Fotostudio veranstaltet Casting für Nachwuchs-Schönheiten von der Schildkröte bis zum Jagdhund. Die Besten schaffen es in Kalender.

Wedel . "Wuff, wuff", "miau" oder "brrr"! Eigentlich sind das keine Zurufe, die ein Fotograf benutzt, um seine Models zu motivieren. In Wedel ist das an diesem Tag anders. Die Casting-Teilnehmer eines Wettbewerbs des örtlichen Studios Fotodesign Soyka sind schließlich auch keine gewöhnlichen Models mit 90/60/90-Maßen, sondern wilde Vierbeiner mit Fell oder Piepmatze mit buntem Gefieder. Da ist die Anweisung "Mach mal Platz" eben angemessener für die Schönheiten, als "Gib mir dein schönstes Lächeln".

Das Wedeler Fototeam lichtet für das tierische Casting "Talentier t" noch bis Sonnabend, 20. April, fotogene Kleintiere ab. Die besten zwölf Kandidaten schaffen es in einen Tierkalender für das kommende Jahr. Per Stimmzettel kann im Studio für das schönste Foto votiert werden, dort werden die Bilder der Teilnehmer auch ausgestellt.

"Ich habe heute leider kein Foto für dich", sagt Heidi Klum gerne bei ihrer Model-Casting-Show "Germany's next Topmodel", um ihre Kandidatinnen ins Aus zu katapultieren. Für die Fotografen des Soyka-Teams kommt das nicht infrage. Jeder Tierbesitzer erhält in jedem Fall ein Foto mit seinem Liebling darauf, teilnehmen können alle Tiere, die in das Fotostudio passen. "Eben hat eine Frau angerufen, die mit einem Pony vorbeikommen wollte. Theoretisch würde das ja gehen, aber wir haben aus dem Casting ja eine Kleintieraktion gemacht", erzählt Fotograf Klaus Stäcker. Er und acht Kollegen aus dem Soyka-Team müssen einen strammen Terminplan einhalten, bislang liegen rund 50 Anmeldungen vor. Für ein Shooting stehen 30 Minuten zur Verfügung.

Gerade ist die zweieinhalbjährige Emma in das Fotostudio gestürmt und erkundet die neue Umgehung. Fotograf Stäcker begrüßt das Hundemodel und dessen Frauchen, und schon geht es los am Set. Als erstes soll sich Emma, ein Terrier-Schnauzer-Mix, vor einer weißen Leinwand setzen. Frauchen Lynn Scheid erhält die Aufgabe, Anweisungen an das Tier weiterzugeben. "Emma, mach sitz!", befiehlt sie und reicht der Hündin ein Leckerli hin. Das Wichtigste sei, dass die Tierbesitzer mitarbeiten, sagt Fotograf Stäcker. "Die Besitzer sind nervöser als die Tiere selbst, und das übertragen sie. Die Kunden haben immer hohe Erwartungen an das Shooting. Aber es sind eben Tiere", sagt der 40-Jährige und erklärt, wie man mit diesen umzugehen habe: "Man muss schauen, auf welche Reize die Tiere reagieren. Auf Geräusche oder Vibration sprechen sie an." Stäckers Fotografen-Kollege Sascha Eisenträger raschelt am Blitzschirm und drückt eine Quietschente. Sofort erregt er Emmas Aufmerksamkeit. Die Hündin guckt in die Kamera, Fotograf Stäcker drückt ab, und schon ist das erste Foto entstanden. Schnell wechseln die Fotografen den Hintergrund, neue Requisiten kommen zum Einsatz.

Models können bekanntlich launisch und zickig sein. Auch Emma weigert sich beharrlich, "Platz" zu machen und entfernt sich unerlaubt vom Set. "So ist das mit den Castings", sagt Stäcker und lacht. Frauchen Lynn zückt erneut ein Leckerli, und als wäre nichts gewesen, ist Emma bereit fürs nächste Foto. "Leckerlis sind wichtig. Aber man muss vorsichtig sein. Heute Morgen hat ein Hund die ganze Tüte vom Tisch gerissen. Da muss man schon auf die Kameras aufpassen", sagt Eisenträger. Die Hündin Emma gehört zu den eher entspannten Kandidaten.

So wie auch Schildi, die Schildkröte. "Mit Schildi war es einfach. Sie konnte ja nicht schnell weglaufen", sagt Fotograf Moritz Schreyer. Oft habe man das Problem, dass sich die tierischen Models nicht richtig stellen lassen oder die gewünschte Position ruckzuck wieder verlassen. "Die Schildkröte konnten wir einfach positionieren", erzählt Schreyer. Von Schildis Geduld könnten sich Heidi Klums Models noch eine Scheibe abschneiden. Aber auch in Wedel geht es manchmal ein wenig undiszipliniert zu. "Wir hatten mal zwei japanische Jagdhunde hier. Diese Tiere sind menschenscheu und keine Rudeltiere. Die Hunde sind die ganze Zeit im Kreis gelaufen, natürlich gegeneinander. Da fotografiert man eine Stunde lang, um ein anständiges Foto zu bekommen."

So manches Tier verhält sich gar wie eine Diva. Julie beispielsweise. Der Jack-Russel-Mops-Mischling sorgte für Trubel im Studio. "Es war ziemlich wild. Es war schwer, dass Julie still sitzen bleibt. Letztendlich sind viele bewegte Bilder entstanden", sagt Fotograf Schreyer. Julie hat eben ihren eigenen Kopf. Auf einigen Fotos streckt der Mischling nun die Zunge heraus, auf anderen sitzt er auf den Hinterbeinen oder lässt die Ohren fliegen.

Hund, Katze, Maus. Kaum ist ein Kandidat abgelichtet, führt schon der nächste Besitzer seinen Schützling vor. Und plötzlich steht dann doch noch ein kleines Pferd im Studio. Oder doch nicht? Der große weiße Vierbeiner ist in Wahrheit ein argentinischer Jagdhund. Das zwischen 50 und 60 Kilo schwere und liebevoll Kai-Uwe genannte Tier passt gerade eben durch die Tür.

Doch die Teilnahmebedingungen für das Casting sind erfüllt, also los geht's. Der Hund hat reichlich viel Konkurrenz, aber wer weiß, vielleicht schafft es Kai-Uwe ja unter Wedels next Tiermodels.