Für den 2. März sind Gegendemos und Kundgebungen geplant. Wedeler haben ein starkes Bündnis gegen Aufmarsch der Rechten gegründet.

Wedel. Ob Innenstadt-Kaufleute oder Türkischer Elternverein, CDU oder die Linken, Jugendinitiativen, Seniorenbeirat, Gewerkschaften, Künstler, Schulleitungen, die Glaubensgemeinschaften: Wohl noch nie waren sich in Wedel alle so einig wie am Mittwochabend. Zusammen schmiedeten die Vertreter der Parteien sowie Organisationen und engagierte Protestler das starke Bündnis "Wedel steht auf", das sich gegen den befürchteten Neonazi-Aufmarsch in ihrer Stadt wendet. Und als wäre das nicht schon Zeichen genug, verständigten sie sich auch alle darauf - ganz gleich, ob die Rechten wirklich kommen oder nicht - für Sonnabend, 2. März, eine Veranstaltung mit Symbolcharakter auf die Beine zu stellen. Aktionen von Bühnenprogramm mit Livemusik auf dem Rathausplatz bis zu einer Lesung für Kinder in der Stadtbücherei, Autorin Ilse Burfeind liest "Das Kind im Koffer", sind geplant.

Rechte marschieren mit Fackeln durch die Straßen der Stadt? Für die meisten Wedeler eine Horrorvorstellung. "Wir können nicht zulassen, dass so etwas passiert. Wir müssen vorbereitet sein und verhindern, dass sie durch die Straßen ziehen können", gibt Irmgard Jasker deutlich die Richtung vor. Die Friedensaktivistin und Mitglied des Arbeitskreises gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit der Stadt hatte die Kräfte gebündelt, zu dem Organisationstreffen in Stadtteilzentrum "Mittendrin" geladen. Mehr als 80 Protestler kamen. Zusammen verabschiedeten sie innerhalb von nur drei Stunden einen gemeinsamen Aufruf, planten die Gegenwehr und die zentrale Kundgebung. Dafür soll eine Bühne vor dem Rathaus aufgebaut werden. Musikbands aus Wedel und Hamburg haben bereits zugesagt, dass sie kostenlos auftreten. Die nötige Anlage stellt die Musikinitiative der Villa zur Verfügung. Außerdem wollen die beteiligten Organisationen und Parteien an ihren Infoständen mit verschiedenen Aktionen zeigen, wie bunt und tolerant Wedel ist. Eine Homepage soll es bereits in einigen Tagen dazu geben.

Dabei sickerte erst vor zwei Wochen durch, dass freie Kameradschaften, die der NPD nahestehen sollen, Wedel als möglichen Platz für einen Aufmarsch ausgeguckt haben. Anlass ist der 70. Jahrestages der Bombardierung Wedels durch die Alliierten, bei dem ein Großteil der Stadt zerstört wurde und 37 Menschen starben. Es gebe deutliche Anzeichen dafür, dass die Rechten nicht wie in den Jahren zuvor durch die Straßen Lübecks ziehen werden, sondern zu Trauermärschen in Kleinstädten Schleswig-Holsteins aufrufen, erklärte Aktivistin Irmgard Jasker auf dem Treffen.

Tatsächlich wurden bei der Pinneberger Kreisverwaltung Demonstrationen für den 2. März in Wedel angemeldet. Allerdings keine von nationalsozialistischen Gruppierungen, sondern nach Abendblatt-Informationen nur drei Gegendemonstrationen. Falls die rechten Strömungen die Sache offiziell machen wollen, können sie einen Aufmarsch noch 48 Stunden vor Beginn anmelden. "Laut unserer Quellen ist es sehr gut möglich, dass die Nazis kurzfristig eine Demo anmelden", so Jasker.

Falls es dazu kommt, sind die Mitglieder des Bündnisses gewappnet. Mittels Telefonketten wollen sie sich organisieren, schnell die Wege dicht machen. Bereits jetzt wurden vorsorglich zahlreiche Knotenpunkte in der Stadt mit angemeldeten Infoständen besetzt. Alle Wedeler Parteien sind dabei. Migrantenorganisationen und die Innenstadtkaufleute wollen sich mit der Aktionen beteiligen, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bildungsgewerkschaft GEW sowie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes stehen hinter dem Bündnis.

Sie alle stehen auch als Unterzeichner unter einem Schreiben, das in den kommenden Tagen unter die Leute gebracht werden soll und am 2. März massenhaft in der Stadt verteilt wird. In dem Schreiben machen die Bündnis-Mitglieder deutlich: "Wir Wedeler wenden uns in aller Deutlichkeit gegen Aufmärsche der Neonazis. Nie wieder wollen wir der Intoleranz, dem Hass, der Fremdenfeindlichkeit und der Menschenverachtung Raum geben. Deshalb wenden wir uns gegen die Kräfte, die in der Tradition des Faschismus stehen, der ursächlich für Tod und Verbrechen im letzten Weltkrieg verantwortlich war. Wir wollen verhindern, dass alte und neue Nazis unsere Trauer umwidmen und die Geschichte umschreiben." Am Ende rufen sie dazu auf, nicht wegzuschauen, sondern gemeinsam Stellung zu beziehen und friedlich gegen die Nazis zu protestieren.

Und was sie alle machen, wenn es gar keinen Naziaufmarsch gibt? "Dann tanzen wir auf Wedels Straßen und freuen uns, dass sie nicht gekommen sind", so Jasker.