Für Barmstedts kultverdächtigen Blau-weißen Nächte opfern Dutzende von ehrenamtlichen Helfern ihre Freizeit.

Barmstedt. "Tee koch' ich nicht, nur Kaffee," sagt Ludwig Plaumann, 69. Der Rentner, den hier alle nur Lupo nennen, gehört wie Ralf "Paetschi" Paetsch zu den Urgesteinen einer Barmstedter Kultparty, die im ganzen Kreis Pinneberg ihresgleichen sucht. Die Blau-weißen Nächte (BWN) unter der Schirmherrschaft des SSV Rantzau locken mit ihrem tanzbaren Mix aus Schlagerklassikern, internationalen Charthits und in der Szene bekannten DJ-Routiniers an den Reglern Jahr für Jahr weit über 1000 Partygänger in die Barmstedter Sporthalle Heederbrook. 1500 waren es 2012, als zum 100jährigen Jubiläum des SSV Stargast Mickey Krause die Halle rockte. Trotz einer Rekordkälte von minus 18 Grad, die sogar das Propangas in den Wärmepilzen gefrieren ließ, die den Rauchern vor der Halle Wärme spenden sollten.

Wer verstehen möchte, warum mehr als 50 Helfer tagelang Feierabend und Freizeit opfern, um jetzt am 1. und 2. März wieder das zweitägige Ereignis nebst Kinderfasching auf die Beine zu stellen, der ist bei Lupo richtig. "Er ist unser guter Geist. Morgens der Erste, abends der Letzte", sagt Matthias Ewers, Technikchef und Mitveranstalter der BWN, über den schwergewichtigen Mitstreiter. Lupo organisiert die komplette Verpflegung der Aufbauhelfer, holt und schmiert die Mett-Zwiebel-Brötchen, wärmt Würstchen, stellt Bier und Limo kalt. Und spült unter widrigsten Bedingungen, in einer Art Waschschüssel, jeden Abend auch das benutzte Geschirr im zur Mini-Kantine umfunktionierten Regieraum. "Es macht einfach Spaß, wir sind ein gutes Team", begründet Lupo sein Engagement, während er vor sich auf dem Tisch die von Helfer Andreas Lang ausgebauten Türschlösser sortiert. "Wir müssen hier jedes Jahr aus Gründen der Sicherheit und Flexibilität die komplette Schließanlage der Halle gegen unser eigenes System austauschen", sagt Technikchef Ewers.

Vor dem Fenster, das die Halle vom Regieraum trennt, turnt gerade eine menschliche Mini-Pyramide vorbei. Von ihrem Logenplatz auf den kräftigen Schultern von Tobias Tietjen, 20, aus befestigt Josie Naß, 23, die blau-weiße Girlande in den Vereinsfarben des SSV Rantzau an den Hallenwänden. Die Clique um Torben Sattler, 20, Sohn von Günter Sattler, dem Inhaber der Veranstaltungsagentur MG Musik, verlegt schwere schwarze Gummimatten zum Schutz der 900 Quadratmeter Hallenfußboden, hängt bunte Clowns auf - und freut sich auf das lange Partywochenende. "Die Stimmung ist gut, man trifft viele Leute, und es gibt jede Musikrichtung", sagt Tanita Naß, 19.

Los geht es am Freitag, 1. März, ab 15.30 Uhr mit dem traditionellen Kinderfasching und DJ Crazy Ardor. Bei der Oldienacht ab 21 Uhr wollen DJ Blacky alias Wolfgang Schwarz und der "Voice of Germany"-Teilnehmer Mickey Cyrox den Gästen einheizen. Der Eintritt kostet neun Euro pro Person. Am Sonnabend, 2. März, stehen der Hamburger Schlagerexperte DJ Vossi, Pascal Krieger und das DJ-Ötzi-Double Kay Christiansen auf der Bühne. Los geht es um 21 Uhr, Karten kosten je 17 Euro.

Anders als früher sind Kostüme heute freiwillig. Beim Vorläufer der BWN, der legendären Fußballmaskerade (Fubama) des SSV, war die Verkleidung noch das Herz der Party. "Oft kamen ganze Mannschaften im Einheitslook", sagt SSV-Chef Ingo In den Birken, "wir hatten uns mal als Knastbrüder verkleidet und aneinandergekettet - zu zwölft. Wir hatten einen Heidenspaß, nur mit dem Tanzen wurde es schwierig." Bis 1992 konkurrierten die SSV-Kicker und die Handballer des Barmstedter MTV um die beste, aufwendigste Maskerade. Dann bündelten sie ihre Aktivitäten unter dem Motto "Blau-weiß-rote Nacht". 2010 stiegen die Handballer aus. Seit 2012 liegt die Organisation bei den Profis von MG Musik. "Der Aufwand war rein ehrenamtlich einfach nicht mehr zu schaffen", sagt SSV-Historiker Siegfried Seidler. Das Technik-Team verlegt mehr als 1,5 Kilometer Kabel, installiert Starkstromsteckdosen für die acht Waffeleisen beim Kinderfasching, stellt hektoliterweise Getränke kühl.

Während die Partygäste am Sonntag ausschlafen können, ist für Lupo und Co. noch nicht Feierabend. "Am Sonntag um 17 Uhr müssen wir die Halle besenrein übergeben", sagt Ewers. Das heißt: kleines Nickerchen - und dann viele Kubikmeter Bühnentechnik und Müll verladen. Ewers seufzt: "Und dann falle ich einfach ins Bett."