Serie Inline-Speedskating bei der Halstenbeker Turnerschaft ist einzigartig im Kreis Pinneberg. Auch sonst besticht der Club durch Vielfalt

Halstenbek. Klaus Michaelis und Heike Fenske sind sich sofort einig. Die Idee, ihre Halstenbeker Turnerschaft - kurz HT - vorzustellen, gefällt dem Vorsitzenden und seiner Geschäftsführerin. Allerdings lesen sie ihre eigenen Namen nicht gern in der Zeitung. "Wichtig sind nicht wir", sagt Fenske. "Wichtig ist unser Verein."

Mit dem Markenzeichen "Vielfalt" hat sich der Traditionsverein in Halstenbek etabliert. Dabei fällt gleich auf, dass eine Sparte beim HT fehlt: Fußball. "Das liegt an einem Abkommen aus den 50er-Jahren", erläutert Fenske. Die Halstenbeker TS und ihr Nachbar, die SV Halstenbek-Rellingen, verabredeten eine Aufteilung: Fußball und Tennis für die SV HR, die anderen Sportarten für HT. "So werben wir uns nicht gegenseitig Mitglieder ab. Wir verstehen uns prächtig mit den anderen Halstenbeker Vereinen, nicht nur mit der SV Halstenbek-Rellingen", sagt Fenske. Der Verein setze erfolgreich auf Kooperation.

Liste der Skater-Erfolge ist lang: Auch dank Urgestein Bill Kerby

Im Kreis Pinneberg ist die Turnerschaft im Inline-Speedskating - eine Variante des Rollschuhlaufs mit in einer Reihe montierten Rollen unter den Schuhen - Kreismeister. Allerdings bietet auch kein anderer Verein im Kreis Pinneberg die Sportart an. Die asphaltierte Bahn auf der Anlage am Bickbargen in Halstenbek, auf der sich auch vier Sandplätze für Volleyball und Handball sowie ein Inline-Hockey-Platz befinden, übererfüllt mit einer Länge von 250 und einem Kurven-Innenradius von 19 Metern die internationalen Bestimmungen (200/14).

"Die Fliehkräfte in den Kurven werden stark verringert. Es gibt viel weniger Stürze", sagt Abteilungsleiter Bill Kerby, 74. Der Amerikaner aus Colorado Springs, der in Melbourne und Hamburg als Mathematikprofessor lehrte und 2001 in Berlin-Hohenschönhausen in seiner Altersklasse über 3000 Meter im Eisschnelllauf in 4:58 Minuten einen zehn Minuten lang gültigen Weltrekord aufstellte, begann 1995 mit dem Aufbau der Inline-Speedskating-Sparte.

Der Erfolg ist beachtlich. 80 Mitglieder im Alter von fünf bis 75 Jahren zählt die Sparte. Die Namen ihrer Läufer füllen eine lange Siegerliste, inklusive des Jugendbereichs. Jamie Lee Dzillak, 14, und Yannick Lagravere, 17, dürfen sich Landesmeister nennen, Julia Moser, 16, ist sogar doppelte Landesmeisterin. Am Bickbargen wurden bereits mehrfach Landes-, norddeutsche- und deutsche Meisterschaften ausgetragen. Eltern müssen keine Angst haben, ihre Kinder ins Skate-Oval zu schicken. Die Kleinen trainieren mit Schutzkleidung und fahren zunächst langsam, zum Beispiel im Kiddies-Inline-Club. Keiner muss Speedskater werden. Es gibt Angebote auf allen Leistungsebenen. Dennoch macht Geschwindigkeit Spaß. "Es ist ein schönes Gefühl, mit bis zu 50 Stundenkilometern unterwegs zu sein", sagt Sören Harder, 25, zweifacher norddeutscher Vizemeister und Liebhaber der längeren Distanzen Macht das Winterwetter den rasanten Freiluftsport unmöglich, ist Eisschnelllauf auf der Anlage in Planten un Blomen angesagt, in Kooperation mit dem Hamburger Schlittschuh-Club von 1881. Das ist der älteste Eislaufverein Deutschlands. Für das Projekt einer eigenen Eissporthalle in Wilhelmsburg wirbt der Verein, sagt Abteilungsleiter Kerby.

"Es ist einfach top, wie Kerby sich einsetzt", sagt Fenske. Kerbys hoch motivierte Einstellung sei bei der HT weit verbreitet. So beschäftigt der Verein im Ballettbereich Trainer mit lizenzierten Tanzschulabschlüssen wie Minka Gäbert. Der Monatsbeitrag für die 110 Mitglieder starke Abteilung beträgt 17 Euro und liegt nur neun Euro über dem normalen Satz. "Ballett hat ein elitäres Image und ist teuer. Das will der Verein ändern", sagt Heike Fenske.

Einer der Höhepunkte des Jahres ist der Beach-Cup im Handball

Die Volleyballsparte verdoppelte sich unter Organisationstalent Jan Sievers innerhalb von vier Jahren auf 220 Mitglieder. Sie ist eine der größten Sparten im Kreis Pinneberg. Die 1. Herren und die 1. Damen spielen in der Bezirksliga. Auch im Handball läuft es rund. Die erste Herrenmannschaft wirft den Ball in der Hamburg-Liga ins Tor. Höhepunkt des Jahres ist der immer im Juni stattfindende Beach-Cup am Bickbargen: Handball auf Sandfeldern mit 1000 Sportlern an einem kompletten Wochenende.

"Nicht nur hier haben Abteilungschef Bernhard Zander und unser Sportwart Michael Pippel, der noch Handball spielt, ganze Arbeit geleistet", sagt Fenske. So wie die Geschäftsführerin auch beim Aufbau der im vergangenen Jahr gegründeten Boxabteilung, aus der sie für ihr großes Engagement sehr gelobt wurde. Noch immer besiegt Fenske die Gegnerinnen auf dem Basketballfeld. Die 40 Jahre alte Sportlerin spielt im Oberligateam, das als Aufsteiger auf Platz drei rangiert. Star des Teams ist Jana Vorbau, 35, die Top-Scorerin der Oberliga. Die als Holstein Hoppers bekannten Herren-Basketballer sind gerade aus der 1. Regionalliga abgestiegen, planen jedoch den Wiederaufstieg. Ebenfalls recht erfolgreich sind die Leichtathleten. Bianca Kappler, 35, Fünfte bei den Weltmeisterschaften 2007 in Osaka, übte das Weitspringen bis 2003 bei der Turnerschaft.

"Aktuell haben wir mit Carolin Warnke im Hochsprung und Florian Walther sowie Annika Jessen im Kugelstoßen drei Sportler unter den Top 3 in Schleswig-Holstein", sagt Trainerin Viola Bornemann, 43. Das Motto von Heike Fenske lautet: Ohne motivierte Übungsleiter läuft nichts. Das ist Viola Bornemann auf den Leib geschneidert. Sie nimmt auch das Sportabzeichen ab, springt überall ein, wo Hilfe gebraucht wird und hat mit Kollegen wie dem schleswig-holsteinischen Landestrainer Ralf Lederer starke Mitstreiter.

Basis von alledem sei die erfolgreiche Turnsparte. "Viele Sportler des Vereins beginnen dort schon als Knirpse, ihren Körper in Form zu bringen", sagt Fenske. So entstehe die gute Mischung aus spannenden Sportarten, guten Trainern, sozial und leistungsorientiert denkenden Menschen. "Daher fühlen sich hier viele Menschen wohl, auch ich", sagt Fenske. Obwohl sie ihren Namen nun in der Zeitung lesen muss? "Da muss ich wohl durch", sagt sie. "Wichtig ist nur unser Verein."