Eine Glosse von Rainer Burmeister

"Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte. Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land." Haben Sie auch in der Schule diese Verse von Eduard Mörike auswendig gelernt? Der meteorologische Frühling hat ja mit dem Ablauf des Monats Februar eben erst begonnen. Da passt es doch, sich dieses Reimes zu erinnern.

Mit den "süßen, wohlbekannten Düften", die "ahnungsvoll das Land streifen", hat der schwäbische Dichter allerdings gewiss etwas anderes gemeint, als das, was ich in Tagen wie diesen wahrnehme. Bis in den Rellinger Ortskern sind die aromatischen Gerüche zu verspüren, sobald der Frost aus dem Boden gewichen ist. Was mir, von östlichen Winden bewegt, in die Nase dringt, ist jedoch etwas handfester in der Duftnote als das zarte Frühlingserwachen. Die süß-säuerliche Abmischung macht in Sekundenschnelle die Atemwege frei. Wer schon länger in der Region lebt, weiß, dass die durchdringenden Ausdünstungen ein Gruß von der Landwirtschaft sind. "Mich dünkt, es wird gedüngt", hätte Mörike wohl gesagt. Eigentlich ist es ja ein gutes Zeichen, dass die Bauern und Baumschuler trotz aller Chemie noch auf die guten alten Viehfäkalien zurückgreifen, um ihre Felder fit zu machen. Wenn ich so richtig tief einatme, hat diese Brise Landluft sogar einen gewissen nasal-amourösen Reiz. Echt dufte! Vermutlich ist es nach TV-Kuppelshows wie "Bauer sucht Frau" nur noch eine Frage der Zeit, bis die Parfümindustrie die ersten güllegestützten Herren-Duftwässerchen auf den Markt bringt. Für die Markennamen "Farmers best choice" und "Hülli-Gülli" beantrage ich schon mal Urheberschutz.