Einzigartiges Zirkus-Projekt an der Halstenbeker Volkshochschule: 13 Senioren trainieren für die Manege

Halstenbek. Auf Stelzen laufen, jonglieren, den Hula-Hoop-Reifen kreisen lassen, auf dem Seil balancieren, Einrad fahren, Feuer schlucken - all das gehört zum Alltag von Zirkusartisten, Bewegungskünstlern und Theaterakrobaten. Als solche dürfen auch die 13 Teilnehmer und Mitglieder des Projekts Senioren-Zirkus der Volkshochschule (VHS) Halstenbek bezeichnet werden. Unter der Leitung der Theater- und Zirkus-Pädagogen Annika Cohrs und Alexej Kapis, beide 27, lernen die beweglichen Senioren die verschiedensten Zirkus-Disziplinen kennen. Für Ende des Jahres ist sogar eine Aufführung geplant. Schon beim Aufwärmen im Kreis wird klar, dass es sich hier nicht um eine Klasse pubertierender Schüler mit Null-Bock-Einstellung handelt. Ob Beine lockern, Schultern kreisen lassen, Bänder dehnen oder Hampelmann - die Damen und Herren sind mit Spaß dabei.

"Sucht euch jetzt bitte einen Partner", sagt Zirkus-Coach Alexej Kapis. Gleichgewichtsübungen stehen auf dem Plan. "Es geht darum, den anderen aus dem Gleichgewicht zu bringen, ohne ihn zu schubsen", erklärt Kapis die Übung. "So bekommt ihr ein Gefühl für euer eigenes Gleichgewicht. Das ist wichtig fürs Stelzenlaufen."

Mindestens genauso wichtig sei das richtige Fallen, sagt Annika Cohrs. Immer wieder probieren die Hobby-Artisten die Techniken aus, lassen sich auf die dicken Turnmatten fallen. "Das gibt wieder Muskelkater", sagt Dagmar Warming, doch das Lächeln auf dem Gesicht der 57-Jährigen zeigt, dass ihr das nichts ausmacht. Sie ist direkt durch die Halstenbeker Volkshochschule (VHS) auf das Projekt aufmerksam geworden. Ihre liebste Zirkus-Disziplin sind die sogenannten Pois. Zwei davon hat sich Dagmar Warming zu Hause zum Üben selbst gebastelt.

"Das sind eigentlich nur zwei Socken, die mit Granulat gefüllt sind", sagt sie. "Es gibt aber auch Pois mit bunten Fahnen, Glöckchen und sogar Feuer-Pois." Die Pois werden in verschiedenen Figuren und Formen geschwungen, die so klangvolle Namen tragen wie Butterfly, Windmill, Flower und Verfolger. "Zu Hause muss ich im Garten üben, sonst geht sicher einiges zu Bruch", sagt Warming. "Ich habe schon einige blaue Flecken davongetragen, und meine Brille hat auch schon etwas abbekommen."

"Das Projekt ist ganz toll", sagt Karin Grunwald. "Der Spaß steht an erster Stelle, und unsere Gruppe ist voller Lebensfreude." Die Halstenbeker Rentnerin läuft auf den Stelzen mit sicher werdenden Schritten durch die Sporthalle. Sie hatte den Zirkus-Kursus im VHS-Programm entdeckt. "Wir sind ein tolles Team, die Chemie stimmt."

Nachdem alle Senioren die Technik des Fallens beherrschen, werden Knie- und Ellenbogenschoner angelegt, und die ersten wagen sich auf die 30 Zentimeter hohen Stelzen. Gestützt von den anderen geht es auf wackeligen Beinen durch die Halstenbeker Sporthalle. Helga Wenzel fühlt sich richtig wohl auf den Zirkusstelzen. "Das ist gar nicht so schwierig, wie es aussieht", sagt sie. Ihr gefällt besonders die Vielseitigkeit des Projektes. "Man kann alles einmal ausprobieren und selbst sehen, was einem am besten gefällt", sagt Helga Wenzel. "So kann jeder Teilnehmer seine Stärken austesten und einbringen."

"Ich hatte zu Hause schon vor dem Projekt ein bisschen Ball-Jonglage geübt, kam aber allein nicht mehr weiter und habe deshalb nach einem Lehrer gesucht", sagt die 64 Jahre alte Pinnebergerin. "Da kam das Angebot der VHS gerade richtig. Und in der Gruppe macht das Lernen sowieso viel mehr Spaß." Günter Dornieden findet die Feuertricks besonders interessant. "Es ist schon ein bisschen aufregend, die brennende Fackel einfach über seinen Arm zu streichen", sagt er. Dornieden hält das Projekt zudem in Bildern fest und möchte sie als Fotobuch zusammenfassen, damit jeder Teilnehmer am Ende eine schöne Erinnerung hat.

Der Spaß ist allen Zirkus-Senioren anzusehen. Sie lachen, kichern und schäkern, Freude und vor allem Humor stehen im Vordergrund. Das fällt auch Projektleiterin Annika Cohrs auf, die mit ihrem Kollegen Alexej Kapis sonst vor allem Kindergruppen betreut.

"Der Humor unterscheidet diese Senioren-Gruppe von den Kindern und Jugendlichen, mit denen wir sonst arbeiten", sagt die 27-Jährige. Auch für die beiden Betreuer ist das Projekt eine neue Herausforderung. Normalerweise arbeiten sie beim Zirkus Mignon in Hamburg mit Kindern. "Es ist das erste Mal, dass wir so ein Projekt mit Senioren machen", sagt Cohrs. "Viele Teilnehmer waren anfangs kritisch, wollten sich das Ganze erst einmal anschauen. Am Ende sind aber alle geblieben."

Die Idee für das Projekt hatte VHS-Geschäftsführer Günther Traulsen. Durch einen Abendblatt-Artikel und die Vorführung eines Films zum Projekt war er auf den Mitmach-Zirkus Mignon auf Sylt aufmerksam geworden. "Ich fand die Idee gut, und wir haben uns überlegt, wie wir so etwas auch in Halstenbek anbieten können", sagt Traulsen. "Die Teilnehmer sind sehr motiviert, üben auch außerhalb der Kursuszeiten. Ich bin wirklich begeistert, wie gut das Projekt angelaufen ist." Allerdings sei der Senioren-Zirkus wegen der individuellen Betreuung sehr kostenintensiv. "Für das erste Halbjahr haben wir zum Glück mit der Sparkasse Südholstein einen Sponsor gefunden, für das zweite Halbjahr ab August sind wir noch auf der Suche", sagt Traulsen.

Unternehmen, Einrichtungen oder Vereine, die das Projekt unterstützen möchten, wenden sich an Günther Traulsen, Telefon 04101/58 77 13, und per E-Mail an die Adresse traulsen@vhs-halstenbek.de