Nach der 27. Benefizveranstaltung für schwerkranke Kinder liegt das Spendenvolumen bei mehr als fünf Millionen Euro

Appen. Einen Tag nach der Benefizveranstaltung der Superlative war Rolf Heidenberger die Erschöpfung anzumerken. Die Stimme von "Mr. Appen musiziert" war heiser, viel Schlaf hat der 62-Jährige nach der fast achtstündigen Musikshow am Sonnabendabend nicht bekommen. Dennoch stand Heidenberger auch am Sonntag den Medien geduldig Rede und Antwort. Er konnte gute Neuigkeiten verkünden: "Wir haben die Fünf-Millionen-Euro-Grenze ganz deutlich überschritten."

Wie hoch die Spendensumme genau ist, steht erst am Montagnachmittag fest. "Wir waren erst nach 3 Uhr nachts aus der Halle raus und hatten keinen Elan mehr, das alles genau auszuzählen." Vor der 27. Veranstaltung unter dem Motto "Appen musiziert" lag die Spendensumme, die für krebs- und schwerstkranke Kinder zusammen gekommen war, bei 4,66 Millionen Euro. "Uns fehlten 334.000 Euro", sagt Heidenberger. Nach seinem Gefühl sind zwischen 350.000 und 400.000 Euro in der Kasse gelandet, die nun ohne Abzüge weitergereicht werden. "Wir werden am Montag die ganzen Sparschweine leeren und das Geld zählen, dann steht das genaue Ergebnis fest." Herauskommen wird, davon ist der 62-Jährige überzeugt, ein neuer Spendenrekord für eine Abendveranstaltung.

Eigentlich war alles rund um die 27. Veranstaltung rekordverdächtig. 4300 Besucher hielten sich in der Distelkamphalle auf. 3000 Grillwürstchen, 1400 Nackensteaks, 600 Burger, 170 Kilogramm Bratkartoffeln, 150 Liter Erbsensuppe, 250 Fischbrötchen, 1500 Liter Bier, 300 Flaschen Sekt und 300 Flaschen des Modegetränks Hugo sowie 600 Liter alkoholfreie Getränke - alle diese gespendeten Vorräte fanden Abnehmer. "Wir waren zum Ende hin praktisch ausverkauft", sagt Heidenberger. "Bemerkenswert ist auch, dass fast alle Besucher bis zum Ende geblieben sind."

Letzteres ist dem großen Staraufgebot und der grandiosen Stimmung zu verdanken. Die Distelkamphalle wurde zum Hexenkessel. Bereits um 13.30 Uhr standen die Menschen Schlange, um die letzten Restkarten zu ergattern. Als sich um 16.45 Uhr die Türen öffneten, standen mehr als 1000 Personen vor der Halle. Die 800 Stühle, die 500 Plätze auf Bierbänken und die 250 Sitzgelegenheiten auf der Tribüne waren fünf Minuten später belegt. Wer dann kam, musste stehen. Das führte zu Ärger. "Einige haben sich beschwert und wollten ihr Geld zurück", so Heidenberger. "Für den Spottpreis von 15 Euro präsentieren wir ein Staraufgebot, dass es so nirgends anders gibt. Für das Geld kann man nicht auch noch einen Ohrensessel erwarten."

Traditionell eröffnete der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Appen, der offizieller Veranstalter der Super-Sause ist, die Benefizshow. Es folgte ein Highlight auf das andere. Dazu gehörte auch der Auftritt eines 120 Mitglieder starken Kinderchors, bestehend aus Schülern des Gymnasiums Schenefeld und der Appener Kirchengemeinde.

Die Veranstaltung kam auch bei Innenminister Andreas Breitner, SPD, gut an. "Das alles hier ist nicht normal." Heidenberger und seine Helfer seien positiv Verrückte, so Breitner. Und auch die Künstler wurden zu "Appen musiziert"-Fans. "Man muss einfach hier gewesen sein", sagte Schlagerstar Claudia Jung. Startrompeter Walter Scholz räumte ein, mit einer gewissen Portion Skepsis angereist zu sein. "Ich habe so etwas tolles noch nicht erlebt. Was hier geleistet wird, ist einmalig in Deutschland."

Was seit 1990 in der kleinen Gemeinde ehrenamtlich auf die Beine gestellt wird, ist inzwischen europaweit bekannt. Die Anreise aus Wien nahmen Mike Dee & David in Kauf. Das Newcomer-Schlagerduo war von der Benefizshow so begeistert, dass sie ihr immer einen festen Platz im Terminkalender einräumen wollen. "Wenn wir nochmals eingeladen werden, kommen wir sofort!" Aus Schweden reiste 70er-Jahre-Kultsänger Harpo (Moviestar) an. Natürlich trat er barfuß und mit seinem obligatorischen Spazierstock auf. Der 63 Jahre alte Schwede tobte wie ein Irrwisch über die Bühne und durch die Stuhlreihen. Ruhiger ließen es Katja Ebstein und Rosanna Rocci angehen, die italienisches Flair mit nach Appen brachte. Aus England kamen Dozy, Beaky, Mick & Tich, die mit ihren 60er-Jahre Hits wie Zabadak für Stimmung sorgten. Die Riege der Künstler komplettierten die Les Humphries Singers, Patrick Simons, Hot Banditoz, Speelwark und de Marco & Friends.

"Es waren fast schon zu viele Künstler, uns lief die Zeit weg", bilanziert Initiator Heidenberger. Ihm liegen bereits 23 Anfragen von namhaften Interpreten für 2014 vor. Fazit: Die nächste Super-Show ist gesichert.