Quickborner Klassikfans feiern Pianist Cédric Pescia für “Kunst der Fuge“

Quickborn. Musikalisches Testament und Aufbruch in neue Klangdimensionen - Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" ist ein Werk, das Grenzen überwindet. Und das bis heute als intellektuelle Kopfnuss des Meisters an die Nachgeborenen kreative Impulse setzt. Nie biedert sich die fast 300 Jahre alte Musik dem Zeitgeschmack an, immer findet Bach in seiner letzten Arbeit eine unverwechselbare, zeitlos gültige Sprache. Selbstbewusst, streng und präzise konstruiert er ein oft schroffes Notengebirge voller überraschender Wendungen, Abgründe und rasanter Serpentinen, das sich weder Musikern noch Publikum leicht erschließt. Im Gegenteil.

Die Aufführung gleicht eher einer Pilgerreise auf verschlungenen Pfaden voller Umkehrungen, Spiegelungen, Vervielfältigungen und sonstigen Variationen der Grundthemen. Wer Übervater Bach als Zuhörer in seine transzendente Enklave folgen will, braucht Demut, hohe Konzentration und Neugier auf die intellektuelle Landpartie.

Für Musiker liegt die Latte noch höher: Vor allem die hochkomplexen Spiegelfugen und Kanons verlangen Tasten- und Saitenkünstlern ein Höchstmaß an Virtuosität ab. Wenn dann noch Intelligenz und tiefes Verständnis für Bachs Meistermusik hinzukommen, verwandelt sich die oft als reine Mathematik kritisierte Komposition in ein faszinierendes Klanggemälde.

Genau eine solche Sternstunde zauberte der international gefeierte Pianist Cédric Pescia bei seinem Auftritt in Quickborn in den Musikraum der Außenstelle der Comeniusschule. Präzise wie ein Uhrmacher, gelegentlich selbstvergessen wie ein Jazzpianist und mit sicherem Instinkt für Timing und Intonation lotste er sein mucksmäuschenstilles Publikum durch karge Schluchten und über schwindelerregende Pässe des widerborstigen Geländes.

Das durchdachte Spiel des gebürtigen Schweizers und frisch gebackenen Professors an der Genfer Musikhochschule, der auf Einladung der "Freunde der Kammermusik" in Quickborn spielte, erspürte die tiefe Emotionalität hinter dem kopflastigen Fachwerk der Bachschen Konstruktion. Mit betont schleppenden Rhythmen in den punktierten Sequenzen spannte er den Bogen von Bach zum Jazz, spulte die Klangströme mal in Superzeitlupe, mal rasant verwirbelt ab.

Mehr als 90 Minuten lang, vom allerersten einfachen Kontrapunkt durch sämtliche Verschachtelungen bis zur 18. Fuge mit dem berühmten B-A-C-H-Thema, vor deren Vollendung Bach 1750 verstarb, schlug der jungenhafte Mittdreißiger seine Zuhörer in Bann. Eine gute Idee der Veranstalter war es, dem Werk eine Einführung durch Musikwissenschaftlerin Nadine Hellriegel voranzustellen. Ihre Erläuterungen erleichterten gerade Laien unter den Zuhörern den Zugang zu Bachs komplexer Komposition.