Schwestern betreuen den Säugling. Pflegefamilie kümmert sich um das Mädchen. Es ist der zweite Fall in Pinneberg seit November 2011.

Pinneberg. Fast fünf Jahre blieb diese Klappe ungenutzt geschlossen. Jetzt hat wieder eine Mutter direkt nach der Entbindung ihr Kind in die Babyklappe des Regio-Klinikums Pinneberg gelegt. Es ist der zweite Fall seit November 2011. Das Kind war nur wenige Stunden alt, aber gesund und vital. Weil es eine rosafarbene Mütze trug, gaben die diensthabenden Schwestern dem Baby den Namen Rosalie. Nach eingehender medizinischer Untersuchung und Absprache mit dem Jugendamt ist das Findelkind zunächst in die Obhut einer Pflegefamilie gegeben worden. Die leibliche Mutter wird aber eindringlich gebeten, sich bei den Behörden zu melden oder sich einer Beratungsstelle anzuvertrauen.

Es war der erste Sonnabend im März, als Schwester Uta Voß-Evers den Alarm der Babyklappe hörte. Diese befindet sich auf der Rückseite des Krankenhauses. Sobald die Klappe geöffnet wird, ertönt in der Kinderklinik drei Stockwerke darüber ein Signal.

"Schwester Uta war richtig erschüttert und bedrückt, als sie das Kind in der Ablage sah und in den Arm nahm", berichtet Bettina Moser, leitende Kinderärztin am Klinikum Pinneberg. Es sei gut abgenabelt gewesen, habe Babysachen und eine Windel getragen.

In der Klappe, die der Kreis Pinneberg seit März 2007 für junge Mütter und Eltern in Not anbietet, befindet sich noch eine Decke und Infomaterial. Die Broschüre blieb aber liegen. Wenn die Babyklappe geschlossen wird, bleibt sie erst einmal zu. "Zur Sicherheit des Kindes", betont Kliniksprecher Sebastian Kimstädt.

Bereits am Freitag darauf ist Rosalie in die Obhut einer Pflegefamilie gegeben worden, sagt Fachdienstleiterin Cornelia Lohmann-Niemann. Diese sei unter dem Gesichtspunkt ausgewählt worden, dass das Kind für immer in der Pflegefamilie bleiben könne. Möglich sei aber auch, dass es wieder zurückkehre zu ihrer leiblichen Mutter, sofern diese sich melde und dies wolle.

Darum appelliert Cornelia Lohmann-Niemann an die unbekannte Mutter, sich einer Beratungsstelle oder einer Kirchengemeinde anzuvertrauen, sofern sie sich nicht direkt an die Kreisverwaltung, Telefon 04121/45 02 34 26, wenden möchte. "Ein Kind hat das Grundrecht, seine Herkunft zu erfahren", sagt dazu Marike Harbeck von der Pflegestelle des Kreises, wo die 230 Pflegschaften in 160 Familien im Kreis Pinneberg koordiniert werden.

Auch wenn in diesem Fall automatisch die Polizei ermitteln muss, brauche die Mutter nicht unbedingt strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten, betont Cornelia Lohmann-Niemann. "Wir gehen davon aus, dass sich die Mutter in einer absoluten Notlage befunden hat. Wir würden sie mit Respekt behandeln und ihr jede Hilfestellung geben, die sie braucht." In dem ersten Babyklappen-Fall hätten sich die Strafverfolgungsbehörden sehr maßvoll verhalten, so die Fachdienstleiterin.

So sei das Verfahren gegen die Mutter von Emily, wie das Findelkind von 2011 genannt wurde, seinerzeit eingestellt worden. Die Mutter hatte sich später in der Klinik gemeldet und sich nach ihrem Kind erkundigt. Es gibt jetzt sogar regen Kontakt zwischen Emily und ihrer leiblichen Mutter, auch wenn das Kind noch in der Pflegefamilie lebt. Eine solche Entwicklung wünschen sich die Verantwortlichen von Jugendamt und Klinik auch für Rosalie.

Möglicherweise könnte eine geplante Gesetzesänderung künftig solche Situationen verhindern, ist Thorsten Wygold Ärztlicher Direktor der Regio-Kliniken, überzeugt. So soll das Gesetz einer vertraulichen Geburt sicherstellen, dass jede schwangere Frau ihr Kind anonym unter medizinischer Aufsicht in einer Klinik entbinden kann, auch wenn sie es nicht aufziehen will. Ihre persönlichen Daten würden aber an einer vertraulichen Stelle 16 Jahre lang festgehalten, sodass ein solches Findelkind später auf jeden Fall ihre Herkunft erfahren könne. "Auf diese Weise könnte die Babyklappe bald überflüssig werden", hofft Dr. Wygold.