahren morgens sehr früh weg", sagt der Rellinger. Zum Komplex gehört auch eine Halle, die frühere Pflanzenhalle der Baumschule Timm. "Seit die Baumschule dort nicht mehr existiert, stand die lange Zeit leer", so Köhler weiter. Irgendwann wunderte er sich über die großen Speditionslaster, die dort parkten. "Die kleine Zufahrtsstraße zu dem Gelände ist von den riesigen Lkw schon total kaputt gefahren worden", beklagt sich der Anwohner.

Eine Klage, in die auch Bauamtsleiter Tom Rasmussen einstimmt. "Das Gelände ist für den Betrieb einer Spedition total ungeeignet, weil keine ausreichende Erschließung gegeben ist", so der Chef des Bauamtes. Nach seinen Worten sei die Gemeinde erst durch die Beschwerde der Nachbarn auf die Situation vor Ort aufmerksam geworden und habe dem Unternehmen sofort signalisiert, dass es dort nicht geduldet werden könne.

"Eine gewerbliche Nachnutzung des Geländes ist natürlich möglich, aber nicht in dieser Weise", sagt Rasmussen. Weil die Gemeinde aufgrund ihrer Größe über keine eigene Bauaufsicht verfügt, musste sie den Fall an die Kreisverwaltung als zuständige Bauaufsichtsbehörde abtreten.

"Wir bekamen dann einen Antrag des betroffenen Unternehmens auf eine Nutzungsänderung. Die ehemalige Pflanzenhalle sollte durch die Spedition genutzt werden", sagt Marc Trampe, Sprecher der Kreisverwaltung. Dieses Ansinnen sei nach Rücksprache mit der Gemeinde mit Hinweis auf die Lärmbelästigung der Anwohner und die ungenügende Erschließungslösung abgelehnt worden. Trampe: "Wir haben zudem den Sofortvollzug unserer Entscheidung angeordnet."

Das heißt, dass die Spedition von diesem Moment an das Gelände hätte räumen müssen. Das passierte jedoch nicht. Das Unternehmen ist weiterhin dort ansässig - und wird inzwischen vom Kreis geduldet. "Die Duldung wird nicht zum Dauerzustand", verspricht Trampe. Warum die Spedition bis auf weiteres dort bleiben kann, will der Kreissprecher mit Verweis auf den Datenschutz nicht erklären. Er sagt nur so viel: "Unsere Entscheidung, den Zustand zunächst zu dulden, entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit."

Nach Abendblatt-Informationen soll der Geschäftsführer der Spedition schwer krank und nicht in der Lage sein, Entscheidungen über die Zukunft des Unternehmens zu fällen. Eine Vertreibung von dem Rellinger Standort würde vermutlich das Aus für die Firma bedeuten, die laut ihrer Internetpräsenz dort nicht nur Fahrzeuge und Halle betreibt, sondern auch ihr zentrales Büro unterhält.

"Wir haben im Gegenzug für die Duldung Auflagen erlassen, an die sich das Unternehmen auch hält", sagt Trampe weiter. So parken die Fahrzeuge an einer anderen Stelle des großen Grundstücks, so dass die Lärmbelästigung für die Anwohner gesunken ist.

Werner Köhler hat davon allerdings nichts mitbekommen. "So geht es nicht weiter", sagt der erzürnte Anwohner. Er bezeichnet das Verhalten des Kreises und der Gemeinde als eigenartig.

"Uns sitzen die Bürger im Nacken", sagt Andrea Reichert vom Fachbereich Planen und Bauen im Rellinger Rathaus. Die Gemeinde sei in diesem Fall ständig mit der Kreisverwaltung im Dialog. So hat die Gemeinde nun auch den Kreis gebeten, die Rechtmäßigkeit weiterer Firmen, die sich auf dem ehemaligen Baumschulgelände am Winzeldorfer Weg angesiedelt haben, zu überprüfen. Es geht um eine Kfz-Werkstatt sowie einen Messebetrieb. Sie könnten jedoch vermutlich im Nachhinein legalisiert werden. Auch eine Auskofferung auf dem Gelände, die inzwischen wieder zugeschüttet wurde, steht im Fokus der Gemeinde.

Sie wird vermutlich für die entstandenen Schäden an der kleinen Zufahrtsstraße aufkommen müssen. Weil der Zustand der Straße vor der Ansiedlung der Spedition nicht dokumentiert ist, kann die Firma nicht als Verursacher überführt werden.