Zu alt, zu teuer: Spart sich Wedel die Villa am Bahnhof? Städtisches Gebäude inklusive Proberäume steht zur Diskussion

Wedel . Donnerstag, 20 Uhr, in Wedel: Aus dem Keller der Jugendstilvilla dröhnen die Bässe. Dort, wo einst vermögende Wedeler Familien lebten, treffen sich jetzt abends die Musiker zum Proben. Am Tag sind die Räume fest in den Händen der Miko Kinder- und Jugendhilfe GmbH. Der Hamburger Träger bietet in den Räumlichkeiten an der Mühlenstraße Hilfe bei Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche sowie Sprach- und Integrationskurse an. Hier kann gekocht, in der Hausbibliothek gelesen und beim Frauenfrühstück geklönt werden. Zumindest noch. Denn sowohl die von der Stadt finanziell geförderte Arbeit der Miko als auch die unter Denkmalschutz stehende Villa aus dem Jahr 1910 sind ins Visier der Sparer geraten.

Angesichts der eingebrochenen Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 18 Millionen Euro und einem strukturellen Defizit von 4,5 Millionen Euro rotiert in Wedel seit Monaten der Rotstift. Davon bleiben auch die weiße Villa und die darin beheimateten Pädagogen und Musiker nicht verschont. Fest steht bereits, dass der Zuschuss in Höhe von derzeit 187.000 Euro pro Jahr für die Miko heruntergeschraubt wird. Bis Sommer soll ein neuer Vertrag her. Zehn Prozent Ersparnis ist das Ziel.

Ungewiss ist noch, wie es mit dem Gebäude in städtischer Hand allgemein weitergeht. Die politische Mehrheit schloss eine Standortverlagerung nicht aus. Die Verwaltung wurde beauftragt, in die Verhandlungen auch alternative Räumlichkeiten für Miko und Musiker mit einzubeziehen. Ende des Jahres soll eine Entscheidung fallen.

"Was passiert mit uns?", will Mareike Jaeger wissen. Sie ist Sprecherin der Musikinitiative "Die Villa", die 2006 gegründet wurde, und nicht die Einzige, die sich sorgt. Die Musiker bangen um ihre Bleibe. Gleich ein Dutzend von ihnen marschierte deshalb zu einer Ausschusssitzung. Sie appellierten eindringlich an die Kommunalpolitiker, sie trotz der Finanzprobleme nicht zu vergessen. In einem Schreiben versuchten sie deutlich zu machen, welchen Stellenwert die Villa als Treffpunkt für Wedels Musikszene und als Kulturstätte einnimmt. "Wir sind hier ein Stück weit kulturbildend. Wir haben Angst, dass das, was wir hier mühsam aufgebaut haben, zusammenbricht", sagt Jaeger.

Ein- bis zweimal pro Monat organisiert die Initiative Konzerte in der Villa. Der Verein, der nur einen symbolischen Euro als Mitgliedsbeitrag erhebt, kann von den Erlösen die Wartung und Neuanschaffung der technischen Geräte finanzieren. Mehr als 50 Mitglieder im Alter von 18 bis 50 Jahren zählt die alternative Musiktruppe, die Gründungsmitglied Holger Drewke als basisdemokratisch umschreibt.

Jeden zweiten und vierten Donnerstag im Monat treffen sich die Musiker in ihrer Bleibe, organisieren von 20 Uhr an die nächsten Konzerte und sprechen Veranstaltungen wie Xbox-Abende oder das Sommerfest ab. Zwölf Wedeler Bands üben in den Kellerräumen regelmäßig. Möglich macht das auch die Miko, die die Räume kostenlos zur Verfügung stellt.

Ob bei der Kultur- und Immigrationsarbeit oder bei der Betreuung von Schulabgängern ohne Abschluss: Angesichts der bevorstehenden Zehn-Prozent-Kürzung ist Einrichtungsleiter Jens Petri noch nicht klar, wo am Ende Abstriche gemacht werden müssen.

Allerdings erklärt er, dass der Großteil des Geldes zur Deckung der Personalkosten genutzt wird. "Wir haben also keine Wahl. Durch die Kürzung müssen wir Personal abbauen", so Petri. Er geht von einer halben Stelle aus. Derzeit sind es 1,8 Stellen in der Wedeler Villa. "Das wird unsere Arbeit verändern. Es wird weniger Unterstützung, weniger Beratung geben", sagt Petri.

In welchen Bereichen am Ende Leistungen wegfallen würden die Verhandlungen mit der Stadt zeigen. Letztendlich sei es eine Entscheidung der Politik, welche Aufgaben noch erfüllt werden sollen. "Das Tragische daran ist, dass wir die öffentlichen Kassen gar nicht belasten, sondern entlasten", sagt Petri. Er spielt damit auf 25 schwer vermittelbare Hartz-IV-Empfänger an, die die Einrichtung im vergangenen Jahr in sozialpflichtige Beschäftigungen vermitteln konnte. "Das ist ein allgemeines Problem, dass die Erträge von Sozialarbeit schwer messbar sind."