Schleswig-Holstein Musik Festival mit Gidon Kremer und Baiba Skride. Die Chorknaben Uetersen treten in Neumünster auf.

Kreis Pinneberg. Das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) muss Federn lassen. Unter dem Motto "Baltisch bewegt" kommt die prestigeträchtige Klassikoffensive zwischen den Meeren im 28. Jahr abgespeckt daher. Die Anzahl der Konzerte schrumpft von 138 im Vorjahr auf 118 an 66 Spielstätten in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Dänemark. Hinzu kommen drei Musikfeste auf dem Lande und ein Kindermusikfest.

Der scheidende Festivalintendant Rolf Beck machte bei der Vorstellung des Programms in Kiel vor allem die schwindende finanzielle Unterstützung durch das Land Schleswig-Holstein für den Schrumpfprozess verantwortlich. Allerdings sinke nur die Anzahl der Konzerte, nicht ihre Qualität, betonte Beck. Das Land beteiligt sich in diesem Jahr mit einem Zuschuss von rund 1,2 Millionen Euro am rund sieben Millionen Euro umfassenden Festivalbudget. Den Löwenanteil stemmen Sponsoren und das zahlende Publikum.

Der Rückgang zeigt sich auch im Kreis Pinneberg. Gastierte das Festival im vergangenen Sommer mit 13 Veranstaltungen an fünf Spielorten vor der Haustür, stehen im Juli und August 2013 nur noch neun Konzerte an den traditionsreichen drei Stätten - Elmshorner Reithalle, Rellinger Kirche und Haseldorfer Rinderstall - zur Auswahl.

Dafür ist der Kreis Pinneberg mit musikalischen Eigengewächsen an prominenter Stelle am SHMF beteiligt. Die Chorknaben Uetersen, der Kammerchor "I Vocalisti" und das Ensemble Elmshorn werden am Sonnabend, 3. August, in den Neumünsteraner Holstenhallen gemeinsam mit den internationalen Profis des Kammerkoor Collegium Musicale, des Estonian TV Girls' Choir und des Festival Chors unter der Leitung des US-Dirigenten Eric Whitacre auf der Festivalbühne stehen. Hans-Joachim Lustig, Chef der vielfach ausgezeichneten Chorknaben und der schon erwachsenen "Vocalisti", übernimmt dabei auch die Einstudierung mit dem Festivalchor. Dem Konzert "Songs of Change" kommt auch deshalb eine besondere Bedeutung im Rahmen dieses Festivalsommers zu, weil das gemeinsame Singen eine große politische Bedeutung für Estland, Lettland und Litauen hat. Es spielte eine tragende Rolle bei der relativ friedlichen Revolution der drei baltischen Staaten zwischen 1989 und 1991. Damals demonstrierten Hunderttausende von Balten zwischen Vilnius und Tallin, indem sie sich immer wieder zu Sängerfesten auf den Straßen und Plätzen zusammenfanden, um gemeinsam alte, zu Sowjetzeiten verbotene Volkslieder anzustimmen.

Das Klassikmenü vor Ort fällt schlanker, dafür aber umso exquisiter aus. Mit Weltklassemusikern wie den Geigern Gidon Kremer und Baiba Skride, Klarinettenkönigin Sabine Meyer und Cellist Mischa Maisky gibt sich der gefeierte Jetset der Branche die Ehre. Auch der diesjährige Preisträger des Bernstein-Awards, der junge Pianist Jan Lisiecki, wird am Sonnabend, 17. August, mit dem Festivalorchester unter Leitung von Lawrence Foster in Elmshorn zu hören sein. Auf dem Programm stehen Ravel, Mozart und Ruzicka. In der Reithalle ist richtig, wer opulente Klangerlebnisse schätzt. Zum Auftakt am Sonntag, 14. Juli, spielen Geigerin Baiba Skride, Cellist Edvardas Armonas und das Baltic Youth Philharmonic unter Leitung von Kristjan Järvi den ungewöhnlichen Mix aus Rap, Rock und Klassik, mit dem sie einen Tag zuvor auch im Kieler Schloss baltische Akzente setzen wollen. Am Sonnabend, 10. August, zelebriert Cellist Maisky begleitet vom japanischen Orchestra Ensemble Kanazawa unter Leitung von Kazuki Yamada Werke von Beethoven, Moriyama und Tschaikowsky.

Der baltische Geigenstar schlechthin beginnt den Festivalreigen am Standort Haseldorf. Am Dienstag, 9. Juli, zelebriert Gidon Kremer gemeinsam mit Pianist Oleg Maisenberg und Cellist Giedré Dirvanauskaitè ein Konzert unter dem Motto "Romantisches Rauschen". Zu hören sind kammermusikalische Leckerbissen von Liszt und Schubert. Eine Woche darauf, am Dienstag, 16. Juli, spielt das Fabergé-Quintett Schuberts berühmte Vertonung der "Forelle" und ein Werk von Vaughan Williams. Zwei gern gesehene alte Haseldorfer Bekannte bitten zum Abschluss am Donnerstag, 8. August, unter den dicken Stall-Balken zum "Tango apasionado". Geigerin Isabelle van Keulen und Pianistin Ulrike Payer wollen mit Christian Gerber, Bandoneon, und Bassist Rüdiger Ludwig eine feurige Piazolla-Party feiern.

Edel, aber inhaltlich fern des baltischen Länderschwerpunkts, wird es in der Rellinger Kirche zugehen. Begleitet vom Ensemble Quatuor Modigliani wird Sabine Meyer am Freitag, 12. Juli, Mozarts Klarinettenquintett A-Dur spielen. Außerdem gibt's Streichquartette von Ravel und Haydn. Fünf Tage darauf, am Mittwoch, 17. Juli, wiederholt das Fabergé-Quintett im barocken Kirchenschiff das Programm "Heiteren Sinnes", das es einen Tag zuvor bereits in Haseldorf zu hören gewesen sein wird. Zum Abschluss der Rellinger Saison steht Shakespeare auf der Agenda. Schauspieler Lars Eidinger, der mit dieser Rolle an der Berliner Schaubühne Furore machte, rezitiert einen wahnsinnig-überdrehten Hamlet. Sopranistin Anna Prohaska als tragische Gefährtin Ophelia interpretiert dazu Lieder von Schubert bis Wolf.

Karten für alle Konzerte gibt es unter www.shmf.de und vom 8. April an auch telefonisch unter 0431/23 70 70.