Ministerium plant, Verteilung des Geldes zentral zu steuern. Regionen könnten leer ausgehen

Kreis Pinneberg. Zehn Millionen Euro für den Ausbau des Hafens auf Helgoland zum Versorgungshafen für die Offshore-Windindustrie, 7,3 Millionen Euro für die Modernisierung des Stadthafens in Wedel, 700.000 Euro für den Abriss des alten Getreidesilos in Uetersen. Dies sind die größten Brocken von 18 Projekten im Kreis Pinneberg, die in den vergangenen sieben Jahren Fördergeld von der Europäischen Union erhalten haben.

"Insgesamt sind 25 Millionen Euro dieser Fördermittel direkt in den Kreis Pinneberg geflossen, die wiederum weitere 50 Millionen Euro an öffentlichen Investitionen ausgelöst haben", sagt Harald G. Schroers. Damit könnte es in dieser Form bald vorbei sein, sagt der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft des Kreises Pinneberg (Wep). Das Wirtschaftsministerium plant, die Verteilung des Geldes künftig zentral von Kiel aus zu steuern. Die Regionen würden dann nicht nur ihr Mitspracherecht verlieren. Sie könnten leer ausgehen.

Das nächste Sieben-Jahres-Programm der EU wird neu ausgeschrieben

Angeschoben, koordiniert und verteilt wurden diese Fördermittel aus Brüssel bislang für den Südwesten des Landes von der Projektgesellschaft Norderelbe, die die Wep gemeinsam mit ihrer Schwestergesellschaft Egeb aus Itzehoe dafür gegründet hat. Diese Projektgesellschaft war für alle rund 50 EU-Fördermaßnahmen in den Landkreisen Pinneberg, Steinburg, Dithmarschen und Segeberg sowie der Stadt Neumünster zuständig. Ende 2013 läuft dieses Förderprogramm aus. Das nächste Sieben-Jahres-Programm der EU bis 2020 wird neu ausgeschrieben.

Schleswig-Holstein, das von 2007 bis 2013 etwa 700 Millionen Euro aus Brüssel erhalten hat, werde aus diesem Topf voraussichtlich noch 500 Millionen Euro erhalten, sagt Schroers, der für die gesamte Südwestregion spricht. Sinn dieser Förderung sei es, bestimmte Projekte in den ländlichen Regionen in den 27 EU-Ländern zu unterstützen und Wachstumspotenziale zu schaffen, damit sich diese einander angleichen. Da Deutschland dabei relativ weit entwickelt sei, würde es künftig weniger Förderung bedürfen. Mehr Sorgen aber bereitet Schroers sowie den Landräten und anderen kommunalen Vertretern in den elf Landkreisen und vier kreisfreien Städten die Ankündigung des Wirtschaftsministeriums, diese Förderung künftig zentral steuern zu wollen. Die einzelnen Bundesländer können entscheiden, wie sie dies koordinieren. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise - von dort kommt der Kieler Wirtschaftsminister Reinhard Meyer - wurde dies zentral in Schwerin entschieden.

Das bisherige dezentrale System in Schleswig-Holstein habe sich bewährt, sagt Schroers. "Wir haben die Ideen für die einzelnen Projekte entwickelt und bei den Förderanträgen geholfen. Dies hat zu kreisübergreifenden Kooperationen sowie zu einem Wettbewerb der verschiedenen Projekte geführt und letztlich auch zu einer besseren Akzeptanz der EU." Endlich sei das ferne, als so bürokratisch geltende Brüssel für die Menschen in der Region an konkreten Beispielen greifbar geworden. Radwege wie am Ochsenweg konnten mit dem Geld gebaut, wichtige kommunale Infrastrukturprojekte wie die Hafenentwicklung in Wedel, Helgoland oder Uetersen auf den Weg gebracht werden. Aus diesem Fördertopf werden auch der Weiterbildungsverbund, die Existenzgründer-Beratungen, die Förderung von Frauen, die wieder ins Berufsleben einsteigen wollen, und auch das Regionale Entwicklungskonzept finanziert, das die Flächenpotenziale entlang der A 23 eruieren soll. Auch die Neuausschreibung der Marschenbahn von Hamburg nach Sylt wird aus diesem Topf gespeist.

Der Beirat Südwest hat bereits bei der Landesregierung Protest eingelegt

Ohne die strukturell gesicherte Mitsprache aus den Regionen könnte die Landesregierung auf die Idee kommen, diese halbe Milliarde Euro aus Brüssel bis 2020 nur an wenige Großprojekte zu vergeben. Diese müssten sich nur nach den EU-Vorgaben richten, die CO-2-Effizienz zu verbessern, Bildung und Weiterbildung zu fördern und bestimmte Technologien zu schärfen. "Eine Zentralisierung der Entscheidungswege birgt die Gefahr von Fehlinvestitionen", sagt Schroers.

Der Wep-Chef ist mit seiner Sorge nicht allein. Der Beirat Südwest, der die Region von Heide über Wedel und Neumünster bis Bad Segeberg vertritt und von Segebergs Landrätin Jutta Hartwieg geleitet wird, hat sich bereits in einem Protestschreiben an die Landesregierung gewandt. "Stadt und Land bedingen einander und ergänzen sich", heißt es in diesem Appell. "Sie bilden gemeinsame funktionale Räume. Es muss eine gleichberechtigte Förderung des ländliche Raumes und der städtischen Ballungszentren sichergestellt werden." Schroers: "Ohne die Regionen geht das nicht. Nur diese können der Landesregierung sagen, welche Projekte von Bedeutung sind und diese auch entwickeln."