Wegen des langen Winters ist die Nachfrage nach Pflanzen im Kreis Pinneberg komplett eingebrochen. Hinzu kommen Frostschäden und Fäulnis.

Pinneberg/Uetersen. Susanne Peters geht besorgt durch ihre Gärtnerei in Uetersen. Die Freiluft-Hallen sind voll mit Hunderten von kleinen Pflanzenstauden, die einfach nicht wachsen und blühen wollen. Eigentlich sollten die vielen Hallen schon längst leer, alle Stauden nach ganz Europa verkauft sein. Doch in diesem Jahr bleibt sie auf vielen Pflanzen sitzen. "Meine Kunden fragen täglich, ob wir schon liefern können. Da sage ich: ,Tut mir leid, hier ist noch alles zugefroren, nichts wächst'", sagt die Gärtnerin. Der kalte, nicht enden wollende Winter verhagelt ihr das Geschäft. Und nicht nur ihr.

Im ganzen Kreis Pinneberg leiden Baumschulen und Gärtnereien unter dem Wetter. Der anhaltende Frost macht es Hobbygärtnern, Kommunen, Gartenbaubetrieben und allen anderen praktisch unmöglich, irgendetwas zu pflanzen. "Die Böden sind so hart, da brauchen sie Dynamit, um die Erde aufzulockern", sagt Peters. Die Folge: Auf Staudenmärkten, bei Pflanzenschauen, in Gärtnereien und bei den Baumschulen sind die Umsätze massiv eingebrochen. Susanne Peters rechnet für ihre Gärtnerei mit Einbußen von 50 Prozent. Ihr einziger Trost ist, dass es anderen Unternehmen auch nicht besser geht.

"Auch im Baumschulenbereich werden derzeit im Schnitt Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent verzeichnet", sagt Axel Huckfeld. Der Vorsitzende des Landesverbandes Schleswig-Holstein im Bund deutscher Baumschulen (BdB) bezeichnet die derzeitige Situation bei den Baumschulen als deprimierend. "Es ist irgendwo zwischen schlimm und katastrophal", sagt Huckfeld. Einige Betriebe seien aufgrund einer etwas breiteren Sortimentaufstellung weniger stark als andere betroffen, doch die Gesamtlage sei für das Gros der Betriebe schlimm.

"Unser Problem ist, dass die Zeit, in der gepflanzt werden kann, sehr begrenzt ist. Das Zeitfenster geht im Herbst von Ende September bis kurz vor Weihnachten, im Frühjahr aber lediglich von Mitte März bis 1. Mai", sagt Huckfeld. Was danach angepflanzt werde, sterbe weg, da die Wurzeln der Bäume nicht mehr richtig anwachsen. "Den März haben wir komplett verloren, auch der April scheint nicht sehr viel besser zu werden. Die Prognosen der Meteorologen sind momentan jedenfalls alles andere als gut", sagt der Verbandsvorsitzende.

Für die Betriebe bedeutet dies, dass sie innerhalb von etwa vier Wochen 60 bis 70 Prozent ihres Jahresumsatzes erwirtschaften müssen. "Das wird eine große Herausforderung für alle. Ich weiß aber nicht, ob wir das auch schaffen werden, in dieser kurzen Zeitspanne alle überfälligen Arbeiten zu erledigen", sagt Susanne Peters. Sie habe zwar, wie andere Gärtnereien und Baumschulen auch, einen Stamm an Helfern, die aktiviert werden können, um die Spitzenzeiten abzufedern, doch geschultes Fachpersonal, dass die wichtigen Arbeiten machen kann, fehlt - sowohl bei den Gärtnereien als auch den Baumschulen.

"Für mich wird es zwar kein Katastrophenjahr, aber es ist dieses Jahr dennoch schwer frustrierend. Auch deshalb, weil es bereits das dritte Jahr in Folge ist, in dem der Winter nicht wie sonst verläuft", sagt die Gärtnerin. Sie zuckt ratlos mit den Schultern. "So ist das halt, wenn man einen Beruf ausübt, der von der Natur abhängt", sagt sie.

Besonders bitter ist für Susanne Peters, dass viele Kunden schon längst Stauden und Blumen anpflanzen wollen. Die würden alle "mit den Füßen scharren". Doch die meisten Pflanzen befinden sich in einem Winterschlaf und weigern sich, auszutreiben. Gewächshäuser könnten die Pflanzen zwar aus ihrer Winterstarre befreien, sie würden die Pflanzen aber zugleich viel anfälliger gegen Witterungseinflüsse machen. "Ich kämpfe schon jetzt mit Frostschäden und Fäulnis bei jenen wenigen Pflanzen, die ihre ersten Triebe haben", sagt die Gärtnerin. Ein Einsatz von Pestiziden, die die Fäulnisbakterien bekämpfen, sei wegen der Temperaturen aber nicht möglich. "Mir bleibt nur übrig, die angegriffene Ware wegzuwerfen", sagt Peters.

Schlimmer trifft es jedoch jene Geschäfte, die sich nicht auf Stauden, sondern auf Frühjahrsblüher spezialisiert haben. Primeln, Stiefmütterchen und andere Frühlingsblumen können nicht eingepflanzt werden und versauern daher in den Gärtnereien. Etliche Betriebe rechnen nun damit, Tonnen von Blumen auf den Müll werfen zu müssen - auch weil in den Lagern Platz für die Pflanzen des Sommergeschäfts geschaffen werden muss.

Wie dramatisch die Lage ist, rechnet Andreas Kröger, Präsident des Hamburger Gartenbauverbands, vor: Im vergangenen Jahr hätten die Gärtnereien bis Anfang April rund 90 Prozent aller Stiefmütterchenbestände verkauft. In diesem Jahr liege der Wert bei vergleichsweise mageren zehn Prozent.

Wie hoch der finanzielle Schaden für die Baumschulen und Gärtnereien ist, lässt sich derzeit nicht beziffern. "Es sind ja nicht nur die Kosten für die Pflanzen, die da reinspielen. Wir müssen Hilfskräfte einstellen, um die wichtigste Arbeit noch rechtzeitig zu schaffen", sagt Susanne Peters. "Wir müssen teilweise aus Holland Gewächshauspflanzen importieren, damit der spätere Pflanzenbedarf gedeckt werden kann. Und wir haben höhere Entsorgungskosten für die kaputten Pflanzen zu tragen. Es kommt also schon einiges zusammen", sagt Peters.

Hoffnungen, dass die Aufträge von Kommunen die Einbrüche im Privatgeschäft ausgleichen werden, gibt es nicht. Weder private Gärtner noch Kommunen würden momentan Bäume und Sträucher kaufen. "Wir müssen jetzt auf einen günstigen Herbst hoffen", sagt Helmuth Schwarz, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BdB. Auch Huckfeld hofft, dass im Herbst Schadensbegrenzung betrieben werden kann.