Beim Gourmetfestival Schleswig-Holstein zelebriert Sternekoch Bach in Pinneberg die hohe Schule der Küchenkunst.

Pinneberg. Mit präzisen Handgriffen krönt Koch Hannes Schmidt in der Küche des Pinneberger Hotels Cap Polonio weiße Fingerfood-Würfelchen mit frischen Petersilienchips. Blatt für Blatt, Reihe für Reihe. Appetitlich angerichtet, werden Dutzende dieser pikanten Häppchen in wenigen Minuten vom Serviceteam um Heike Harder im Saal nebenan den ersten Gästen angeboten.

Die stießen am vergangenen Wochenende auf einen ganz besonderen Abend an: Das Cap Polonio bat zum Gourmetfestival im Restaurant Rolin. Zum siebten Mal beteiligte sich das Haus an der Aktion, bei der 15 der besten Restaurants in Schleswig-Holstein ihren Gästen Sterneküche vorsetzen. Die 13 jungen Köche unter Führung von Küchenchef Marc Ostermann, 33, arbeiteten dabei nach den Vorgaben des extra angereisten Sternekochs Henri Bach. Sautinierte Jakobsmuscheln mit Zitrusfrüchten, geschmorte Ochsenbäckchen, zartrosa gegartes Kalbsfilet im Crepeteig - es sind Bachs einfallsreiche Kreationen, die sich die 180 Gourmets auf der Zunge zergehen ließen.

Warum diese kunstvolle Art des Kochens sich nicht mit der Durchschnittsküche vergleichen lässt, zeigt ein Blick hinter die Kulissen. Mit Respekt, Fantasie und Hingabe verwandeln die Köche selbst einfachste Zutaten wie Sellerie und Schwarzwurzeln in Tafelschönheiten mit überraschenden Geschmackseigenschaften. Die Petersilienchips zum Beispiel werden Blatt für Blatt gezupft, mit einem Hauch Olivenöl verfeinert und schließlich einzeln auf Glasplatten zum Trocknen ausgelegt. Und diese ganze hocharomatische, zarte Knusperpracht ist nur das Tüpfelchen auf dem I eines ebenso aufwendig gerührten, geschlagenen, gewürzten, gekühlten, geschnittenen Appetithäppchens, dessen kulinarisches Feuer in Sekunden am Gaumen des Gastes verglüht.

Im blitzblank geputzten Edelstahl-Reich von Marc Ostermann, zwischen kostbarem Mumbai-Curry und Schokoladensalz sind Fertigprodukte tabu. Geduldige Präzisionsarbeit ist angesagt. Die Ochsenbäckchen etwa schmoren zehn bis zwölf Stunden.

"Wir haben gemeinsam mit Henri Bach am Mittwoch mit den Vorbereitungen für das Festivalmenü begonnen", sagt Ostermann. Knochen angeröstet für den ersten Soßenansatz, schon mal die Mousse gerührt. Um die Köstlichkeiten auch optisch ins beste Licht zu setzen, hat das Serviceteam 1400 Gläser poliert, Hunderte von Besteckteilen auf Hochglanz gebracht, alle Teller von oben und unten gewienert. Am späten Nachmittag strahlt Hotelmanager Michael Ostermann Ruhe und eine Art Vorfreude aus. "Auch für das Team ist es ein Fest, es ist ein Highlight, einfach schön." Gegen 18.20 Uhr steigt die Fieberkurve in der Küche. Während Chef de Rang Klaus Muhr im Saal den ersten Gästen Champagner anbietet, wird es nach drei Tagen Vorbereitung ernst. In den Kühlschubladen warten geschnittene Butter und vorbereitetes Gemüse, in der Kippbratpfanne blubbert Wasser bei 170 Grad Celsius. Saucier Torsten Kühn bestreicht mit Patissier Sven Jänicke Dessertbananen mit Läuterzucker und Kokosrum. Saucier Benjamin Kruse bricht Austern auf.

"Eigentlich kann nichts mehr passieren, es ist alles vorbereitet", sagt Ostermann. Trotzdem ist die Spannung mit Händen zu greifen. Und als der Startschuss für die Vorspeise fällt, wird es schlagartig still im Raum. Jetzt muss jeder Handgriff sitzen, jeder wissen, was er zu tun hat. "Man braucht 1200 Handgriffe nur für die Vorspeise, bei 100 Personen", sagt Marc Ostermann. Dann packen alle an, auch Starkoch Bach. Er hat das Menü nicht nur gestaltet, sondern zum Beispiel auch die haarfeinen Juliennes aus Sellerie, Porree und Möhren geschnitten.

Konzentriert platzieren die Profis häppchenweise zitronig-gebeizte Meerforelle neben Tatar vom Eismeersaibling für die Vorspeise auf den aufgereihten. Vor jedem der drei Hauptgänge stehen sie Schulter an Schulter am so genannten Pass, einer schweren Granitplatte unter der Wärmebrücke, auf der die Teller angerichtet werden.

Bach hat die Anordnung der Zutaten auf den Tellern bis ins Detail geplant. Wie gemalt reihen sich weiße und schokobraune Cremetupfer neben der akkurat halbierten und angeschälten Minibanane auf dem Dessertteller. 22.20 Uhr, das Team ist gut in der Zeit, alles hat geklappt. Und während die Gäste ihre Geschmacksnerven mit einem letzten Grappa beruhigen, räumen die Köche schon die Küche auf. Für den zweiten Festivaltag. Dann geht das Ganze von vorn los.