Für den Ausbau sollen Anlieger der Gerhart-Hauptmann-Straße in Uetersen 560.000 Euro zahlen. Sie protestieren

Uetersen. Wer durch die Gerhart-Hauptmann-Straße fährt, muss Parcours beherrschen. Die Straße ist gespickt mit Schlaglöchern. Folgerichtig landete sie 2010 auf Platz 2 der Liste dringend sanierungsbedürftiger Straßen in Uetersen, der sogenannten Giftliste. Seit vergangenem Jahr wird diese Liste nun abgearbeitet, beginnend mit der Sanierung der Straße Katzhagen. Dort sind die Arbeiten fast abgeschlossen. In diesem Jahr soll nun die Gerhart-Hauptmann-Straße auf Vordermann gebracht werden, im April haben die ersten Bauarbeiten an der Anliegerstraße begonnen.

Ein Grund zur Freude für de Anwohner, sollte man denken. Zu spüren ist vor Ort aber eine ganz andere Stimmung, nämlich reichlich Wut. Auf die Pläne, auf die Stadt, auf die Bürgermeisterin. Die Giftliste hielt für die Anlieger nämlich einen Schierlingsbecher bereit, den zu schlucken sie ganz und gar nicht gewillt sind. Und der hat natürlich mit Geld zu tun. Nach Ansicht der Stadt ist der Straßenbelag der Gerhart-Hauptmann-Straße nämlich nicht mehr sanierungsfähig, sondern muss komplett neu ausgebaut werden. Laut Straßenausbausatzung sind die Anlieger in diesem Fall dazu verpflichtet, diese Kosten in großen Anteilen selbst zu tragen.

Damit kommen auf jeden Hausbesitzer spätestens im Jahr 2014 jeweils zwischen 10.000 und 15.000 Euro im Schnitt zu - je nach Größe oder Lage ihrer Grundstücke mal mehr, mal weniger. Eine enorme Belastung für viele Menschen, die hier leben. "Manch älterer Anwohner oder Familien, in denen es nur einen Verdiener gibt, können diesen Betrag gar nicht aufbringen", sagt Claus-Ulrich Rosenbaum, 72. Seit Bekanntwerden der Kosten haben er und seine Nachbarn sich an die Stadt gewandt - mit offenen Briefen und in Gesprächen. Sie sind unter anderem nicht der Ansicht, dass ein Ausbau der Straße überhaupt erforderlich wäre. "Die ist nirgends abgesenkt, es gibt keine Spurrillen, nichts", sagt Anwohner Christian Froh, 45. "Eine Erneuerung der Decke würde genügen."

Peter Bröker, Leiter des Bauamtes der Stadt Uetersen sieht das anders: "Die Straße ist 50 Jahre alt und nicht mehr reparabel." Da steht Meinung gegen Meinung, am Ende entscheidet aber die Stadt.

Das wollen die streitbaren Uetersener nur nicht hinnehmen. Sie wollen diskutieren, sprechen, erhört werden. Genau das findet ihrer Meinung nach nicht statt. "Bürgerbeteiligung ist hier Fehlanzeige", sagt Herbert Rath, 65. Beispielhaft nennt er die Baubesprechung, die laut Stadt jeden Donnerstag um 10 Uhr auch für die Bürger offen sein sollte. "Als ich dort ankam, war der Vertreter der Baufirma aber äußerst erstaunt und auch wenig angetan von meinem Besuch."

Dazu traf die Stadt in der jüngsten Zeit Entscheidungen, die die Wut weiter anfachten. Zum Beispiel der zukünftige Straßenbelag. Die Anwohner der Straße konnten wählen - Asphalt oder Pflaster, letzteres noch einmal 20.000 Euro teurer. Als Antwort gaben rund 35 der 40 Anwohner ungültige Stimmen ab und forderten stattdessen in einem Brief, die Maßnahme zu überdenken. Nur drei kreuzten Kästchen an, und zwar für Asphaltbelag. Die Stadt beschloss: Die Straße wird mit Pflaster saniert, genau wie am Katzhagen. "Man hat sich ja nicht dazu geäußert", sagt Peter Bröker, Leiter des Bauamtes der Stadt Uetersen. Pflaster sei einfach die bessere Wahl, da könnten zukünftige Wartungsarbeiten besser durchgeführt werden.

Als Affront wird zudem der Beitragssatz empfunden, der für den anstehenden Straßenausbau erhoben werden soll. Von der Bürgermeisterin seien ehemals 75 Prozent der Gesamtkosten zugesagt worden. Jetzt wurde der Satz auf 85 Prozent erhöht. Bei 10.000 Euro sind das noch einmal 1000 Euro obendrauf. Zu tun habe das mit dem Rettungsschirm, unter den Uetersen sich 2012 gestellt habe, so Bauamtsleiter Bröker. "Der machte erforderlich, dass wir höhere Beiträge erheben." Eine Tatsache, die die Anwohner der Gerhart-Hautmann-Straße kaum akzeptieren wollen. Zumal die Beiträge der Anwohner am Katzhagen noch nach alter Satzung mit 75 Prozent abgerechnet werden, weil die Sanierungsarbeiten dort begonnen wurden, ehe Uetersen sich unter den Rettungsschirm des Landes stellte. Könnte es sein, dass da manche Straßen dann doch gleicher sind als andere? "Am Katzhagen leben ja ein paar einflussreiche Menschen", sagt Rosenbaum vielsagend.

Jetzt wollen die Anwohner sich für sogenannte wiederkehrende Beiträge stark machen. Ob diese erhoben werden können, wird zurzeit vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt. Und ob die Stadt sich in die zugehörige Verwaltungsschlacht stürzen würde, ist offen.