Drei Jungen der Schule Rugenbergen landen in Heide beim landesweiten Wettbewerb für angewandte Physik auf dem ersten Platz.

Bönningstedt/Hasloh/Heide. Brausetabletten kennt wohl jeder. In ein Glas mit Wasser gegeben, fängt es an zu sprudeln, und wenn sich die Tablette aufgelöst hat, ist der Multivitamindrink fertig. Wie nun eine Brausetablette bei einem physikalischen Experiment eingesetzt werden kann, zeigte jetzt der Brauseboot-Wettbewerb, zu dem das Bildungsministerium die Schulen des Landes aufrief. Drei Schüler aus Hasloh von der Schule Rugenbergen gewannen auf Anhieb diesen Wettbewerb in Heide mit ihrer selbst gebastelten Konstruktion. Jannik Dierks, Tobias Ruf und Thorben Modi, alle 14, legten mit ihrem Brauseboot die weiteste Strecke zurück und setzten sich gegen 34 andere Teams aller Alters- und Schulformen durch. Dafür erhielten die Jung-Tüftler ein Preisgeld von 200 Euro.

Physiklehrer Oliver Kanand hatte von dem Wettbewerb erfahren, der die Schüler vor eine technische Herausforderung stellte. Ein rohes Hühnerei sollte auf einem Boot, das nur von zwei Brausetabletten angetrieben wird, möglichst schnell über eine Distanz von drei Metern transportiert werden. Der Schwimmkörper durfte nicht größer als 20 Zentimeter lang und acht Zentimeter breit sein. Die Brausetabletten sollten Vitamin-Dragees eines bestimmten Discounters sein, damit alle die gleiche Bedingungen hatten, erklärt Lehrer Kanand. Als Wasserstrecke diente eine befüllte Regenrinne.

Kanand berichtete seinen Schülern im Wahlpflichtkurs Naturwissenschaften davon, und Jannik, Tobias und Thorben waren sofort Feuer und Flamme. Spontan beschlossen die drei Hasloher Schüler mitzumachen. Viel Zeit hatte das pfiffige Trio nicht. Schon einen Monat später sollte das ungewöhnliche Wettrennen in der Ditmarscher Kreisstadt sein. Sie nutzten ihre vier Wochenstunden im Nawi-Kursus und opferten auch Freizeit für das Projekt. "Dabei haben wir oft den Technikraum unter Wasser gesetzt", so Thorben.

Als erstes musste das Material für das Boot ausgewählt werden. Das sollte einerseits fest und stabil sein, damit es das rohe Ei tragen würde, andererseits sollte es so leicht wie möglich sein, damit es auch die vorgeschriebenen drei Meter schaffen würde, erklärt Jannik. "Wir forschten im Internet nach der besten Lösung." So kamen die jungen Forscher auf Styrodur, einen Hartschaumstoff, der vor allem zum Dämmen beim Fensterbau verwendet wird. Dieser musste nun so geformt werden, dass er im Wasser nicht kentert.

Das nächste Problem war, dass ihr Boot kaum vorwärts kam, weil es ständig am Rand der Regenrinne hängen blieb. Da besorgte Tobias schwarzes Klebeband, sogenanntes Panzer-Tape, das um den Schaumstoff gewickelt wurde. "Das holte ich zu Hause von meinem Vater, der gerade das Haus renoviert", sagt er. "Ich glaube, er weiß bis heute nicht, dass ich es mir geborgt habe."

Blieb die Frage nach dem richtigen Antrieb. Zunächst versuchten sie es mit einer Filmdose, in die sie Wasser füllten und die Brausetablette steckten. Diese klemmten sie unter ihr Schaumstoffboot und pieksten ein Loch hinein. So konnte das sprudelnde Wasser aus der Dose entweichen und so das kleine Boot antreiben. Doch nach nicht einmal einem Meter war Schluss, das Wasser entwichen und das Boot jäh gestoppt. Sie brauchten also ein größeres Gefäß. So holten sie sich zwei große Tabletten-Dosen, die genauso lang wie ihr Boot waren. Jetzt musste alles ganz schnell gehen: Einer hält das Boot fest, die beiden anderen werfen die Brausetabletten in die mit Wasser gefüllten Döschen, die dann sofort mit dem löchrigen Deckel verschlossen und unter dem Boot befestigt werden müssen. Dann noch das Ei drauf und ab geht die Fahrt.

Nach etlichen missglückten Versuchen klappte es endlich im Werkraum der Schule Rugenbergen. Zuversichtlich fuhren die Schüler nach Heide zum Wettbewerb. Dort waren sie die jüngsten Teilnehmer. Mancher Konkurrent unterschätzte das Know-how der Hasloher Tüftler. "Ein Gymnasiast rümpfte die Nase und meinte, wir von der Gemeinschaftsschule seien doch voll schlecht", erinnert sich Jannik. "Der hat aber doof geguckt, als wir am Ende gewonnen haben."

Sogar auf das Design haben die Rugenbergener Schüler noch geachtet. Für Tobias sah die unförmige Gestaltung ihres Boots zu lächerlich aus. Also formte und schnitt er aus dem Schaumstoffmaterial am Vorabend des Wettbewerbs ein vorzeigbareres Wasserfahrzeug und wickelte es wieder mit Klebeband ein. Plötzlich war das Gefährt zwei Zentimeter zu breit. Wenige Minuten vor der Jungfernfahrt verkleinerten sie es mit einem geraden Messerschnitt und los ging es. Alles klappte wie am Schnürchen. Ihr Boot nahm volle Fahrt auf und stoppte erst 20 Zentimeter hinter der Ziellinie. Das Ei blieb unversehrt und fiel nicht runter. Sie hatten gewonnen.

Lehrer Oliver Kanand hielt die entscheidenden Sekunden mit seiner Kamera fest. Die Schüler konnten ihr Glück kaum fassen. Die Drei-Meter-Distanz hatten nur sie und drei andere Schüler aus Heide geschafft. Das Preisgeld haben die stolzen Sieger untereinander aufgeteilt und gleich investiert. Jannik in Parfüm, Thorben für ein Computerspiel und Angelfan Tobias für eine Karpfenliege. Die Note eins für den Physik-Kursus gab's obendrein. Jetzt wollen sie bei "Jugend forscht" mitmachen.