Ein Drittel aller Einbrüche im Land werden im Hamburger Umland verübt. Kreis ist oft das Operationsgebiet von Einbrecherbanden.

Kreis Pinneberg. Die Einbrecher waren in Pinneberg auf der Flucht. Und als sich ein Polizist dem Wagen in den Weg stellte, stoppten sie zunächst. Dann jedoch beschleunigte der VW Golf. Der Beamte der Pinneberger Wache wurde regelrecht auf die Motorhaube genommen und prallte gegen die Windschutzscheibe. Er konnte sich jedoch abrollen und wurde zum Glück nur leicht verletzt. Ein spektakulärer Fall vom vorigen Mittwoch, die Täter sind nach wie vor flüchtig. Der Kreis Pinneberg ist häufig Operationsgebiet von Einbrecherbanden.

Die Täter kommen meistens in der Dämmerung. Schnell kundschaften sie die Häuser aus, in denen kein Licht brennt und wo der Carport leer steht. Dann setzen sie Schraubendreher oder Kuhfüße an, hebeln Fenster oder Terrassentüren auf und lassen Schmuck und Bargeld mitgehen. Die Zahl dieser Einbrüche ist in den vergangenen zwei Jahren in Schleswig-Holstein sprunghaft angestiegen, ein Drittel der Fälle registriert die Polizei im Hamburger Umland. "Besonders die Direktionen Segeberg, zu der der Kreis Pinneberg gehört, und Ratzeburg sind stark betroffen", sagt ein Beamter des Landeskriminalamtes.

Nachdem die Zahl der Fälle in den vergangenen zwei Jahren auf bis zu 1000 pro Monat nach oben geschnellt ist, hat die Polizei mit einem neuen Fahndungskonzept reagiert und konnte jetzt erste Erfolge vermelden. Seit wenigen Tagen sitzen vier Männer in Haft, bei denen 700 gestohlene hochwertige Schmuckstücke, Uhren und Bargeld gefunden wurden. Um vor Ort die Qualität der Beute zu kontrollieren, hatten sie sogar einen Diamantenprüfer dabei.

Der 64 Jahre alte Haupttäter traf sich mit seinen beiden Söhnen und einem Freund immer freitags, sonnabends und sonntags. Mit dem Auto fuhren sie von Hamburg über die Autobahn 7 und suchten sich Tatorte auf dem Land. In der Woche verprassten sie ihre Beute auf der Reeperbahn. Die vier Festgenommenen sind nicht die Einzigen, die seit dem Start des neuen Konzepts im Oktober 2012 ins Visier der Polizei geraten sind.

Landesweit ermitteln die Beamten gegen 16 Banden mit 51 Mitgliedern. 22 Männer wurden bislang festgenommen. Hinzu kommen weitere Einbrecher, die keiner Gruppierung angehören, sondern als lokale Einzeltäter ertappt wurden. Die A 7 gehört zu den beliebtesten Routen der Einbrecherbanden. Die Täter steuern bevorzugt Tatorte in der Nähe der Autobahn an, die sie als schnellen Fluchtweg nutzen.

Der Leiter des Polizeilagezentrums, Joachim Gutt, ist sicher, dass in Kürze weitere Festnahmen folgen werden. Er bezeichnete die jüngst festgenommenen Täter als gefährlich. Sie trugen Messer und Pfefferspray bei sich, sie wurden von einem Spezialeinsatzkommando gestoppt. Die Polizei warnt dringend davor, Täter selbst zu stellen. Gutt: "Es ist kein falscher Mut angesagt."

"Viele Opfer sind traumatisiert", sagt Oberstaatsanwältin Birgit Heß. Ein Einbruch bedeute einen massiven Eingriff in die Privatsphäre, der für viele Menschen nur schwer zu verkraften sei. Aktuelle Zahlen über die Entwicklung der Einbruchskriminalität für 2012 liegen erst in den kommenden Wochen vor. Doch inzwischen scheint festzustehen, dass der konzentrierte gemeinsame Einsatz der acht Polizeidirektionen mit dem LKA und dem Landespolizeiamt zu einem Rückgang der Fälle um etwa 25 Prozent geführt hat.

Im Kampf gegen die Einbruchskriminalität setzt die Polizei auf eine Rastermethode. Sämtliche Meldungen über Einbrüche, Verdächtige und sonstige Erkenntnisse laufen seit Oktober beim LKA in Kiel zusammen und werden dort ausgewertet. Hinzu kommen Kontrollen und Überwachungen. "Wir können konzentriert Technik und Spezialeinheiten einsetzen", sagt Gutt. Auch die vier Männer, die vor wenigen Tagen festgenommen wurden, waren wochenlang observiert worden.