Langes Tannen in Uetersen präsentiert historische Fotos eines Heimatforschers mit Motiven aus dem Kreis Pinneberg

Uetersen. Vier kleine Mädchen in weißen Sonntagskleidchen sitzen artig aufgereiht unter den Sprossenfenstern eines Wedeler Bürgerhauses an der Mühlenstraße. Vor einer mächtigen, allerdings etwas schattigen Fachwerkfassade präsentiert sich eine Neuendeicher Bandreißerfamilie. Die ernsten Gesichter auf dem Schwarz-Weiß-Foto spiegeln den entbehrungsreichen Alltag am Deich. Die historischen Aufnahmen des Kieler Lehrers und Heimatforschers Theodor Möller (1873-1953) werfen Schlaglichter auf eine untergegangene Welt, in der das Wedeler Elbhochufer noch einer urwüchsigen Steilküste glich.

Genau das war auch Möllers Ziel, wenn er sich mit seiner Kamera auf den Weg entlang der Küsten, durch die Hügellandschaften, Moore und Wälder Schleswig-Holsteins machte. Er wollte zumindest die Erinnerung an seine Welt in einer sich rasant verändernden Umgebung bewahren.

Nicht selten romantisierte er dabei das Landleben, das der Zivilisationskritiker als "unverdorbenes" Gegenstück zu der von ihm abgelehnten Technisierung und Urbanisierung der Landschaft betrachtete. "Ich sah Bauern- und Bürgershäuser und viel Kulturgut verschwinden", schrieb er in einem seiner niederdeutschen Aufsätze. "Das Schlimmste: Die Menschen haben keine Augen für die Veränderungen."

Sein Archiv umfasste schließlich mehr als 6000 Aufnahmen aus dem ganzen Land, auf Glasplatten und Rollfilm. 1950 übergab Möller diesen Schatz, den er aus seinem 1941 bei einem Fliegerangriff vollkommen zerstörten Kieler Haus hatte retten können, an das Landesamt für Denkmalpflege in Kiel.

60 dieser Aufnahmen mit Motiven aus dem Kreis Pinneberg zeigt jetzt das Uetersener Museum Langes Tannen, Heidgrabener Straße. Eröffnet wird die Ausstellung am Sonnabend, 16. März, um 16 Uhr in der Museumsscheune. Dank einer Finanzspritze der Fielmann AG, die in den vergangenen Jahren bereits andere Projekte ihres Hauses unterstützt hat, kann Museumschefin Ute Harms die Fotos nicht nur zeigen, sondern auch dauerhaft behalten. "Wir freuen uns über dieses Engagement, gerade vor dem Hintergrund, dass die Stadt Uetersen unseren Zuschuss halbiert hat", sagt Ute Harms.

Die meisten der Aufnahmen aus dem Kreis Pinneberg entstanden zwischen 1900 und 1930. Das mächtige Bauernhaus von Hans-Hinrich und Elisabeth Groth in Wedel, Pendants in Egenbüttel, das Mausoleum der Haseldorfer Gutsherrschaften, die Pinnaufähre zwischen Moorrege und Uetersen, das Probstenhaus am Uetersener Kloster, längst abgerissene Häuser in der Elmshorner Reichenstraße und im Uetersener Großen Wulfhagen - und immer wieder Wedel.

Der Roland, der Schulauer Hafen, das Elbufer, die Altstadt. Der Pinneberger Drostei widmete Möller eine eher unscheinbare Seitenansicht. Dafür hielt er in dieser Serie auch die barocke Kirche in Hamburg-Niendorf fest. Denn zu seiner Zeit, also vor 1937, gehörte der Hamburger Stadtteil zum Kreis Pinneberg.

Zu den bemerkenswertesten Motiven der Ausstellung gehört eine Ansicht der Elmshorner Königstraße aus dem Jahr 1931, auf der sich hinter dem Gebäude der heutigen Stadtbücherei der Turm der Nikolaikirche erhebt. Auch dieses Ensemble wäre um ein Haar nur noch als historisches Foto erhalten geblieben. Anfang der 1970er-Jahre sollte das spätbarocke Bürgerhaus, 1780 von Michael Junge und seiner Frau Anne Margarete als Brauerei und Brennerei erbaut, 1886 von der Weinhandlung Möhring übernommen und bis 1970 als Schankwirtschaft in Betrieb, abgerissen werden, um einem Supermarkt zu weichen.

Erst ein massives Einschreiten der Denkmalschützer rettete das Haus. 1972 kaufte und renovierte die Stadt Elmshorn das Gebäude. Seit 1976 ist dort die nach dem Widerstandskämpfer Carl von Ossietzky benannte Stadtbibliothek untergebracht. Die vorderen beiden Räume, die mit 1400 handgemalten Kacheln, dem historischen Ofen mit Meißner Kacheln, aufwendigen Stuckarbeiten und einem handgemalten Rankenfries von 1830 verziert sind, beherbergen seit vier Jahren die Elmshorner Theatergemeinschaft.

Die Fotoausstellung ist bis einschließlich 15. Mai im Museum Langes Tannen mittwochs, sonnabends und sonntags jeweils von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der Eintritt kostet zwei Euro pro Person.