Anwohner gründen Bürgerinitiative, weil ein Firmengebäude die Nachbarschaft erhellt

Rellingen. Wenn die Nacht kommt, wird es am Rellinger Wiesenweg taghell. Dann gehen in dem neuen, fast rundum verglasten Gebäude der Firma CTP (Cargo-Trans-Pool) die Lichter an - und die Nachbarschaft ist im wahrsten Sinn des Wortes erleuchtet. "Unser Wohnwert ist gesunken, der Wert unserer Grundstücke sowieso", sagen Oliver Bock und Frank Humann. Sie haben mit sieben weiteren Familien die "Bürgerinitiative für l(i)ebenswertes Wohnen in Rellingen" gegründet.

Ihren Kampf gegen die "Strahlkraft" ihres neuen Nachbarn führen die Rellinger schon länger. "Wir haben erst den Dialog gesucht und gehofft, gemeinsam mit dem Eigentümer zu einer Lösung zu kommen", sagen Bock und Humann. Als das nicht fruchtete, suchten die Betroffenen Hilfe beim zuständigen Umweltamt in Itzehoe. Und als Messungen ergaben, dass der Lichtausfall aus dem Glaspalast die Grenzwerte weit überschreitet, schalteten Bock und Co. sogar Anwälte ein. Inzwischen ist das Firmengebäude mit Außenjalousien versehen, die die Lichtemissionen eindämmen. "Voraussetzung ist natürlich, dass die benutzt werden", so Humann. Und das ist nach den Erkenntnissen der Anwohner nicht immer der Fall.

Auf ihren neuen Nachbarn, den Reeder und Logistikunternehmer Thomas Pötzsch, sind sie nicht gut zu sprechen. Die Liste der Vorwürfe ist lang. So bemängeln die Anwohner, dass der gläserne Anbau an die alte Villa viel kleiner geplant und stets von einem parkartigen Charakter gesprochen wurde. Von Grün ist nun nichts zu sehen. Ein massiver Zaun umschließt das Gelände, auf dem verloren einige Skulpturen herumstehen und der Firmenbau wie ein riesiger Fremdkörper in dem Wohngebiet wirkt. "Wenn da wenigstens einige Bäume zur Abgrenzung stehen würden, wäre das noch erträglich", sagt Humann. Doch davon wolle der Eigentümer nichts wissen. Zwei Nachbargebäude, denen der Glaspalast auf die Pelle rückte, kaufte der Unternehmer auf und ließ sie abreißen. Ein drittes Haus steht noch, dort lebt einer der Mitbegründer der Bürgerinitiative. Auch Humann, der etwas zurückgesetzt wohnt, hat bereits ein Kaufangebot für sein Haus erhalten - und es abgelehnt.

Weil der Logistikunternehmer es inzwischen ablehnt, mit den Nachbarn zu sprechen, geht die Bürgerinitiative nun in die Offensive. Die Mitglieder haben 220 Unterschriften gesammelt und werden diese am Dienstag während der Sitzung des Bauausschusses (19 Uhr, Rathaus) dem Gremiumsvorsitzenden Eckhard Schlesselmann, CDU, überreichen. "Wir waren dort unterwegs, wo Herr Pötzsch in Rellingen Grundstücke gekauft hat", sagt Bock. Und er fügt hinzu: "85 Prozent der Betroffenen haben unterschrieben. Eine derartige Zustimmung hätten wir nie erwartet."

Der Logistikunternehmer hat diverse Flächen erworben. Etwa das Areal der ehemaligen Schmidt's Weinstuben am Marktplatz. Oder die alte Stellmacherei an der Ecke Hauptstraße/Hamburger Straße. Beide Altgebäude sind inzwischen verschwunden. Auch das kombinierte Wohn- und Geschäftshaus an der Einmündung Hauptstraße/Tangstedter Chaussee gehört Pötzsch. Gleiches gilt für ein früheres Sonnenstudio an der Hauptstraße, was zur Zwangsversteigerung anstand. "Wir wissen nicht, was er mit den Flächen vorhat. Aber wir wollen verhindern, dass dort so etwas entsteht wie bei uns in der Nachbarschaft", sagen Bock und Humann.

Daher richte sich ihr Protest auch nicht in erster Linie gegen Pötzsch, der für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, sondern vor allem gegen die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung. Die BI-Mitglieder beobachten mit Argusaugen, wie sich Pötzsch gerne medial als "Retter von Rellingen" feiern lasse, von Bürgermeisterin Anja Radtke in den höchsten Tönen gelobt werde, großzügige Spenden an die Bürgerstiftung leiste und dann seine Wünsche durchsetze. "Die Gemeinde sollte sich Gedanken machen, ob sie auf dem richtigen Weg ist", warnen die Initiatoren.