Im Norden der Stadt sollen auf 30 Hektar bis zu 800 Wohneinheiten entstehen. Die Grundstücksbesitzer sind sich bereits einig.

Wedel . Wedels Mietpreise explodieren. In der Metropolregion ist die Rolandstadt nach Norderstedt das teuerste Pflaster, wie die Ergebnisse eines Mietgutachtens des Landes zeigen. Und auch beim Eigenheimpreis führt die Stadt an der Elbe die Liste der teuersten Ecken im Kreis Pinneberg an. Laut dem aktuellen LBS-Immobilienmarktatlas (Abendblatt berichtete) zahlten Käufer für ein Einfamilienhaus in Wedel im vergangenen Jahr 15,6 Prozent mehr als noch im Jahr 2011. Die Grundstückspreise sind um 6,1 Prozent gestiegen. Die Nachfrage nach Grundstücken und Häusern in Wedel ist enorm, der Druck auf dem Wohnungsmarkt spürbar.

Da kommt es zur rechten Zeit, dass sich im Norden der Stadt etwas bewegt. Dort haben sich zwölf Grundstücksbesitzer zusammengetan, um ein riesiges Wohnbauprojekt anzuschieben. Zwischen der Straße Steinberg, der Voßhörn- und der Aschhoopstwiete soll auf 30 Hektar Nettobauland in den kommenden Jahren gleich ein neuer Stadtteil entstehen. Dort, wo sich derzeit noch Hase und Igel gute Nacht sagen, könnten einmal bis zu 800 Wohneinheiten, vier Kinderspielplätze und ein Versorgungszentrum stehen. Das Investitionsvolumen liegt im zweistelligen Millionen Eurobereich.

Eine Willenserklärung haben die beteiligen Eigentümer, bei denen es sich vor allem um ansässige Landwirte und Baumschulbetreiber handelt, unterzeichnet. Derzeit wird eine Gesellschaft gegründet, unter deren Dach die Eigentümer ihre Interessen bündeln wollen. Den aktuellen Stand der Planungen stellte Christian Pogoda vom Planungsbüro Claussen und Seggelke jetzt den Kommunalpolitikern vor. Schrittweise soll das Baugebiet, das derzeit vor allem als Baumschulland und Acker genutzt wird, entwickelt werden - und zwar von Süden ausgehend.

Allein auf dem Areal zwischen Aschhoops- und Bündtwiete könnten nach ersten Plänen 290 Einfamilien-, 95 Reihenhäuser sowie Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 165 Wohneinheiten Platz finden. Je nachdem welche Geschosshöhen festgelegt werden, wären noch sehr viel mehr Wohneinheiten möglich. "Diese Fläche bietet erhebliches Potenzial für familien- und seniorengerechtes Wohnen. Wenn es gewünscht ist, ist auch sozial geförderter Wohnraum möglich", machte Pogoda den Kommunalpolitikern das Projekt schmackhaft. "Die Fläche kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, den derzeit dringend benötigten Wohnraum in Wedel zu schaffen."

Das sieht Wedels Bürgermeister Niels Schmidt genauso. Er befürwortet eine schnelle Umsetzung. "Alles, was dem Druck auf den Wohnungsmarkt in Wedel entgegenwirkt, müssen wir unterstützen." Er macht aber auch klar: "Ich fürchte, dass wir es nicht schaffen werden, die Mieten durch Neubauten langfristig niedriger zu bekommen", so Schmidt. Dafür sei Wedels Lage umgeben von Elbe, Marsch und dem Forst Klövensteen einfach zu gut. Deshalb mache er sich auch keine Sorgen darum, dass das Interesse an dem neuen Baugebiet zu gering sei. Ganz im Gegenteil. Die Nachfrage sei so groß, dass neue Wohnungen und Häuser in kurzer Zeit vergriffen wären. Das sieht auch der Projektentwickler so, der von einem Zeithorizont von zehn Jahren ausgeht, in denen bereits 21 Hektar bebaut und bewohnt sein könnten. Schmidt drückt deshalb lieber auf die Bremse und mahnt zu einem maßvollem Wachstum: "Wir dürfen nicht schneller wachsen, als es die Infrastruktur zulässt." Ziel könne es deshalb nicht sein, in den kommenden Jahren die 40.000-Einwohner-Grenze zu überschreiten.

Außer den ersten Entwürfen brachte Projektentwickler Pogoda noch eine weitere wichtige Botschaft mit in den Planungsausschuss: "Die Eigentümer sind bereit, sich an den Kosten einer nördlichen Anbindung an die Pinneberger Straße in einem maßgeblichen Umfang zu beteiligen", erklärte er im Namen der Interessengemeinschaft. Damit ist eine der wichtigsten Hürden für das Mammutprojekt genommen. Denn die Kommunalpolitiker hatten weitere Schritte hin zum neuen Stadtteil an diese Verpflichtung gebunden.

Die Idee, die dahinter steckt: Mit der durch die Investoren finanzierten Erschließungsstraße würde Wedel der seit Jahren angestrebten Nordumfahrung ein Stück näher kommen. Die Straße, die das riesige Baugebiet im Norden an die Pinneberger Straße anbinden würde, soll in einem nächsten Schritt bis zur Holmer Straße weitergeführt und dann in eine Bundesstraße umgewidmet werden. Die B 431 wäre somit endlich aus der Innenstadt nach draußen verlegt - so der Plan der Stadtverwaltung und der Kommunalpolitiker. "Damit könnten wir schneller eine gewisse Entlastung für die Anwohner in der Altstadt schaffen", erklärt Bürgermeister Schmidt.

Angesichts eines strukturellen Defizits von 4,5 Millionen Euro und eingebrochenen Gewerbesteuereinahmen von 18 Millionen Euro kann sich Wedel derzeit nicht einmal Gutachten leisten.

Die sind nötig zur Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens für die seit Jahren geforderte und beschlossene Nordtangente. Zwar hat die Landesregierung Unterstützung zugesagt und das Wedeler Straßenbauprojekt für den neuen Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Sprich: Wedel kann auf kräftige Zuschüsse hoffen und muss somit die Kosten von etwa 20 Millionen Euro nicht allein tragen. Allerdings hatte Frank Nägele, Staatssekretär im Kieler Verkehrsministerium, während seines Besuches in Wedel deutlich gemacht, dass eine Realisierung der Nordumfahrung frühestens 2021 möglich sei.

In einem städtebaulichen Vertrag soll die Finanzierung der Erschließungsstraßen durch die Investoren festgehalten werden. In einem nächsten Schritt geht es dann in die Detailplanung des Großprojekts.