Dreiteiliger Gebäudekomplex an der Gustavstraße wird das Gesicht des Ortskerns der Baumschulgemeinde nachhaltig verändern.

Halstenbek. Jahrelang waren die leer stehenden Mehrfamilienhäuser an der Gustavstraße 7 bis 11 für Halstenbek wie ein Klotz am Bein. Die Gemeinde hatte die Gebäude und die dazugehörigen Grundstücke im Zuge der Flächensicherung für eine neue Ortskerngestaltung erworben. Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann ging, kaum dass sie 100 Tage im Amt war, im Frühjahr 2007 auch voller Elan daran, dieses Tafelsilber zu verscherbeln. Doch das Interesse von Bauträgern war gering. Mal genügten die Vorstellungen der Politiker über eine aufgelockerte Bebauung den Ansprüchen der Investoren nicht, mal sprangen zunächst interessierte Bewerber wieder ab.

Dann kam Hugo. Die Grundstücksverwaltungsgesellschaft erwarb das Areal. Im August 2011 begann der Abbruch des Altbestands. Inzwischen ist das geplante Ensemble von zwei Wohn- und Geschäftshäusern in Kombination mit einem Gastronomieblock soweit gediehen, dass die Passanten stellenweise schon fast einen Bogen um die Neubauten machen müssen.

Klein-Manhattan in Halstenbek? Die entstehenden wuchtigen Gebäude lassen die umliegenden Häuser wie Zwerge im Land der Riesen erscheinen. Selbst das Rathaus gegenüber gerät ins Hintertreffen. Immerhin verfügt der viergeschossige hintere Neubau des Hugo-Projekts inklusive Walmdachaufsatz über eine Firsthöhe von 18,50 Metern, während das L-förmige Gebäude am Straßenrand mit drei Geschossen 16 Meter hoch in den Halstenbeker Luftraum ragt. Ein würfelförmiges drittes Gebäude, in dessen zwei Etagen Platz für Gaumenfreuden und Geselligkeit sein soll, erreicht zehn Meter Höhe.

Bis September soll das Ensemble mit der Bezeichnung "Am Markt - Leben und Arbeiten im Herzen von Halstenbek" fertig gestellt sein. Nach Angaben des Hamburger Immobilienmaklers Stöben/Wittlinger, der die Vermarktung betreut, hat die Vermietung bereits begonnen.

Im Block am Straßenrand soll das Erdgeschoss dem Einzelhandel vorbehalten sein. Die oberen Etagen sollen als Büros oder Praxen ebenfalls einer gewerblichen Nutzung dienen. Im Dachgeschoss entstehen drei Zweizimmer-Mietwohnungen mit 65 bis 100 Quadratmeter Wohnfläche. Im rückwärtigen Gebäude sind ausschließlich Mietwohnungen in einer Größe von 71 bis 116 Quadratmetern (zwei bis vier Zimmer) vorgesehen.

Schon lässt sich ahnen, wie der Neubau-Komplex im Herbst das Ortsbild prägen wird. Die Halstenbeker reagieren unterschiedlich auf die neue Mitte der Gemeinde. Martina Seefeld empfindet die neuen Häuser als Bereicherung. "Das sieht doch nett aus", sagt die Halstenbekerin. "Hier muss einfach mehr Leben in die Gemeinde." Außerdem freut sich die junge Mutter über neue Einkaufsmöglichkeiten in Fachgeschäften. Horst Ziegler hält das zusätzliche Angebot an Einkaufs- und Gastronomieeinrichtungen hingegen für überflüssig, "Wer soll das denn alles noch kaufen und essen?" fragt der Rentner. Außerdem stehen die Häuser nach seiner Ansicht zu dicht beieinander.

Auch Hans-Joachim Herder empfindet die Neubauten als gewöhnungsbedürftig. "Die Häuser sind zu wuchtig. Das ist alles ist zu hoch und zu eng", so die Einschätzung des Ruheständlers.

Halstenbeks Bauamtschef Holger Lange beschreibt die Keimzelle der Ortskernentwicklung als positiv. Er verweist auf das Konzept einer "städtebaulichen Integration der Platzsituation mit Randkanten", wie es im Fachjargon der Architekten und Planer heißt.

Tatsächlich ist die Gestaltung des Projekts "Am Markt" erst der Anfang einer neuen Halstenbeker Mitte. Nach Fertigstellung soll es mit der lange aufgeschobenen Umgestaltung des zunehmend verfallenden Rathausvorplatzes begonnen werden. Dazu gehört auch die Integration der jetzigen Fahrbahn der Gustavstraße in das Gesamtkonzept. Erst danach wird das Projekt "Am Markt" nach Einschätzung Langes in vollem Umfang zum Tragen kommen.

Auch auf dem benachbarten Grundstück, der früheren Polizeiwache, Gustavstraße 5, geht es voran. Dort wurde bereits eine Baugrube ausgeschachtet. Geplant ist dort der Bau von zwei Mehrfamilienhäusern mit jeweils sechs Mietwohnungen.

Vorbehaltlich anderer Entscheidungen in den politischen Gremien soll nach der bisherigen Planung als nächster Teil der Ortskerngestaltung die Kreuzung Hauptstraße/Poststraße voraussichtlich im kommenden Jahr in Angriff genommen werden. Ein konkreter Termin dafür steht allerdings noch nicht fest. Ziel ist es, den verkehrsreichen Knotenpunkt sicherer zu machen. Welche Lösung es letztlich geben wird, ist noch offen. Nach Angaben des Bauamtschefs stehen mehrere Varianten zur Debatte, darunter auch ein Kreisverkehr. Noch Zukunftsmusik ist gegenwärtig die Umgestaltung des früheren Realschulgeländes an der Feldstraße. Diese gemeindeeigene Fläche sollen verkauft und bebaut werden. Linda Hoß-Rickmann hat also noch mehr Tafelsilber zu verscherbeln.